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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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jetzt,
Heiligemariamuttergottes, der heilige Ignaz.«
    Heiliger Ignaz? War jetzt etwa der heilige Ignaz weg? Vermutlich
stand er nur in der Asservatenkammer vom Schorsch, weil er der Meinung war, er
müsse alle Beweisstücke sammeln. Und so ein Heiliger, das war ein prima
Beweisstück. Wofür, das wusste nur der Schorsch allein. Der Schorsch war
nämlich unser Polizist. Und seit sich bei uns im Dorf die Leichen häuften,
hatte er sich, durch mein Zutun quasi, zu einem richtigen »Tatort«-Kommissar
gemausert. Zumindest bekleidungstechnisch, in seiner Freizeit.
    Â»Der heilige Ignaz ist weg?«, bohrte ich neugierig nach, als alle
Rosenkranztanten synchron aufseufzten.
    Â»Schmarrn. Heiliger Ignaz«, sagte Großmutter, aber nicht an mich
gewandt. »Des wird jetzt der heilige Ignaz sein.« Sie hakte sich bei mir unter
und zog mich noch eine Stufe tiefer. Irgendetwas hatte ich bei dem Gespräch
anscheinend nicht mitgekriegt. Eben ging es noch um einen Burn-out, und jetzt
war der Ignaz daran schuld?
    Â»Wegen dene Knochen hat der eh keinen Börnaut«, sagte die Kathl
kopfschüttelnd. »Jeder zweite Pfarrer hat heutzutage seinen Börnaut. Sogar die
lutherischen. Da braucht überhaupt kein heiliger Ignaz hinter der
Erntedankkrone liegen oder die Organisten derstochen werden.«
    Ich schubste noch ein totes Puschelweidenkätzchen die Stufe
hinunter. Wer hatte denn zwischen all den Knöchelchen gesessen? Wem tat jetzt
noch das Steißbein so weh, dass er kaum gerade sitzen konnte? Doch wohl nicht
dem Pfarrer Daschner, sondern mir! Da möchte man doch meinen, dass als Erstes
über meine psychische Konstitution gejammert wird.
    Â»Weil halt der Rosenmüller auch ned da ist«, meinte die Langsdorferin
dazu. »Hätt der nicht schon längst da sein sollen?«
    Das war nämlich wochenlang Gesprächsthema Nummer eins gewesen, dass
unsere Kirchengemeinde dringend einen Pastoralreferenten brauchte. Einen
G’studierten, wie die Langsdorferin zu sagen pflegte. Ich tat, als würde ich
nichts hören.
    Â»Der würd des alles rausreißen«, sagte die Langsdorferin sehr
überzeugt.
    Rausreißen? Er könnte höchstens verhindern, dass in Zukunft hinter
der Erntedankkrone geputzt würde. Das wäre natürlich ein wirklicher Segen für
die Familie Wild. Aber ob das verhindern würde, dass ich in Zukunft weitere
Leichen fand, die den Pfarrer Daschner einen Schritt näher zum Herzinfarkt
brachten, war fraglich. Jetzt gesellte sich auch noch die Anneliese zu uns, und
sie hatte schon wieder ihren Babyprojektblick. Ich hätte mich am liebsten
weggebeamt.
    Â»Des ist nur wegen seinem Umzug«, erklärte die Rosl. »Ich hab ihn
schon gesehen. Vorgestern hat er sogar schon hier geschlafen.«
    Heiligemariamuttergottes, dachte ich anstelle der Rosl, das war natürlich
was wert.
    Â»Aber ob uns des was hilft«, wandte Großmutter ein.
    Â»Ja. So wie der anzogen ist«, stimmte die Rosl zu. »Wie ein
Weibsbild. Glaubst des ned.«
    Hinter uns kamen noch der Schmalzlwirt und der Kreiter aus der
Kirche, dicht gefolgt vom Metzger. Die ganze Rosenkranzgruppe drehte sich
synchron zu dem Trio um und starrte es, genau wie ich, fassungslos an. Der
Metzger, der Schmalzlwirt und der Kreiter in der Kirche. War heute etwa
Weihnachten? Hatten sie sich im Datum geirrt?
    Sie sahen unsere ungläubigen Mienen und machten besonders
katholische Festtagsgesichter.
    Â»Das muss der heilige Ignaz sein«, sagte die Rosl schließlich und
drehte sich wieder zu den anderen Frauen. »Wer sollt des sonst sein?
Heiligemariamuttergottes. Dass ich des noch erleb. Dass sie bei uns den
heiligen Ignaz finden.«
    Heiliger Ignaz? Großmutter und ich hatten den heiligen Ignaz
gefunden? Endlich hatte auch ich verstanden, wovon die ganze Zeit die Rede
gewesen war. Mir blieb der Mund offen stehen. Hatten die etwa schon den
Pathologiebefund? Aber es war Sonntag. Das konnte nicht sein.
    Die anderen wiegten die Köpfe. Vielleicht dachten sie sich, dass es
nichts G’scheites sein kann, was die Wild-Weiber so finden. Und Großmutter
dachte bestimmt daran, dass ihr ein anderer Heiliger sowieso viel lieber wäre.
Zum Beispiel der heilige Antonius. Zu dem betete sie häufiger einmal, wenn sie
etwas verloren hatte. Und bis jetzt hatte er sie noch nie im Stich gelassen.
    Â»Aber welcher Ignaz?«, fragte der Schmalzlwirt ketzerisch und
stellte sich

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