Uferwechsel
wohin.«
»Wolltest du sie auch …«
Trotzig schob Beat die Unterlippe vor. »Wer weiß?«
»Er hat es also geahnt«, sagte ich halblaut, wie zu mir selbst.
»Leider! Obwohl ich mir die größte Mühe gegeben habe, meine Taten wie Unfälle aussehen zu lassen. Deswegen hat er wohl auch seine Zugangsdaten zu dieser Datingseite geändert.«
»Kein Wunder!«
»Gott wird ihm den richtigen Weg zeigen …«
Ungehalten unterbrach ich Beat, bevor er einen weiteren Sermon vom Stapel lassen konnte. »Du schwafelst die ganze Zeit von Gott, doch im Grunde genommen warst du nur eifersüchtig.«
Beat lachte etwas zu spitz. »Eifersüchtig? Ich? Weißt du nicht, dass Neid eine Todsünde ist?«
»Mord aber auch!«
Beat blickte mich irritiert an. »Aber sie haben ihn beschmutzt«, fuhr er mit zittriger Stimme fort, »sein reines Wesen in den Dreck gezogen mit ihrer … ihrer billigen Lust.«
Er ballte die Hände zu Fäusten, Blut schoss ihm in die Wangen und sein Blick flackerte mit einem Mal wild.
Er hatte mir ja selbst gesagt, dass Behandlungen, wie sie Sanduhr anbot, schwerwiegende psychische Störungen hervorrufen konnten. Manchmal sogar Suizidgedanken.
»Ich wollte unter allen Umständen vermeiden, dass er herausfindet, wer dahintersteckt«, erklärte Beat. »Ich hatte Angst, dass er sonst nie zu mir zurückkehrt.«
Indessen war ich so nah an ihn herangerückt, dass ich nur den Arm hätte ausstrecken brauchen, um ihn zu fassen.
Vom Limmatplatz her jaulten Sirenen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Polizei hier war. Und hoffentlich auch der Staatsanwalt.
»Erzähl mir, wie das war«, versuchte ich, Beat abzulenken. Auch er schien das Martinshorn gehört zu haben. »Du hast den Jungs aufgelauert?«
Best war erstarrt.
»Beat, wie bist du vorgegangen?«, fragte ich daher nachdrücklich.
Er schluckte leer. »Dem Araber lauerte ich vor seiner Wohnung auf. Es war arschkalt und er kam sehr spät von diesem Treffen zurück. Ich betäubte ihn mit Chloroform …«
»… und sperrtest ihn in die Tiefkühltruhe in der Scheune, bis er gefroren war. Dann hast du ihm mit irgendeinem schweren Werkzeug, von denen es auf dem Hof etliche gab, die Knochen zertrümmert, damit es aussah, als wäre er aus dem Flugzeug gestürzt, bevor du ihn auf der Lichtung abgeladen hast. Du hast nicht einmal vergessen, die Äste über dem Fundort abzubrechen, damit alles authentisch wirkte.«
»Mit einer Hebel-Astschere.« Beat nickte anerkennend. »An dir ist ein Mörder verloren gegangen.«
»Ich setze nur Puzzleteile zusammen. Was du aber nicht bemerkt hast, war die eine Tollkirsche, die in der Gefriertruhe an Saids Kleidung hängenblieb und so zum Fundort der Leiche gelangte.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer.«
»Sie war die Spur zum Hof und dann zu dir.«
»Ich habe nie ernsthaft daran geglaubt, damit durchzukommen. Menschen wie ich sind keine Gewinner.«
»Weshalb dann der Aufwand?«
»Hab ich doch eben schon gesagt!«, fuhr mich Beat gereizt an und schwankte dabei bedenklich. »Es sollte nach einem Unfall aussehen. Vom Hof aus kann man die Flugzeuge beim Landeanflug beobachten. Ich erinnerte mich dann an diesen Zeitungsartikel über den Flüchtling, der auf diesem Weg in die Schweiz gelangen wollte.«
»Und was war mit Nils?«
»War das der Blonde? Der hat schon beim Chat im Internet dauernd nach Drogen gefragt. Chems, wie die das da nennen. Poppers, Kokain, MDMA, was weiß ich. Natürlich nahm mein Liebhaber nichts Derartiges, aber als ich die Tollkirschen in der Kühltruhe entdeckte, brachte mich das auf die Idee mit der Hexensalbe. Das Rezept war leicht rauszufinden. Ich habe alle Dosen erhöht und bin dem Typen am letzten Wochenende in diesen Klub gefolgt, wo ich ihm die Salbe diskret im Waschraum angeboten habe.«
Beat war also auf der Blumennacht im Hive gewesen!
»Er wollte erst nicht, doch als ich betonte, dass es sich dabei um eine ganz besondere Droge handle, die nicht für gewöhnliche Konsumenten gedacht sei, ist er sofort darauf abgefahren. Ich ermahnte ihn, er solle die Salbe ganz allein ausprobieren, weil sie sich eben für Normalverbraucher nicht eigne, und sie danach am besten irgendwo verstauen, damit sie nicht in unkundige Hände fiel. Das hat ihm gefallen. Mann, was war der Junge eitel! Aber er hat meine Anweisungen befolgt.« Ungerührt setzte er hinzu: »Am Montag las ich in der Zeitung von seinem Tod. Aber der Aufwand war enorm. Ich hätte lieber auf der Stelle gehandelt. So hat
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