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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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imstande wäre. Auf jeden Fall war er es wert, ab sofort in meine Phantasien aufgenommen zu werden, und war im übrigen von nicht gerade unauffälligem Charme. Ich fragte mich, was er wohl von Cunnilingus hält.
    »Sind Sie die Bank?« fragte ich.
    Er wandte sich zum Berg: »Lars, warte draußen. Und nimm das hier mit.« Er reichte ihm ein Schießeisen in Kanonengröße. Ich war beeindruckt. Lars nahm den Ballermann und trampelte pflichtergeben hinaus, ohne mich auch noch eines Blickes zu würdigen. Der Boß nahm die Hände hoch und drehte sich im Kreis, wobei er mich dauernd fixierte. Er hatte einen allerliebsten Knackarsch. »Sonst habe ich nichts dabei«, sagte er, »es gibt also nichts, wovor man Angst haben müßte.« Welche Erleichterung, dachte ich. Die Gefahr eines versteckten Arsenals war die geringste meiner Sorgen. Er nahm mit eleganten Bewegungen Lars’ Platz mir gegenüber im Kundenstuhl ein. Ich konnte mir denken, daß er wußte, wie angenehm es war, ihm dabei zuzusehen. Er zog seine Lederjacke aus.
    »Also«, sagte ich und lehnte mich vor, »was wissen Sie noch über mich, was nicht in meinem Führerschein steht?«
    »Ich weiß, daß du einen Auftrag gebrauchen könntest. Ich weiß, daß du so ziemlich alles machen würdest. Und ich weiß, daß dir ein bißchen schweißtreibende Schufterei nichts ausmacht.«
    »Das kommt immer drauf an, wer dabei in Schweiß gerät.« Ein plötzlicher Flash: dieser Typ, ohne Hemd, nachdem er zehn Blocks quer durch die Stadt gelaufen war.
    »Und Sie sind?« fragte ich.
    »Der Mann, der dich sehr glücklich machen wird.«
    »Das habe ich schon mal gehört.«
    »Aber nicht von jemandem, der es auch so meint.« Es war gerade die Sanftheit, die seine Stimme einzigartig machte. Keine Zigarettenkratzer, obwohl es sie wahrscheinlich geben müßte. Ich hatte das Gefühl, daß er schon viel geredet hatte, meistens, um zu überzeugen, und fast nie, um auf etwas zu bestehen.
    »Hör mal, Babe, ich kann jetzt schon sehen, daß du mir sehr viel Kummer machen wirst weil ich überhaupt mit dir geredet habe, und weiter nichts.« Ich machte eine Pause. Ein Flash: dieser Typ auf mir, der das Wort Baby immer wieder in mein Ohr flüstert. »Aber mach ruhig weiter«, sagte ich, »ich sehe gerne zu, wie sich dein Mund bewegt.«
    Er lächelte zum Dahinschmelzen. In meinen Zeiten an der High-School in New Jersey wäre ich völlig irritiert vor einem Mann, der so gut aussah, weggelaufen, genauso wie Männer zu blubbernden Idioten verkümmern, wenn sie wirklich und wahrhaftig schönen Frauen begegnen. Es gibt eben einen Grund, warum man solche Leute betörend nennt. Seither war ich durchaus erwachsen geworden, aber anscheinend noch nicht genug. Meine Beine waren so fest an den Stuhl geklemmt, daß sie schon anfmgen zu pochen.
    Er sagte: »Hast du schon mal von Blood & Iron gehört?«
    »Motorradgang aus dem East Village.«
    »Und hast du jemals von Strom Bismark gehört?«
    Strom Bismark war eine Legende in Downtown New York City. Er war gleichzeitig Wunderkind und Antichrist, der Blood & Iron im zarten Alter von sechzehn Jahren ins Leben gerufen hatte. Im weiteren holte er die Gang aus der unteren Spielklasse des Bis-aufs-Hemd-Ausraubens, der Prügeleien und Freizeitvergewaltigungen rauf in die Weltmeisterschaftenliga: Glücksspiel, Erpressung — euphemistisch als Schutz bezeichnet — und, man höre und staune, Verkauf von Geschenkartikeln. Blood-&-Iron-T- Shirts verkauften sich tonnenweise für 25 Dollar das Stück vor dem Hauptquartier an der East 11th Street. Flaschenöffner, Zigarettenetuis, Aufnäher und Handtücher waren andere beliebte Artikel. Jeder Fremde, der anderen, nichtoffiziellen Nepp auf diesen Straßenecken verkaufen wollte, verlor seine Zähne sowie eine Gliedmaße seiner Wahl. Niemand versuchte es also.
    Die Anziehungskraft von Blood & Iron war hauptsächlich nostalgisch — die Brutalität der Bande hatte in den letzten fünf Jahren oder so nachgelassen. Mittlerweile ging keine Woche ohne eine Tränendrüsendrücker-Geschichte über irgendeinen Rocker, der eine alte Dame vor einem Angriff schützte, ins Land. Ich weiß nicht, wie diese Banditen zu Helden der letzten Tage mutiert waren. Irgendwelche Soziologen in Downtown und Journalisten schrieben es lobend Stroms umgeleiteten Begierden zu. Statt nach Gewalt gelüstete es ihn jetzt nach Geld. Blutvergießen war in der letzten Zeit nur noch in zweiter Linie interessant. Strom mußte mittlerweile über dreißig sein.

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