Überwachtes Netz
internationales Übereinkommen zum Datenschutz einsetzen, das auch die staatliche Überwachung umfasst.
• Die in vielen internationalen Verträgen zu findenden Ausnahmen, die den betroffenen Staaten nahezu unbegrenzte Möglichkeiten geben, für Zwecke der »nationalen Sicherheit« abzuweichen, sind nicht mehr zeitgemäß und machen die Vereinbarungen zu Makulatur. Das gilt etwa für das Safe Harbor -Abkommen, auf dessen Basis viele US-Unternehmen Daten aus Europa erhalten und in den USA verarbeiten. Da diese Daten gegenüber US-Behörden nicht wirklich geschützt sind, kann hier von einem »angemessenen Datenschutzniveau« nicht die Rede sein. Dies muss auch bei der aktuell diskutierten Reform des europäischen Datenschutzrechts berücksichtigt werden.
• Selbst wenn es gelingt, die Überwachungsaktivitäten westlicher Geheimdienste durch rechtliche Vorgaben zurückzuschneiden, was ich für durchaus zweifelhaft halte, ist damit überhaupt nicht gesagt, dass sich Nachrichtendienste anderer Staaten dadurch beeindrucken lassen. Deshalb müssen Datenschutz und Fernmeldegeheimnis technologisch flankiert werden. Die Technik ist so zu gestalten, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit, Zweckbindung und Vertraulichkeit gewährleistet werden.
• Die Datenverschlüsselung ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für den Schutz vertraulicher Daten, auch wenn man Kryptoverfahren nicht blind vertrauen kann. Neben den Kryptoalgorithmen muss dabei besonderes Augenmerk auf das technische Umfeld ihres Einsatzes, auf Hard- und Software gelegt werden. Nur so lassen sich Hintertüren und Schwachstellen vermeiden. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, durch die die Inhalte wirksam geschützt werden können, und die Verschlüsselung von Verbindungen – zum Schutz der Metadaten – können sich dabei ergänzen.
• Zwar ist es nicht sinnvoll, das Internet in kleine nationale Parzellen zu unterteilen. Gleichwohl sollte durch technische Mittel darauf hingewirkt werden, dass rechtliche Garantien nicht durch die Wegewahl von Datenpaketen unterlaufen werden. So sollte beim Routing das Prinzip des kürzesten Wegs gelten. Die (Um-)Leitung von Datenpaketen über Staaten mit unzureichendem Datenschutz sollte möglichst vermieden werden.
Wer überwacht die Überwacher?
Geheimdienste außer Kontrolle
Geheimdienste und Bürgerrechte
Thomas Stadler
Die Enthüllungen Edward Snowdens werfen unzählige Fragen auf. Eine davon lautet: Wie verträgt sich die Tätigkeit von Geheimdiensten mit der Vorstellung von global geltenden Bürger- und Menschenrechten? (Auslands-)Geheimdienste sind ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert. In der Zeit des Kalten Krieges wurde es als politische Notwendigkeit angesehen, dass sich Staaten, nicht nur wenn sie verfeindet waren, gegenseitig bespitzeln. Dieser Legitimationsansatz ist längst weggefallen. Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 wurde er durch einen anderen ersetzt, nämlich den der Terrorbekämpfung. Dass Geheimdienste daneben aber auch Wirtschaftsspionage betreiben, ist mittlerweile mehr als ein offenes Geheimnis. James R. Clapper, Director of National Intelligence, hat dies in einem offiziellen Statement eingeräumt, indem er darauf hinwies, dass Geheimdienste Informationen über ökonomische und finanzwirtschaftliche Angelegenheiten sammeln, u.a. auch um Einsichten in die Wirtschaftspolitik und das wirtschaftliche Verhalten anderer Staaten zu erlangen.
Der Tätigkeit von Geheimdiensten, egal welches Ziel sie verfolgen, liegt eine letztlich widersprüchliche Logik zu Grunde. Geheimdienste werden weltweit – immer von einer national geprägten Sichtweise aus – als legitim betrachtet, obwohl ihr Auftrag am Ende darin besteht, Politiker, Unternehmen und mittlerweile auch Bürger fremder Staaten zu überwachen und damit auch das Recht dieser Staaten zu brechen.
Dieses an sich bereits merkwürdige Konstrukt erweist sich im Zeitalter eines weltumspannenden Datennetzes endgültig als Anachronismus. Mit der Vorstellung von global geltenden Bürger- und Menschenrechten war es ohnehin nie wirklich vereinbar. Denn die Verletzung des Rechts fremder Staaten durch Geheimdienste beinhaltet immer auch die Verletzung der Grundrechte der Bürger dieses Staates. Der amerikanische Politberater Andrew B. Denison hat dies in der Talkshow von Anne Will auf den Punkt gebracht, indem er sagte, es sei die Aufgabe der NSA, das Recht fremder Staaten zu brechen, allerdings nicht, ohne dies praktisch im selben Atemzug als
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