Überwachtes Netz
Fakten über die USA vorlegen. Die USA foltern und quälen fortwährend Menschen, die immer noch gegen ihren Willen in Guantanamo Bay auf Kuba festgehalten werden. Dies geschieht durch nasale Intubation, die zweimal täglich erfolgt. In der Vergangenheit wurden sie durch Elektroschocks an den Genitalien und simuliertem Ertrinken durch Waterboarding gefoltert. Die Vereinigten Staaten haben Menschen gewaltsam an andere Staaten übergeben, damit diese dort gefoltert werden können und haben ihnen somit ihre Freiheit ohne Anklage oder ein ordentliches Verfahren aberkannt. Die USA nennt sie »ungesetzliche Kombattanten«. Wenn wir uns ansehen, wie die Nürnberger Prinzipien ein »Verbrechen gegen die Menschheit« definieren, haben sich die USA über der Hälfte der Verbrechen auf dieser Liste schuldig gemacht. Die Programme, die durch Snowden enthüllt wurden, waren wahrscheinlich beim Erfassen und Wegsperren einiger dieser Menschen involviert. Eine Geschichte an Missbräuchen, sowohl gegenwärtig als auch in der Vergangenheit, liefert wenig Gründe um sicher zu sein, dass mit der vorhandenen Überwachungsinfrastruktur verantwortungsbewusst umgegangen würde.
Wenn so viele unterschiedliche Positionen innerhalb der Gesellschaft dem vorherrschenden Rechtssystem nicht länger vertrauen können, ein Wächter über die Überdehnung staatlicher Überwachung zu sein, müssen wir auf die Freiheit der Presse und Medieneinrichtungen vertrauen. Zeit ist ausschlaggebend, wenn es um das Recht der Öffentlichkeit geht, aufgeklärt zu werden. Je länger die Öffentlichkeit nichts vom unrechtmäßigen Wachstum der Ranken namens »Sicherheit« weiß, desto stärker und umfassender werden diese gedeihen.
Vor diesem Post-9/11-Hintergrund ist es entscheidend, die Verbindungen zwischen den von Snowden enthüllten Programmen, der Rolle der Medien bei deren Veröffentlichung und ihren Auswirkungen auf das Vorantreiben der Menschenrechtsverstöße durch die USA zu bedenken. Vor allem das Erfassen und Wegsperren vermeintlich »Krimineller« ohne Anklage oder ordentliches Verfahren in Guantanamo Bay, Kuba. Es geht nicht einfach um das derzeitige Nutzen und den Missbrauch von Überwachungstechnologie (obgleich es hinreichend belegte Beweise über den Missbrauch dieser Macht gibt), sondern genauso um das heikle Potenzial zukünftigen Missbrauchs und das damit einhergehende Verstummen von Widerspruch und Veränderung.
Letztlich möchte ich, wie jeder andere auch, in Sicherheit leben. Das bedeutet nicht nur die Abwehr von Terrorismus – allerdings schließt es dies ausnahmslos mit ein – sondern bedeutet auch, die Sicherheit zu haben, widersprechen zu dürfen. Die Sicherheit, auf die ernsthaften Menschenrechtsverstöße – wie die in Guantanamo Bay – hinzuweisen, die durch unsere gewählten Vertreter immer noch andauern. Und vor Programmen wie PRISM zu warnen, die zu erheblichem zukünftigen Missbrauch führen könnten.
Die Art von leidenschaftlicher Debatte, die durch Snowden angeregt wurde und das eifrige Entstehen von Koalitionen und Befürwortern, das als Folge dieser Enthüllungen spontan aufkam, und gerade nicht das blinde Vertrauen in dubiose Gesetze, verkörpern den Pulsschlag der Demokratie. Wir stehen in Snowdens Schuld, dass er uns die Tore geöffnet hat. Es liegt nun an uns, die Aufgabe zu beenden.
Dieser Text ist zuerst am 23. August 2013 im Blog der Princeton University Press erschienen [72] und wurde für dieses Buch ins Deutsche übersetzt.
Der abschreckende Effekt von Überwachung
Infragestellung der Vorstellung,
wir hätten dem Staat gegenüber »nichts zu verbergen«
Jillian York
Die Enthüllungen, die in den Dokumenten enthalten waren, die im Sommer 2013 von Edward Snowden geleakt wurden, haben die Vereinigten Staaten an die Spitze der fortwährenden globalen Debatte um Überwachung gesetzt. Die Orwellsche Geschichte, die mit dem Bericht über die Zusammenarbeit des Telekommunikations-Anbieters Verizon mit der NSA begann, erschließt sich immer weiter und jede Enthüllung scheint schwerwiegender als die vorangegangene. In ihrer Gesamtheit wirkt die ganze Geschichte wie ein Roman aus der Zukunft.
Betrachte für einen Moment den Tribut konstanter Überwachung auf das Wohlergehen von Bürgern in der Sowjetunion oder Ostdeutschland. Forschungen über die Effekte solch tiefgreifenden Ausspionierens haben gezeigt, dass ihre Subjekte befangen und ängstlich werden. Der Langzeitschaden zeigt sich auf unterschiedlichste
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