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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Voraussetzung dafür: Der wirkliche Vater hat dieselbe Blutgruppe wie Ihr Mann – oder eine, die in Verbindung mit der Ihren die des Jungen möglich macht.«
    »Sie wird möglich sein! Sie muß möglich sein!« Valerie fuhr hoch.
    »Trotzdem … Die lange Zeit, die man da wartet, die Nervenanspannung … Ist es … ist es nicht zu machen, daß wir
vor
dem Prozeß zu einem Arzt gehen und unsere Blutgruppen feststellen lassen? Nur zu unserer Beruhigung? Sie verstehen schon …«
    »Ich verstehe schon«, sagte Forster traurig. »Nein, gnädige Frau, das ist nicht zu machen.«
    »Aber wieso nicht?«
    »Weil zu einer solchen Untersuchung ein serologisches Laboratorium gehört. Nach einer Bestimmung des Reichssippenhauptamtes haben alle Ärzte oder Institute, die solche Untersuchungen durchführen, diese sofort dem Reichssippenhauptamt zu melden – mit allen Namen und Einzelheiten. Und bei Prozessen wie dem von Ihnen angestrebten erkundigt sich das Gericht gleich zu Beginn beim Reichssippenhauptamt, ob schon eine Blutgruppenuntersuchung vorgenommen worden ist. Wenn ja, dann erblickt das Gericht darin … ich brauche nicht weiterzusprechen.«
    »Nein«, sagte Valerie, »das brauchen Sie nicht.« Sie fragte mit sehr leiser Stimme. »Und wenn nun die Untersuchung ergibt, daß der, den ich für den Vater halte, daß der – wegen dieses anderen Mannes, ich kann es mir nicht vorstellen, aber ich muß es wissen –, daß der als Vater doch nicht in Frage kommt, was geschieht dann?«
    »Dann«, sagte Forster, und das Herz tat ihm weh, »wäre allerdings eine sehr unangenehme Situation entstanden, die man
auch dann noch
in den Griff bekommen könnte, schwer zwar, aber doch, ja, ja, seien Sie beruhigt. Nur den Prozeß, den Prozeß hätten Sie dann natürlich verloren. Nun, also wie ist es? Ich mußte Ihnen das alles vorher sagen, Sie verstehen. Wollen Sie immer noch auf jeden Fall …« Er unterbrach sich selbst, denn das Telefon auf seinem Schreibtisch läutete. Er hob ab. »Ja?« Er rief erfreut: »Klever? Ich lasse ihn bitten, in das Konferenzzimmer zu gehen und ein wenig zu …« Er lauschte wieder. »Aber ich habe eine wichtige Besprechung! Eine halbe Stunde dauert das sicherlich noch …« Er hörte zu. »Na schön«, sagte er dann, »wenn das so ist … ich komme.« Er legte auf und erhob sich. »Verzeihen Sie bitte, gnädige Frau. Dringender Besuch, der nicht warten kann. Wollen Sie mich kurz entschuldigen?«
    Valerie gab keine Antwort.

27
    Silbern prangte das Abzeichen des NSRB , des ›Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes‹, auf der braunen Amtswalter-Uniform Peter Klevers: ein senkrechtes Schwert, oben mit dem Hakenkreuz als Herzstück eines stilisierten Adlers; seine Schwingen bildeten gleichzeitig die Parierstange des Schwertes, unter ihnen, an den Krallen, hingen je eine Waagschale, und über dem Hakenkreuz befand sich der Adlerkopf. Parteigenosse Ministerialrat Dr. Peter Klever, ein großer Mann mit breitem Gesicht, kurzgeschnittenem, drahtigem Haar und buschigen Augenbrauen, sah in der Uniform mit dem schweren Koppel, der roten Hakenkreuzbinde am linken Ärmel, der wie für einen Reiter geschnittenen Hose und den schwarzen Schaftstiefeln noch mächtiger aus, als er ohnehin war.
    »Otto!«
    »Peter!«
    Forster eilte durch den getäfelten Konferenzraum seiner Kanzlei, in dem ein langer Tisch und viele Stühle standen, auf den Besucher zu, der seine Tellerkappe abgenommen hatte, und schüttelte ihm herzlich die Hand. Danach klopften sie einander auf die Schultern. Klever – er sprach ein sehr preußisch gefärbtes Deutsch – strahlte.
    »Mensch, was ich mich freue, dich wiederzusehen!«
    »Und ich mich, Peter, und ich mich! Komm, setz dich …«
    »Keine Zeit. Sagte ich doch schon im Sekretariat. Ein Wagen wartet unten auf mich. Ich komme direkt von der Bahn. Und in ihrer Dienststelle warten schon ein paar Brüder von der Wiener Anwaltskammer auf mich. Große Sitzung.«
    Peter Klever war Anwalt gewesen wie Forster. Er hatte in Berlin, dann in Wien studiert. Als Mitglied des deutschen ›Sozialistischen Akademiker-Verbandes‹ war er gastweise in den österreichischen Verband gleichen Namens eingetreten und hatte da Forster kennengelernt. Sie waren gute Freunde geworden. 1933 wurde die deutsche, 1938 die österreichische Vereinigung verboten und aufgelöst. Doch im geheimen blieben die Kontakte bestehen, die Freundschaften der ehemaligen Verbandsmitglieder waren stärker und enger denn je.

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