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Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Titel: Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samy Molcho
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hat zum Beispiel darauf hingewiesen - und hier geht es nun um die rückwärtigen Reizwirkungen des männlichen Körpers -, dass die Begattung bei den Menschen der Urzeit wie bei den Tieren erfolgte, indem der männliche Partner von hinten agiert. Der Grund dafür war, dass der Mann auch während des Geschlechtsverkehrs in der Lage sein musste, mögliche Feinde im Auge zu behalten. Bei unseren frühen Verwandten, den Affen, lässt sich die sexuelle Bedeutung des Hinterteils durch die farbige Markierung einleuchtend nachvollziehen. Auch bei uns Menschen wird ein hübscher Po also zu Recht als ein erotisches Attribut verstanden. Es ist ja auch aufschlussreich, was Desmond Morris über die Herzform, die wir als Liebessymbol verwenden, zu sagen weiß. Sie habe mit der Gestalt des Herzens in unserer Brust so gut wie nichts zu tun, sondern entspreche genau dem Bild, das die Pobacken einer auf dem Bauch liegenden Frau abgeben. Mit engen Hosen und engen Kleidern betonen wir unseren Po also nicht ohne Grund. Wir erinnern uns an Zeiten, in denen junge Mädchen mit ihren Jeans in die mit Wasser gefüllte Badewanne stiegen, weil sie so eng wie möglich anliegen und die Körperform, vor allem aber den Po wirkungsvoll abzeichnen sollten. Männer machten es nicht anders. Dabei lässt es die enge Hosenmode kaum zu, dass das männliche Glied einfach nach unten hängt, wie es die langen Gewändern früherer Zeiten oder heute bei arabischen Stämmen oder Beduinen ohne Weiteres zulassen. Enge Jeanshosen zwingen Männer, ihr Geschlechtsteil hinter dem Reißverschluss hochzuziehen, und es entsteht der Eindruck, als befinde es sich im Zustand der Erregung. Diese Mode ist nichts Neues. In der Renaissance trug man an Männerhosen eine Art Stoffattrappe, die ein prächtiges Gemächt immerhin andeutete. Übrig geblieben davon ist heute oft eine Ziernaht über dem Reißverschluss.
    Bequem ist die Männermode der engen Hosen nicht. Meist sitzen die Genitalien eingezwängt im engen Beinkleid, und viele modebewusste Männer suchen Erleichterung darin, dass sie korrigierend an die Hosenöffnung greifen und damit ungewollt die Blicke auf die bewusste Stelle lenken. Dies zählt zu den durchaus unfreiwilligen Signalen. Nur können wir nichts dagegen unternehmen, dass auch sie ihre Wirkung haben. Umgekehrt sollten wir Verständnis haben, wenn andere unsere unfreiwilligen
Signale für bare Münze nehmen, sie also gründlich missverstehen. Empfangen wir selbst Signale, ohne deren Intention oder besser gesagt die Intention ihres Absenders genau erkennen zu können, sollten wir uns mit Annäherungsversuchen, zumal handgreiflicher Art, zurückhalten, bis wir Klarheit über ihre Absicht gewonnen haben.

Die Macht der Gewohnheit - Nähe und Distanz im Alter
    In lang währenden Partnerschaften wiederholt sich der Zustand des Pendelns zwischen geliebter Nähe und erwünschter Distanz von Zeit zu Zeit. So schön es ist, wenn Harmonie und Gleichklang das Zusammenleben bestimmen, birgt es doch die Gefahr, dass sich die beiden Partner auf die Dauer nicht mehr aufmerksam und genau wahrnehmen. Es ist die Gewohnheit, die unser Leben nach und nach bestimmt, wie ein Fluss, der ohne Hindernisse dahinströmt. Ein solches Strömen strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Wir sehnen uns danach, insbesondere nach anstrengenden Arbeitstagen, die uns alles abverlangt haben. Aber wie sieht es aus, wenn man nicht mehr zur Arbeit geht und der Alltag nur noch von diesem Fluss und der Ruhe geprägt ist, Tag für Tag? Es lähmt die Sinne. Wir nehmen die Ruhe gar nicht mehr bewusst wahr, sie ist einfach da: immer. Es scheint keine Veränderung mehr zu geben, keine Bedrohung, keine Überraschung, keine Freude und damit kein Gefühl und keine Bewegung. Viele nennen es einfach Langeweile. Jetzt bedürfen wir dringend einer Veränderung. Sie kann von außen kommen oder von innen. Irgendetwas muss uns wachrütteln, etwas, das uns berührt, damit wir die Welt und uns selbst wieder wahrnehmen und schätzen lernen. Das gilt für den Einzelnen wie für beide Partner. Die Neugier aufeinander ist verloren gegangen. Wir übersehen Veränderungen des Partners, wir überhören sein kleines Aufbegehren. Denn wir glauben ja zu wissen, wie er ist: »Ich weiß ja, was er/sie will!« Sätze wie diese allein genügen, um jede Wahrnehmung zu blockieren. Es ist schön, verstanden zu werden, ohne ein Wort sagen zu müssen, aber wo bleibt die Lust auf Erneuerung? Und kennen wir unseren Partner wirklich so gut?

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