Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)
wandte sich an die Gestalten im Dunklen.
"Kommt jetzt!", sagte er. "Wir haben nicht viel Zeit!"
Die Stimme des Inspectors klang wie klirrendes Eis.
*
Kälte ist Stillstand.
Der Stillstand der Atome und Moleküle genauso wie jener der Gedanken und Empfindungen.
Erstarrung.
Die Feindin jeglichen Lebens.
In dem Moment, als ich den eisigen Griff des Zombies um meine Kehle spürte, war die Versuchung groß, sich einfach der Lethargie des Todes hinzugeben. Die Erstarrung zu akzeptieren.
Alles wurde von einem Sekundenbruchteil zum anderen scheinbar gleichgültig. Die Zeit selbst hörte auf zu existieren.
Nein!
Ich wollte mich dem nicht hingeben.
Der Zombie öffnete den Mund.
Ich wusste, was geschehen würde.
Eine Fontäne eisigen Atems würde mich voll erfassen und mich mit einer Schicht aus Eis überziehen... Allein der Gedanke ließ mich bis ins tiefste Innere frieren. Ein triumphierender Zug stand im verzerrte Gesicht meines Gegenübers, das wie eine überzeichnete Grimasse wirkte.
Ich reagierte.
Meine rechte Hand, die nach wie vor den Filzstift umklammerte fuhr hoch. Der Stift berührte den Eispanzer, den den Zombie umgab und innerhalb eines Sekundenbruchteils zeichnete ich eines jener Zeichen des lebenden Todes auf die glatte, kalte Oberfläche, mit denen ich die magische Barriere errichtet hatte.
Der Zombie schrie auf. Das Gesicht verzog sich. Diesmal war es weder Hass noch Mordlust oder die Gier nach der Lebenskraft anderer, die aus diesem Gesicht sprach.
Es war Entsetzen.
Der Zombie taumelte zurück, ließ mich los.
Ich umfasste ungläubig meinen Hals, atmete heftig und glaubte meinen Auge nicht zu trauen.
Das Zeichen, das ich auf den Leib des Zombies gemalt hatte, leuchtete grell auf. In gleißendem Licht brannte es sich durch den Eispanzer.
Der Zombie schlug der Länge nach hin und blieb erstarrt liegen.
Er regte sich nicht mehr.
Ich rang nach Atem und stürzte zu Tom, der sich inzwischen aufgerappelt hatte.
"Tom... Dein Arm..."
"Halb so wild", meinte er.
Aber das entsprach nicht der Wahrheit. Der Eispanzer umgab seinen Arm. Er machte eine weit ausholende Bewegung, biss die Zähne zusammen und schlug den Arm gegen die Wand. Nach zwei weiteren solcher Schläge zersplitterte das Eis. Ich half ihm, die Stücke zu entfernen.
Seine Hand fühlte sich eisig an.
Tom verzog schmerzhaft das Gesicht, als er versuchte, die Finger zu bewegen.
Wir hetzten in Richtung des Eingangs.
Nicht mehr lange und der Zombie hinter der magischen Barriere würde uns auf den Fersen sein. Immer wieder warf er sich wütend nach vorn, nur um jedes Mal aufs Neue von den geheimnisvollen Kräften aufgehalten zu werden, die durch die Zeichen des lebenden Todes beschworen worden waren.
Wir liefen, bis wir die Eingangshalle erreichten.
Die beiden ermordeten Wachleute lagen noch immer Boden und rührten sich nicht.
Ich fragte mich, wann es bei ihnen soweit sein würde, dass sie zu Untoten wurden.
"Guten Abend, Miss Vanhelsing", sagte eine Stimme, die kalt und hart klang. Ich kannte sie nur zu gut. Sie gehörte keinem geringeren als Inspector Gregory Barnes von Scotland Yard.
Er war der Anführer einer Gruppe von Männern, die durch die zerstörte Tür hereinkamen.
Insgesamt handelte es sich um etwa ein Dutzend Personen.
Alle in zivil. Ich hatte keinen von ihnen je gesehen.
Scotland Yard-Beamte, so nahm ich an.
"Ich glaube das ist das erste Mal, dass ich mich freue, Sie zu sehen", meinte ich an Barnes gewandt. "Allerdings hat es eine ganze Weile gedauert bis Sie hier aufgetaucht sind. Tom hat doch schon vor..." Ich stockte. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich ein metallisches Leuchten in Barnes'
Augen gesehen zu haben.
Oder war es nur das Neonlicht?
Ich hatte ein Gefühl, als ob sich eine eiskalte, glitschige Hand auf meine Schulter legte.
Ich öffnete halb den Mund, wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus.
Etwas stimmt mit Barnes nicht!
Tom begann von der Gefahr zu berichten, die uns im Nacken saß. Von der grauenhaften Kreatur, die jetzt vielleicht schon die magische Barriere überwunden hatte.
Schritte waren vom Korridor her zu hören. Dumpfe, unregelmäßige Schritte und das scharfe Geräusch von Eis, das über den Boden kratzte.
Doch dann verstummte Tom.
Die anwesenden Männer hatten sich zu einer Art Halbkreis gruppiert. Barnes stand etwas davor. Sein Gesicht hatte einen merkwürdigen Ausdruck, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Seine linke Hand...
Er presste sie
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