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Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Titel: Ulysses Moore – Die steinernen Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Tunnels blieben die drei verunsichert stehen. Es sah aus, als würden die Schienen von der Dunkelheit verschlungen werden.
    »Sie kann nirgendwo anders sein«, erwiderte Rick.
    »Wenn es sie gibt«, warf Julia ein.
    Jason hockte sich neben die Schienen, um die Petroleumlampe anzuzünden, die er gefunden hatte. Er trat zwischen die Gleise und wagte sich als Erster ins Dunkel vor.
    Julia und Rick folgten ihm und versuchten sich in der Finsternis zurechtzufinden.
    »Kannst du irgendetwas erkennen, Jason?«, fragte Julia nach einigen Schritten.
    »Nur Steine und Gleise.«
    »Wie lang wird der Tunnel wohl sein?« Julia strich sich nervös eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Das wissen wir nicht«, antwortete Rick. »Wir wissen nur, dass die Gleise auf der anderen Seite des Berges nicht wieder herauskommen. Und folglich ...« Er beendete den Satz nicht.
    Jason hob die Lampe hoch.
    »Donnerwetter«, stieß er beeindruckt hervor. »Seht ihr das auch?«
    Mit einem Ruck drehte sich Julia zu Rick um. »Es gibt sie also wirklich! Du hattest recht!«
    Rick grinste. Er nahm Julias Hand, blickte aber starr vor sich auf die Schienen, die sie zu Black Vulcanos Lokomotive führten.
    »Der Spruch auf der Anzeigetafel ...«, murmelte Rick, der vor der Leiter stehen geblieben war. »Darin hieß es doch, dass man sich das Herz zu gleichen Teilen mit Sand und Wind beladen soll, bevor man in diesen Zug einsteigt.«
    »›Dazu noch hundert Freunde ohne Falsch und Trug‹«, zitierte Julia.
    »Denkt ihr, das hat etwas zu bedeuten?«
    Die drei blickten zu der Lokomotive hinüber, die ein bisschen wie ein großes, dunkles Tier aussah, das zum Sprung bereit war.
    »Ich glaube nicht, dass es ein Rätsel sein soll«, meinte Jason. »Eher ein Gedicht.«
    »Und woraus schließt du das?«
    »Daraus, dass es sonst keinen Sinn machen würde«, antwortete er. »Es ist wie dieses Zeug, das wir heute Vormittag bei Miss Stella durchgenommen haben. ›Übertragene Bedeutung‹, hat sie gesagt. Die Worte meinen nicht wirklich das, was sie zu bedeuten scheinen.«
    »Und für was stehen sie dann?«
    »Na ja, dazu müssen wir sie erst entschlüsseln ...«, erwiderte Jason. »Also, mit ›Sand‹ ist nicht Sand gemeint, sondern ...«
    »Deine Erinnerungen. Etwas, das sich mit der Zeit angesammelt hat, das fest und greifbar ist«, schlug Rick vor.
    »Hey, toll!«
    »Das aber gleichzeitig nicht schwer ist«, fuhr Rick fort. »Denn da ist ja noch der Wind, und der Wind ist die Fantasie, die hoch aufsteigen und einen über alles andere hinwegtragen kann, ganz weit weg. Aber wenn der Wind auf Sand stößt, wird er langsamer ... und findet so sein Maß.«
    Die Zwillinge starrten ihn bewundernd an.
    »Während die hundert Freunde«, schloss Rick schwungvoll, »nicht wirklich hundert Freunde sind, sondern alle möglichen Gefühle. Diese drei Dinge, sagt uns Black, sollten im Herzen desjenigen sein, der an Bord seiner Lokomotive gehen will.«
    »Ach so, ja klar«, sagte Jason daraufhin. »Dann kann ich ja einsteigen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du auch ein Dichter bist«, sagte Julia und fuhr Rick durch das rote Haar.
    »Na ja, ich bis gerade auch nicht«, erwiderte er.
    Es ist nur, weil sich mein Herz heute größer anfühlt als sonst, hätte er am liebsten hinzugefügt. Er versuchte das mit dem Blick auszudrücken, mit dem er Julia jetzt im dunklen Tunnel ansah.
    Über eine Leiter an der Seite der Lokomotive stiegen sie ein. Rick, der Dichter, als Erster, Julia nach ihm und Jason als Letzter. Der Stahl der Lokomotive war so glatt wie die Oberfläche eines Diamanten und von der Fahrt noch warm, als sei das Metall lebendig.
    Rick öffnete die Tür oben neben der Leiter und kletterte in den Führerstand. Es war ein winziger Raum mit einem roten Teppichboden, Wänden aus schwarz lackiertem Eisen und runden Anzeigen und Messgeräten, die ihn wie Augen anstarrten. Vor dem Fenster wuchs ein kleiner Wald aus Schalthebeln, die jeweils mit Symbolen gekennzeichnet waren.
    Eine schmale Glastür trennte den Führerstand von einer Kabine, die Platz für einige wenige Passagiere bot. An einer Wand hing ein eingerahmtes Foto. Es zeigte drei Männer, die sich vor der Lokomotive aufgestellt hatten: Black Vulcano, Peter Dedalus und Leonard Minaxo. Das Foto musste schon älter sein, denn auf ihm sahen sie noch sehr jung aus.
    »Es muss vor dem Unfall mit dem Hai aufgenommen worden sein«, stellte Jason fest, dem aufgefallen war, dass Leonard auf dem Bild keine Augenbinde

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