Und ich erobere dich doch!
Blick gönnen würde.
Angelo sah einfach umwerfend gut aus, es war damals anstrengend für Flora gewesen, ihn nicht ständig verträumt anzusehen. Und wenn sie jetzt daran dachte, ihn wiederzusehen, hatte sie Mühe, nicht nervös und rastlos auf dem Sitz hin und her zu rutschen. Es gibt keinen vernünftigen Grund für diese völlig unsinnige Anziehungskraft, rügte sie sich ungeduldig in Gedanken. Zu wissen, dass sie sich tatsächlich zu jemandem hingezogen fühlen konnte, den sie nicht einmal mochte, schockierte und ärgerte sie, aber eher hätte sie sich die Zunge abgebissen, als auch nur einen Ton darüber verlauten zu lassen.
Außerdem täuschte Angelo van Zaal sich gewaltig, wenn er sich einbildete, sie würde tatenlos zusehen, wie er das volle Sorgerecht für ihre Nichte übernahm. Sie würde darum kämpfen, Mariska nach England zu holen. Sie hatte nämlich vor, Julies Kind wie eine eigene Tochter aufzuziehen. Wie kam Angelo auf die irrige Idee, er wäre der Richtige, um sich um ein kleines Mädchen zu kümmern?
Flora besaß ein Haus mit großem Garten in dem gemütlichen Städtchen Charlbury St Helens und war durchaus in der Lage, ihrer Nichte Stabilität und Fürsorge zu bieten. Sie konnte zudem einige Qualifikationen als Erzieherin nachweisen und führte eine gut laufende Bed-&-Breakfast-Pension. Sollte sie eine Weile auf Einkommen verzichten müssen, so konnte sie die Zeit mit den Rücklagen auf einem gut gefüllten Bankkonto überbrücken. Es mochte ihr vielleicht nicht gefallen, wie sie an dieses Geld gekommen war und was sie dafür hatte durchmachen müssen … Tatsache blieb, es war vorhanden. Und das würde ihre Chancen auf eine Adoption sicherlich erhöhen.
Flora verdrängte die Erinnerung an ihr früheres Leben als Karrierefrau in der Großstadt, bevor sie in das von der Großtante geerbte Haus gezogen war. Ihr Herz zog sich vor Trauer zusammen, als sie wieder an Julie dachte. Ihre lebenslustige jüngere Schwester war nicht mehr. Die beiden Frauen hatten sich nicht mehr oft gesehen, nachdem Julie in die Niederlande übergesiedelt war, nur dann, wenn Willem und Julie England besucht hatten. Ein einziges Mal nur war Flora in Amsterdam gewesen. Willem und Julie führten scheinbar ein viel beschäftigtes Leben, und es hatte sich bald herauskristallisiert, dass sie lieber zu Besuch kamen, als sich besuchen zu lassen.
Und doch hatte es einmal eine Zeit gegeben, da hatten sich Flora und die fünf Jahre jüngere Julie sehr nahgestanden, obwohl niemand, der die Geschichte der beiden Mädchen kannte, es je vermutet hätte. Flora war als Einzelkind in einer unglücklichen Ehe aufgewachsen.
Ihr Vater war ein notorischer Schürzenjäger gewesen, und es gab nur wenige Erinnerungen an ihre Kindheit, die nicht von lauten Stimmen und dem herzzerreißenden Schluchzen ihrer Mutter begleitet wurden. Wie oft hatte die Mutter ihr doch geklagt, dass sie den untreuen Ehemann sofort verlassen würde, wenn sie es sich nur leisten könnte. So hatte die Mutter sichergestellt, dass Flora eine solide Ausbildung erhielt – damit sie niemals finanziell von einem Mann abhängig sein würde. Ihre Eltern hatten sich dann scheiden lassen, als Flora auf der Universität gewesen war, und alles war herausgekommen.
Offensichtlich hatte ihr Vater ein Doppelleben geführt und eine zweite Familie gehabt, ganz in der Nähe von Floras Elternhaus. Die Affäre mit Julies Mutter musste er wohl gleich nach der Heirat mit Floras Mutter begonnen haben. Nach der Scheidung von Floras Mutter hatte er Sarah dann sofort geheiratet. Damals hatte es einen riesigen Krach in der Familie gegeben, weil er darauf bestand, dass seine beiden Töchter sich kennenlernten.
Obwohl die zweite Ehe später ebenfalls wegen seiner Untreue in die Brüche ging, blieben Flora und Julie in Kontakt, und als Julies Mutter starb und Julie mit dem College begann, zog sie zu Flora in die Londoner Wohnung. In den zwei Jahren, in denen Flora sowohl in ihrem Privat- als auch in ihrem Berufsleben in einer großen Krise steckte, bauten die Halbschwestern eine enge Bindung zueinander auf.
Tränen stiegen Flora in die Augen, als sie das Bild ihrer Schwester jetzt wieder vor sich sah – eine hübsche zierliche Blondine, voll überschäumender Lebenslust. Julie hatte Willem in London kennengelernt, als der an einem einjährigen Austauschprogramm teilnahm.
Kurz entschlossen brach Julie ihr Studium ab und ging mit dem gut aussehenden Holländer zurück nach Amsterdam, um mit ihm
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