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Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Titel: Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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scheußliches Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins.
    Hermann von Schlichten murmelte schwer verständliche Beschwörungsformeln.
    Der Chor der Maskenträger antwortete ihm.
    "Erwacht, ihr Toten. Die Zeichen des lebenden Todes weisen euch den Weg!", rief von Schlichten. "Cayamu will es..."
    Schaurige Geräusche drangen aus allen Teilen des Gebäudes und hallten zwischen seinen Mauern wieder. Schreie, berstende Türen, mit Eis überzogene Hände, die von innen an Kühlfachern kratzten...
    Ich verspürte den Chor ihrer Gedanken.
    Ihren unersättlichen Hunger nach Leben.
    Sie werden ihn auf grausame Weise stillen, war mir klar.
    An den Bewohnern Londons...
    Alles begann sich vor meinen Augen zu drehen. Etwas sog an meiner Kraft, absorbierte jene geheimnisvolle Kraft, die meine Gabe ausmachte. Ich fühlte mich leer und bemerkte, wie sich mein Bewusstsein aufzulösen begann.
    Tom..., dachte ich.
    Ich konnte nicht zu ihm hinsehen.
    Nicht einen Millimeter vermochte ich den Augapfel zu drehen. Ich war gezwungen, in von Schlichtens Maskengesicht zu blicken.
    Doch darin spiegelte sich jetzt eine Veränderung wieder.
    Der triumphierende Zug verschwand völlig, ebenso der unverhohlene Zynismus. Bevor sich die Angst zu deutlich in seinen Zügen niederschlug, veränderte sich seine Maske in eine tierhafte Grimasse.
    Nur seine Augen konnten mich nicht täuschen.
    Er verstummte.
    In geradezu rasender Geschwindigkeit kam etwas helles heran. Eine Lichterscheinung. Etwas, das so grell und blendend war, dass man glauben konnte, direkt in die Sonne zu blicken. In meinem Kopf spürte ich den Druck einer ungeheuer großen übersinnlichen Kraft. Ich taumelte. Erst als ich hart auf den Boden kam, wurde mir klar, dass ich wieder frei war.
    Frei, ins Bodenlose zu fallen.
    Ich verlor das Bewusstsein. Die gleißende Helligkeit, die mich gerade noch umgeben hatte verwandelte sich in namenlose Finsternis.
     
    *
     
    "Patti!"
    Ich sah in Toms meergrüne Augen, als ich erwachte. Er half mir auf. Offenbar war er - genau wie ich - wieder Herr über seinen Körper.
    "Was ist passiert?", fragte ich, fasste mir an die Schläfe und blickte mich um. Da war kein Pochen mehr, kein dumpfer Druck in meinem Kopf.
    Auf dem Boden lagen die bronzefarbenen Masken. Von ihren Trägern war keine Spur zu sehen.
    "Sie sind einfach verschwunden", erklärte Tom. "Da war dieses gleißende Licht. Es kam aus Richtung der Leichenhalle..."
    "Eine ungeheure übersinnliche Energiewelle", murmelte ich.
    "Ich bin noch immer ganz benommen..."
    Tom ging zu den Masken, beugte sich nieder und wollte eine von ihnen ergreifen...
    Unter seinem Griff zerfiel sie zu feinem Metallstaub.
    "Ich weiß nicht, ob sie entmaterialisiert sind oder vernichtet wurden", meinte er. "Vielleicht werden wir es nie erfahren."
    "Aber wodurch? Was hat dieses gleißende Leuchten verursacht?"
    Ich ließ den Blick schweifen. Die Untoten verharrten nicht mehr in jenen Stellungen, die von Schlichten ihnen aufgezwungen hatte. Sie waren zu Boden gesackt. Und das Eis, das sie umgab...
    Es schmolz.
    Erste kleine Wasserlachen hatten sich gebildet. Ich hielt das für ein gutes Zeichen...
    "Ich kann ihre mentalen Impulse nicht mehr spüren", erklärte ich.
    "Vielleicht sind sie nun wirklich gestorben", meinte Tom und legte einen Arm um mich. Ich schmiegte mich an ihn und war froh, seine Nähe zu spüren. "Es wäre ihren Seelen zu gönnen, nun Frieden gefunden zu haben."
     
    *
     
    Wir riefen die Polizei, die alles genauestens untersuchte.
    Letztlich blieben die Geschehnisse jener Nacht für die Öffentlichkeit immer ein Rätsel. Was sich wirklich dort zugetragen hatte, war zu phantastisch, um von den offiziellen Stellen akzeptiert werden zu können. Ungeklärt blieb auch das Verschwinden eines Scotland Yard Beamten namens Gregory Barnes, von dem nichts weiter geblieben war, als eine bronzefarbene Maske, die zerfiel, sobald sie berührt wurde.
    Selbst den geschicktesten Spurensicherern gelang es nicht, eine der übriggebliebenen Masken zu konservieren. So hart und widerstandsfähig sie auch wirkten, sie lösten sich einfach in kleinste, staubkörnchengroße Stücke auf, sobald jemand versuchte, sie an sich zu nehmen.
    Natürlich wurden Tom und ich eingehend verhört.
    Wir sagten nur das nötigste aus, um der Gefahr zu entgehen, dass man uns für wahnsinnig hielt.
    Hier und da wurden innerhalb der nächsten Tage einige jener Leichen aufgefunden, die zuvor als lebende Tote umhergeirrt waren. Darunter auch die

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