Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
sich von den Masern erholen
mußten. Die beiden Mädchen waren auffallend hübsch. Eunice, die Elfjährige,
hatte weiches blondes Haar, große blaue Augen und ein ovales, ebenmäßiges
Gesicht; sie wußte, daß sie eine kleine Schönheit war, und nützte ihre Wirkung
auf gleichaltrige Jungen raffiniert aus. Nora, die Neunjährige, war zum Glück
erst eine kleinere Ausgabe ihrer charmanten Schwester.
Schon beim ersten
Zusammentreffen der Kinder gab es Schwierigkeiten. Mein Sohn Christopher, ein
großer, athletischer Dreizehnjähriger, der meiner sehr voreingenommenen Meinung
nach recht gut aussah, war seit jeher mit Larrys Tochter, der hübschen zwölfjährigen
Christina, befreundet gewesen und betrachtete sich als ihren Beschützer. Nun
fühlte er sich zu Eunice hingezogen, deren blonde Schönheit in reizvollem
Gegensatz zu Christinas schwarzem Haar und dunklen Augen stand. Er
konzentrierte sich ganz auf Eunice, und Christina kochte zwei Tage lang, weil
sie auf die Gesellschaft der jüngeren Kinder angewiesen war.
Larry und ich sahen nicht, wie
es zu dem Streit kam; wir hörten nur das Geschrei, stürzten ans Fenster und
sahen, daß Eunice und Christina sich buchstäblich in den Haaren lagen. Der arme
Christopher bemühte sich vergebens, die beiden Furien zu trennen. Das gelang
erst Larry und mir; wir liefen hinaus, brachten die beiden auseinander und
redeten auf sie ein, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatten.
Dann erst konnten wir den
angerichteten Schaden begutachten. Christina hatte eine Haarsträhne eingebüßt,
die sich in Eunices zarter Hand wiederfand. Eunice hatte ein leicht
geschwollenes blaues Auge, aber ihr Haar war intakt. Nachdem wir die beiden
getrennt hatten, brachten wir sie nach Hause und unterhielten uns dann
ungläubig über diese gewalttätige Auseinandersetzung. Larry war dankbar, daß
die beiden Mädchen sich nicht die Gesichter zerkratzt hatten. »Aber wie
schrecklich von Christina !« meinte sie betroffen. »Ich
bin überzeugt, daß sie damit angefangen hat — dabei ist sie doch die
Gastgeberin, wenn man so will, oder jedenfalls viel stärker .«
»Oh, ich weiß nicht recht. Die
zarte Eunice ist nicht gerade harmlos. Zum Glück hat Christina so dichtes Haar,
daß keine kahle Stelle zu sehen sein wird .«
Wir mußten beide lachen.
»Diese kleinen Furien !« sagte Larry. »Hast du schon rausgekriegt, wie alles
angefangen hat ?«
»Ich habe mehrere Versionen
gehört, aber soviel Christopher mir erzählt hat, ist das Ganze größtenteils
seine Schuld gewesen — allerdings ganz unabsichtlich...«
»Ich möchte wetten, daß er sich
zu sehr um Eunice bemüht hat und daß Christina einer typisch weiblichen
Schwäche erlegen ist: ihrer Eifersucht. Doch, doch, wir alle sind gelegentlich
eifersüchtig, obwohl wir uns besser beherrschen als diese kleinen Gören .«
»Bestimmt hat er sie nicht
absichtlich herausgefordert«, beteuerte ich. »Er hat Christina im Grunde sehr
gern. Die beiden sind eigentlich wie Geschwister. Ich frage mich oft, was aus
ihnen werden soll, wenn sie ins Internat müssen .«
»Dann suchen wir eben eines,
das Jungen und Mädchen aufnimmt«, entschied Larry, die
zukünftigen Problemen auf diese Weise leichthin aus dem Weg ging.
»Soviel ich aus den Kleineren
heraus bekommen habe, scheint Christina abwechselnd enttäuscht und empört
gewesen zu sein, als Christopher sich so intensiv um die blonde Schönheit
bemühte. Er hat sie sogar zum Reiten eingeladen. Eunice ist wirklich eine Femme
fatale im Embryostadium, Larry. Und Christopher hat den Fehler gemacht, sie
nach Hause zu begleiten, während Christina die Pferde absatteln mußte. Als er
zurückkam, kochte sie vor Wut, wie er mir ahnungslos erzählt hat. Der arme
Junge ist sich anscheinend noch immer nicht darüber im klaren, daß er den
Streit von vorhin verursacht hat. Eunice kam jedenfalls zurück, weil sie ihren
Pullover vergessen hatte, und Christopher brachte ihn ihr sofort, anstatt
Christina zu helfen. Was hat ihre Mutter übrigens zu ihrem blauen Auge gesagt ?«
»Oh, sie reagierte sehr vernünftig.
Sie schickte Eunice ins Bad, wo sie sich einen nassen Waschlappen aufs Auge
halten sollte, und erklärte mir, an dem Streit sei bestimmt ihre Tochter
schuld, die jedem Jungen schöne Augen mache. Dann hat sie gelacht und geseufzt
und gesagt, sie wolle sich lieber nicht vorstellen, wie Eunice mit sechzehn
sein werde .«
»Ich glaube, daß die Kleine
sich zu einem ganz normalen Mädchen entwickeln wird, sobald
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