und ihre Gaeste
unsere Französischlehrerin hat oft unter unseren Streichen leiden müssen. Trotzdem haben wir alle großen Respekt vor ihr und mögen sie außerdem sehr gern. Gerade weil sie nichts übel nimmt und hinterher sogar oft mit uns über unsere Dummheiten lacht. Das wissen Sie doch auch, liebe, gute Mamsell, nicht wahr?“
Mamsell sah Hilda an. „Ihr seid schon meine lieben Mädchen“, sagte sie, „auch wenn eure alte Mamsell manchmal mit euch schelten muss.“
Mit großem Eifer strich sie Butter auf ihre Semmel und biss kräftig hinein, damit niemand ihre Rührung bemerkte. Reden konnte sie einstweilen nicht.
Diese Pause benutzte ihre Kollegin. Sie schlug das Buch auf und fing an zu lesen. Leider schenkte sie gleichzeitig - um ja nichts zu versäumen - ihren Tee allzu unvorsichtig ein. Er lief über und das frische Tischtuch bekam hässliche Teeflecken - wie peinlich!
So war Mamsell also erst einmal abgeblitzt. Sie setzte sich deshalb mittags an den Tisch neuer Gäste. Zu fünft waren sie angereist: Vater, Mutter, zwei Buben von fünfzehn und zwölf Jahren, Peter und Michael hießen sie, und die vierzehnjährige Nicki.
An sie wandte sich Mamsell zuerst: „Da werden sich unsere Mädchen freuen“, sagte sie. „Sie sind genauso alt wie du.“ Sie rief Hilda vom Nebentisch heran. „Das ist die Klassensprecherin aus unserer Fünften“, erklärte sie, „Hilda Wentworth. Sie hilft Frau Roberts, die dieses Haus übernommen hat.“
Nicki sah Hilda neugierig an, aber sie nickte bloß - schweigend und hoheitsvoll. Sollte sie sich vielleicht mit einer Serviererin abgeben? Die gute Nicki litt ganz eindeutig an Hochnäsigkeit. Hilda erkannte das schnell und grinste. Ergebnis: Zur nächsten Mahlzeit erschienen sie und die Zwillinge als Kellnerinnen verkleidet - mit Servierhäubchen und weißer Schürze. Frau Roberts sah verwundert zu ihnen hin, als sie in diesem Aufzug in der Küche auftauchten. Da hatten die Racker doch irgendetwas vor - aber was?
Hilda und Nanni gingen an den Tisch zu Nicki. Erst fragten sie die Eltern nach ihren Wünschen, dann wandten sie sich an Nicki: „Unsere Lehrerin meinte, wir könnten öfter zusammen sein. Hast du Lust, abends in unser Zimmer zu kommen? Wir können ja spielen, Halma oder Mensch ärgere dich nicht.“
Nicki betrachtete die beiden von oben bis unten, dann antwortete sie herablassend: „Vielleicht ein anderes Mal. Jetzt muss ich mich erst einmal in der neuen Umgebung orientieren. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn es mir einmal passt. Sie haben gewiss auch genug Arbeit.“ Dabei nickte sie ihnen gnädig zu und beschäftigte sich eingehend mit einer Illustrierten, die auf dem Tisch lag. Die beiden sollten begreifen, dass sie mit Serviermädchen nichts zu tun haben wollte.
„Na hör mal“, sagte ihre Mutter entrüstet, „was fällt dir ein, die netten jungen Mädchen so zu behandeln? Du solltest froh sein, wenn du bald Anschluss findest.“
„Den finde ich auch so“, antwortete ihre Tochter patzig. „Was soll ich mit Kellnerinnen anfangen?“
„Schon mal was von Ferienjobs gehört?“, fragte der Vater ruhig.
Nicki zuckte die Achseln.
Peter und Michael hatten sich mit den Ellenbogen angestoßen, als ihre Schwester sich so aufspielte.
„Ja, teure Nicki“, stichelte Peter, „du hast die Familie wieder einmal als Einzige würdig vertreten. Wie ständen wir bloß ohne dich da?“
Nicki wandte sich entrüstet ab und zeigte Michael einen Vogel, weil der aufsprang und Hanni höflich die Tür aufhielt. Als ob sie auf Hausbedienstete angewiesen wäre! Sie hatte schon erfahren, dass die beiden jungen Mädchen, die während des Mittagessens von einem längeren Ausflug zurückkehrten, Studentinnen waren. An die wollte sie sich halten! Sie entdeckte voll Freude, dass die beiden auf dem Tisch ein Buch liegen gelassen hatten. Das fischte sie sich schnell, um es ihnen zu bringen.
„O fein, danke“, rief die blonde Andrea, „das habe ich ganz vergessen!“ Sie lächelte Nicki an.
Ihre Freundin Gudrun fragte, als Nicki unentschlossen stehen blieb: „Bist du neu angekommen?“
„Ja, heute Morgen“, antwortete Nicki. „Kennt ihr euch in dieser Gegend aus? Ihr seid doch schon länger hier? Und darf ich mal mit euch spazieren gehen?“
Ein bisschen erstaunt sahen die Mädchen sie an. Andrea antwortete höflich: „Gewiss, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Allerdings musst du schon was aushalten können, wir sind geübte Wanderinnen.“
„Ich auch“, versicherte Nicki
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