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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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erschien es höchst unwahrscheinlich, dass der Einzelne zum Objekt geheimdienstlicher Informationsbeschaffung wurde. Heute wissen wir es besser!
    Das in den 1970er Jahren formulierte Datenschutzrecht war eine Reaktion auf Gefahren der automatisierten Datenverarbeitung. Sein Hauptanliegen besteht darin, die Verarbeitung personenbezogener Daten zu begrenzen und deren Verwendung zu steuern. Von Beginn an ging es dabei um einen Interessenausgleich zwischen den Betroffenen und den Nutznießern der Verarbeitung, seien diese staatliche oder privatwirtschaftliche Akteure.
    Zwei lange Zeit unbestrittene datenschutzrechtliche Schlüsselkonzepte sind die der Datensparsamkeit und Erforderlichkeit: Jede Stelle, die personenbezogene Daten sammelt, muss sich auf das zum Erreichen des angestrebten Ziels erforderliche Datenminimum beschränken. Für staatliche Stellen sind die Grundsätze der Erforderlichkeit Ausdruck des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips, wonach Grundrechtseingriffe sich auf das zur Aufgabenwahrnehmung notwendige Minimum zu beschränken haben.
    Die Terroranschläge vom 11. September 2001 brachten jedoch auch für den Datenschutz eine Zäsur. Wenige Tage nach den Anschlägen erklärte US-Präsident George Bush den »Krieg gegen den Terror«. In seiner viel beachteten Rede am 20. September 2001 kündigte er an:
    »We will direct every resource at our command – every means of diplomacy, every tool of intelligence, every instrument of law enforcement, every financial influence, and every necessary weapon of war – to the destruction and to the defeat of the global terror network.« [82]
    Recht bald wurde klar, dass damit nicht nur ein militärisches Vorgehen gegen Afghanistan und andere Mitglieder der »Achse des Bösen« gemeint war, sondern auch ein erbarmungsloser Kampf gegen Gegner, die man bereits im eigenen Land vermutete, ein Kampf, der auch tiefe Einschnitte in Bürgerrechte in Kauf nahm.
    Der Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act (US PATRIOT Act) räumte den Geheimdiensten und dem Federal Bureau of Investigation (FBI) sehr weitgehende neue Befugnisse ein. Die beschlossenen Maßnahmen umfassen Vollmachten zum Abhören von Telefonen, zum Mitlesen von E-Mails und zum geheimen Zugriff auf alle möglichen privaten Datenbestände, von durch Telefongesellschaften gespeicherten Telekommunikationsdaten bis hin zu Dateien über das Leseverhalten in öffentlichen Bibliotheken.
    Vor allem amerikanische Sicherheitsbehörden sahen in den, durch das Datenschutzrecht vorgegebenen, Regeln unzeitgemäße Behinderungen im »Krieg gegen den Terror«. Die US-Administration folgte nach den terroristischen Anschlägen dem Credo, immer mehr Daten aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzuführen: Need to Know , damit wurde der Erforderlichkeitsgrundsatz von gestern. Im »Krieg gegen den Terror« müssten auch alle möglichen, aus den unterschiedlichsten Quellen stammenden Informationen zusammengeführt werden, gemäß der neuen Maxime: Need to Share . Eventuell ließen sich so Verhaltensmuster erkennen und Terroranschläge verhindern.
    Auch wenn die Umsetzung des US PATRIOT Act von der US-Administration weitgehend als Geheimangelegenheit behandelt wurde, sickern immer wieder beunruhigende Einzelheiten an die Öffentlichkeit. So wurde 2006 bekannt, dass die NSA entgegen dem damaligen Wortlaut des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) viele Millionen Daten über die Telekommunikation (sogenannte Metadaten) ohne richterliche Anordnung von Telefonunternehmen angefordert und erhalten hatte, und zwar auch solche Daten, die ganz überwiegend US-Bürger betrafen. Nach Presseberichten war zudem praktisch jedes Auslandstelefonat Gegenstand des NSA-Überwachungsprogramms. Die Konsequenz aus dieser Berichterstattung bestand allerdings nicht in der Beschränkung der Überwachung. Vielmehr wurden die aufgedeckten Praktiken mit dem FISA Amendments Act of 2008 nachträglich im Wesentlichen legalisiert. Die an den illegalen Überwachungsaktionen Beteiligten wurden so straffrei gestellt.
    Die Überwachung des Internets
    In dem 2008 von James Bamford veröffentlichten Werk The Shadow Factory ist nachzulesen, wie die NSA das Internet mit Überwachungstechnik überzogen hat. Die dabei entwickelten Überwachungsinstrumente ermöglichen das Erfassen, Mitschneiden und Auswerten der Kommunikation, und zwar sowohl der Meta- als auch der Inhaltsdaten.

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