und ein Kater mit Koepfchen
rückt ihm den Stuhl zurecht.
„Hallo“, sagt Linus heiser zu mir. „Du siehst ja schlimm aus.“ Er schaut ängstlich auf meine Nase. Ich spüre schon wieder jede Menge Wut in mir aufsteigen. Super Begrüßung, keine Frage. Da möchte man sich doch gleich zum Geburtstag einladen.
„Du aber auch!“, antworte ich schroff.
Klar, dass ich mir mit dieser Antwort einen strafenden Blick von Herrn Pfeffer einhandle. Aber ich werde es überleben.
Der schwarze Gruselkater springt mit einem entschlossenen Satz auf Linus’ Schoß und rollt sich ein. Erst jetzt sehe ich, dass ihm ein kleines Stück vom Schwanz fehlt. Auch dazu habe ich sofort eine Bemerkung parat, aber so wie mich Herr Pfeffer mustert, ist es wohl besser, den Satz, der mir auf der Zunge liegt, runterzuschlucken.
Nicht dass er zu sauer wird. Womöglich will er unsere Häuser dann wieder zurücktauschen und Mama kann ihre Tierklinik für immer und ewig in den Wind schießen.
Stattdessen sage ich versöhnlich: „Dein Kater schnurrt ja gar nicht. Meine jüngere Schwester hat einen roten Kater, der heißt Chili. Der brummt so laut wie unser alter Kühlschrank.“
Linus’ veilchenblaue Augen füllen sich mit dicken Tränen.
Oh nein! Was habe ich denn jetzt wieder angerichtet? Ich kriege gleich die Krise.
„Tatze kann nicht schnurren. Er hatte einen Schock und seitdem ist er stumm“, flüstert Linus.
Schockschwerenot! Am besten sage ich gar nichts mehr.
Linus scheint das recht zu sein, denn er starrt für den Rest des Musikunterrichts aus dem Fenster.
Lotta dagegen ist deutlich gesprächiger. Sie flüstert Jonas unaufhörlich irgendetwas zu. Als es schließlich zur großen Pause gongt, ist sein Ohr knallrot. Wundert mich nicht.
„Komm, Lotta, ich zeig dir unsere Schule“, ruft er und die beiden ziehen einfach ab.
Linus und sein Stubentiger folgen mir überallhin, selbst zur Toilette, und ich schwöre einen heimlichen Schwur: Das nächste Mal, wenn ich mich bereits morgens mies fühle, schwänze ich auf jeden Fall die Schule!
Puh, bin ich froh, als ich wieder zu Hause bin!
„Mami, es tut mich echt leid wegen gestern. Ich war irgendwie sauer wegen der Nase und überhaupt“, sage ich, sobald ich durch die Tür komme. Auch noch Ärger mit meiner Familie, dafür habe ich gerade keinen Nerv.
Zum Glück sind die Buntschuhs zwar schnell mal unter der Decke, aber sie landen auch genauso fix wieder auf dem Erdboden. Also ist auch unsere Mutter nicht nachtragend.
„Alles prima“, sagt sie gutmütig. „Wie geht es deiner Nase?“
„Meiner Nase geht es gut“, antworte ich. So, wie ich den Satz betone, weiß sie natürlich gleich, dass irgendetwas nicht stimmt. Aber sie fragt erst mal nicht nach, sondern stellt mir einfach einen Teller mit Spaghetti und ihrer göttlichen selbst gemachten Tomatensoße hin und sagt: „Jetzt iss zuerst in Ruhe.“
Jule und Kassia haben eine Stunde länger Unterricht und deshalb bin ich mit Mama alleine. Das finde ich nicht immer schön, denn wenn ich etwas ausgefressen oder wieder einmal eine schlechte Note geschrieben habe, dann bespricht sie das am liebsten unter vier Augen mit mir.
Aber heute finde ich es urgemütlich, dass sie ihre Mittagspause mit mir teilt. Obwohl sie einen Haufen Arbeit mit den Tieren hat und oft zu Geburten von Kälbchen oder Fohlen gerufen wird, nimmt sie sich mittags fast immer Zeit für uns.
Selbst unser Vater hat das so gemacht. Der ist für einen Teller Hühnersuppe aus seinem Rettungshubschrauber rausgesprungen, schnell nach Hause gedüst, um mit uns zu essen, und dann wieder los. Obwohl ich damals noch kleiner war, erinnere ich mich noch so gut daran, als hätten wir erst gestern zusammen Hühnersuppe gegessen. Das war übrigens sein Lieblingsessen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem er mit seinem Hubschrauber abgestürzt ist, hat ihm die Suppe besonders gut geschmeckt.
Keine Ahnung, warum mir das gerade jetzt einfällt. Vielleicht, weil mir in der letzten Zeit sowieso total viel durch den Kopf geht. Und weil ich Papa immer noch genauso vermisse wie am ersten Tag nach seinem Tod.
Seitdem gab es übrigens nie wieder Hühnersuppe bei uns.
„Maxie? Alles in Ordnung mit dir?“, fragt Mama direkt in meine tiefsten Gedanken hinein. „Du guckst, als hättest du wieder ein Diktat vergeigt oder so.“
Ich schüttle heftig den Kopf. „Nö, gar nicht. Ich dachte nur, ich würde gerne wieder einmal deine leckere Hühnersuppe essen. Und Frau Glöckner hat jetzt eine Idee, wie Jonas und
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