Und jede Nacht ist Halloween
City-Blues
Es war ein grauer Januar-Dienstag, zu kalt, um einen Spaziergang zu machen, und noch zu früh, um sich einen Drink zu genehmigen. Ich saß an meinem Schreibtisch in meiner Detektivagentur Do It Right und schnippte Streichholzheftchen in einen Hut. Den Hut trage ich nie. Ich bin einfach kein Hutmensch.
Der letzte Wurf prallte vom Rand ab. Hätte ich Wetten gegen mich selbst abgeschlossen, wäre reichlich Geld umgesetzt worden. Der Block auf meinem Schreibtisch war mit einer in roter Tinte geschriebenen Liste meiner Vorsätze fürs neue Jahr gefüllt. Unter anderem: versuchen, mit dem Rauchen aufzuhören (unwahrscheinlich); aufhören, wahllos Sex zu haben (leider sehr wahrscheinlich), sparsam einkaufen (keine Alternative dazu) und sich nett benehmen (völlig außer Frage). Ich hoffte, es würde nicht zu lange dauern, die Vorsätze zu brechen. Vor allem den über Sex.
Ich hatte seit Monaten keinen Fall (oder Phall) mehr gehabt. Der letzte (Fall) war ein routinemäßiger Treue-Check. Er nahm ein böses Ende sowohl für meine Klientin als auch für mich: Sie verlor ihren Mann, und ich verlor meinen Freund. Es machte mir mehr aus als sonst, aber das ist eine andere Geschichte. Das Büro ist seit ungefähr dieser Zeit nicht mehr aufgeräumt worden. Meine Rundablage quoll über mit klebrigen Papierkartons, die einmal chinesisches Hühnchen à la General Tso beherbergt hatten, Zigarettenkippen und leeren Flaschen. Uralte Ausgaben des Daily Mirror stapelten sich in der Ecke neben der Garderobe. Der Teppich, in seiner Farbgebung so dezent, wie Orange es eben sein kann, hatte einen Staubsauger genauso nötig, wie der ganze Laden nach einem Küchenkrepp-Wisch jammerte. Selbst wenn ich die Energie oder Lust dazu gehabt hätte, würde ich es nicht machen. Aufräumen war Alex’ Job gewesen.
Ich sah aus meinem Bürofenster auf den Times Square. Rauch stieg aus der Neonreklame für das Marriott Hotel an der 45th Street auf. Auspuffgase von Hunderten von Autos wurden durch die Kälte weiß. Ansonsten war die Luft dick, schwarz und so bedrückend wie Krebs. Es ist immer noch New York da draußen. Herzschmerzhauptstadt der Welt.
An der Tür wurde geklopft — ein unerwarteter Ruck holte mich aus meiner stillen, kontemplativen Depression. Eine Sekunde lang dachte ich, es wäre Alex, der zurückkam, um meine Vergebung zu erflehen. Fast augenblicklich fiel ich in die Realität zurück. Sehr wahrscheinlich war es meine Nachbarin in Brooklyn und Ersatzmutter Santina Epstein. Sie ist Kosmetikerin und findet, alle meine Probleme würden sich von alleine lösen, wenn ich mich endlich zu einer Make-up-Beratung aufraffen würde. Seit Wochen ging ich ihr aus dem Weg und hatte auch heute keine Lust auf sie. Das Gehämmere hörte nicht auf. Ich stand langsam auf und öffnete die Tür.
Der Mann musterte mich zweimal von oben bis unten. Diese Art Höflichkeit zahlte ich mit gleicher Münze zurück. Er war riesig — 140 Kilo, 1,95 m mindestens, mit einer Aufmachung, die noch beeindruckender war als sein Umfang. Er hatte sich von seinen Motorradstiefeln aufwärts vollständig in schwarzes Leder eingedeckt — die Hosen offenbar eine Maßanfertigung von Omar dem Zeltmacher. Sein dunkles Haar war feucht und labberig wie schwarze Spaghetti in einem Sieb, und sein Kopf war entschieden zu klein für seine massige Gestalt. Seine Augen waren einfach winzig, nasse Schlitze in seinem Gesicht. Als er seine Handschuhe abzog, bemerkte ich die schwarzen Halbmonde unter seinen Fingernägeln — entweder ein Indiz für einen Mechaniker oder für eine katastrophale Hygiene. Das einzige, was an ihm ordentlich war, war sein Bart — er war gestutzt und gekämmt und einen Tick heller als seine Haare. Er roch nach Schmiere, nach Straße und nach gegerbtem Leder.
»Das wird schon reichen«, sagte er barsch und langte in seine Hosentasche. Ein henkelmanngroßes Bündel wurde herausgezerrt, von dem er zehn Scheine abpellte und mir in die Hand drückte.
Während ich zählte, fragte ich: »Glaubst du wirklich, das bin ich wert?« Es waren 1000 Dollar.
»Der Boß will mit dir reden. Auf geht’s. Meine Maschine steht unten.« Darauf würde doch sicherlich kein Platz für mich sein, es sei denn, ich sollte im Damensitz auf der Lenkstange sitzen — nicht gerade mein Stil. Ich faltete die Scheine zusammen und drückte sie ihm in die Hand. Ich ging zurück zu meinem Schreibtisch und setzte mich. Mein Stuhl ist ein bißchen niedrig. Mein Schreibtisch wackelt
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