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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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da
schmeckt einem ja das Essen nicht.«
    Â»Ich hab ihn schon gewaschen«, log ich. »Der Geruch geht nicht raus.
Das war bestimmt irgendein gammeliger Fisch, den die Reisingerin auf die Miste
g’worfen hat.«
    Max grinste. Nachbarschaftsstreitigkeiten fand er immer ganz toll,
anscheinend stritten Preißn überhaupt nie mit ihren Anwohnern. Oder zumindest
nicht auf Bayerisch. »Da kann ich nichts dafür. Wenn sich der Hund da drin
wälzt.«
    Â»Weilst dir halt keine Müh gibst mit dem Waschen«, widersprach
Großmutter. »Des geht schon raus.«
    Â»Kann man eigentlich an Knochen noch feststellen, ob sie meinem
Vater gehören?«, lenkte ich ab.
    Großmutter und Max sahen mich an, als wäre ich verrückt geworden.
    Â»Geh. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass der heilige Ignaz
dein Vater ist«, sagte Großmutter kopfschüttelnd. »Des wär ja noch schöner.«
    Ja. Das wäre eine wirklich gute Nachricht. Der heilige Ignaz. Da
könnte nicht einmal mehr die Rosl etwas gegen meinen Vater sagen. Wenn man
einen Heiligen als Vater hatte, dann war auch klar, wieso meine Mutter damit
nicht rausrücken wollte. Schließlich war es für Kinder nicht gut, wenn sie so
berühmt waren.
    Okay. Die Chance, dass mein Vater heilig war, war gleich null. Und
die Wahrscheinlichkeit, dass ich nun ein für allemal die Frage loshatte,
welcher Tote nun mein Vater war, war auch gleich null.
    Max sagte gar nichts. Er strahlte nur ein inneres Grinsen aus, das
mich ganz fuchtig machte. Vielleicht hatte ich mich auch geirrt, vielleicht
dachte er auch nur an die sagenhaften Semmelknödel meiner Großmutter. Oder an
Sex mit mir. Dann war dieses innere Grinsen allerdings auch ganz schön
unverschämt. Vorsorglich trat ich ihm beim Gehen ein klein wenig auf die Zehen,
damit er sich Gedanken machen konnte, wie man mit seiner Freundin umgehen darf
und wie nicht.
    Â»Du könntest einen Vaterschaftstest machen lassen«, schlug Max vor,
der den Fußtritt auf seine fehlende Antwort bezog. »Dann weißt du, ob es die
Knochen deines Vaters sind.« Sein inneres Grinsen schwebte noch immer über
seinen Gesichtszügen.
    Ich verkniff mir den nächsten Fußtritt.
    Am nächsten Tag wachte ich davon auf, dass im Erdgeschoss ein
unglaublicher Radau zu hören war. Ich taumelte schlaftrunken nach unten und sah
meine Großmutter in einem Berg von herausgefallenen und kaputten Tellern
stehen.
    Â»Gut, dass d’ kommst«, sagte sie seufzend. »Ich bräucht grad ein
Kehrschäuferl.«
    Ich brauchte dringend Schlaf oder einen unglaublich starken Kaffee.
Als ich ihr die Schaufel reichte, fiel ihr ein, dass sie schnell zum Postkasten
musste und dass genauso gut ihre Enkeltochter zerbrochenes Geschirr aufkehren
konnte.
    Â»Was machst denn auch so einen Schmarrn?«, fragte ich mürrisch.
    Â»Des g’hört mal wieder aufg’räumt«, erklärte sie mir und nahm den
Postkastenschlüssel.
    Â»Außerdem war die Post noch nicht da«, sagte ich, während ich
klirrend Scherben in den Mülleimer kippte.
    Großmutter schnalzte nur mit der Zunge und ging trotzdem.
    Â»Hab ich’s doch g’hört«, sagte sie, als sie wiederkam. »Ein Brief.
Vom Schmalzl.«
    Die letzten Scherben schepperten im Eimer. Der Schmalzl? Schickte
uns Briefe? Dass der überhaupt schreiben konnte! Na ja, rechnen kann er
schließlich auch, würde Großmutter sagen.
    Â»Und?«, fragte ich neugierig.
    Â»Geh, Mädl, kehr lieber die Küch«, empfahl mir Großmutter und nahm
ihre Lesebrille aus dem kaputten Etui.
    Genau. Ich beschloss, das nicht gehört zu haben, und beugte mich
auch mit über den Brief.
    Der Schmalzlwirt hatte keine Zeit vergeudet. Es war nämlich kein
Brief speziell an uns, sondern ein kopierter Zettel an alle. Er hatte eine
»große Besprechung anberaumt«, und zwar gleich heute, in der wir »wichtige,
grundlegende Pläne« diskutieren sollten, die unser Dorf »zukunftsorientiert« zu
religiösem und kommerziellem Wohlstand führen würden. Das »religiöse« war zwar
unterstrichen und fett, aber das winzig klein geschriebene »kommerziell«
stellte wohl Schmalzls Hauptanliegen dar. Großmutter kam aus dem
Zungenschnalzen gar nicht mehr heraus, während sie mir den Zettel vorlas, als
könnte ich nicht selbst lesen.
    Â»Dann bleibst am besten daheim«, riet ich ihr.

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