Und Jimmy ging zum Regenbogen
Wimper zu zucken. »Natürlich konnte das nicht gutgehen, als er Sie dann auch noch betrogen hat, schlecht behandelt, vernachlässigt … wie?«
Nie, nie hat Paul mich betrogen, dachte Valerie, immer hat er nur mich geliebt und ich ihn, aber nun geht es um den Buben, nun muß es sein!
»Ja, dauernd diese Weibergeschichten«, murmelte sie. »Schrecklich war das.«
Sie wird ihr Taschentuch noch zerreißen, dachte Forster, und: Sie ist der Typ der klaren, sauberen, gesund empfindenden Frau, das sieht jeder. Ich werde ihr vielleicht am besten die Tour suggerieren, mit der ein Kollege in Frankfurt Erfolg hatte. Außerdem ist es wichtig zu wissen, was sie aushält, diese Frau, was man ihr zumuten kann. Er sagte: »Hat Ihr Mann Sie vielleicht betrogen, weil Sie – entschuldigen Sie, gnädige Frau, aber ich ich muß diese Frage stellen –, weil Sie ihm gewisse sexuelle Praktiken, widernatürliche natürlich, nicht gestatteten?«
Valerie schoß das Blut ins Gesicht. Sie konnte nicht antworten.
»Das Gericht wird noch viel intimere Dinge wissen wollen, gnädige Frau. Am besten, Sie bereiten sich gleich darauf vor. Sie sind eine Dame, die aus einem angesehenen, soliden Elternhaus kommt. Viele Fragen, die der Richter und der Kurator Ihnen stellen werden, wären auch für eine weniger ordentliche Frau als Sie beschämend, erniedrigend und peinigend. Aber es wird unerläßlich sein, daß Sie antworten – die Wahrheit natürlich«, sagte Forster, sein rechtes Ohr bearbeitend. »Die reine Wahrheit, immer. Denn Sie müssen damit rechnen, vereidigt zu werden. Das müssen alle Beteiligten. Und das sollten auch alle Beteiligten gleich von Anfang an wissen. Besonders der Vater des Kindes.« Er tat, als hätte sie seine Frage beantwortet: »Also widernatürliche sexuelle Wünsche, ich habe mir schon etwas Derartiges gedacht …«
Seine Stimme wurde leiser für Valeries Gehör, während sie dachte: So also bringt er mir bei, wie ich mich verhalten muß, was uns bevorsteht.
So bringt er mir bei, daß ich werde lügen, lügen, lügen müssen, meinen Paul mit Dreck bewerfen, verleumden, schlechtmachen, als ein Schwein hinstellen – und daß auch Martin Landau das tun muß. Er will sehen, ob ich durchhalte. Ich halte durch! Lieber Gott im Himmel, hilf mir jetzt, bitte. Es geschieht für den Buben, du weißt es. Hab Erbarmen. Paul will es. Laß alles gutgehen. Und mach, daß mir der Martin nicht zusammenbricht …
»Die Niederschrift, um die ich Sie gebeten habe, gnädige Frau, muß
präzise Angaben
enthalten: Namen, Orte, Gelegenheiten, Ereignisse. Alle diese Dinge müssen räumlich und zeitlich stimmen, was die Geburt des Jungen angeht. Und für alle diese Dinge brauchen wir Zeugen.«
»Ich habe eine Zeugin. Agnes Peintinger. Unsere Wirtschafterin. Sie war schon vor der Geburt meines Sohnes bei uns. Sie hat alles miterlebt. Sie wird meine Angaben bestätigen.« (Wenn Hochwürden Pankrater es ihr gestattet, dachte Valerie und fühlte, wie ihre Knie zu zittern begannen.)
»Eine Zeugin ist sehr wenig.«
»Da wäre noch die Schwester des Vaters. Die hat auch alles miterlebt … Aber die wird nicht aussagen.«
»Warum nicht?«
»Sie fürchtet sich … will nichts mit Gerichten zu tun haben … will in nichts hineingezogen werden …«
»Sehr bedauerlich. Aber verständlich. Völlig verständlich. So ein Prozeß ist gefährlich. Er kann – unter Umständen, wenn man bei krassen Lügen ertappt wird –
lebensgefährlich
werden, gnädige Frau.«
Valerie dachte: Wenn Martin das jetzt gehört hätte, daß es lebensgefährlich sein kann, was wäre dann, Allmächtiger, was wäre dann?
»Das Gericht darf auf Antrag des Kurators, also des Verteidigers der ehelichen Geburt, unseres Gegners, Zeugen vorladen und sie zur Aussage auffordern.«
»Tilly – ich meine die Schwester des Vaters – wird aber nicht aussagen!«
»Böse«, sagte Forster.
»Wieso böse?«
»Wenn sie von ihrem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch macht, dann zieht das Gericht natürlich Schlüsse daraus. Es muß doch noch andere Zeugen geben, die bereit sind, Ihnen zu …« Fast hätte ich ›helfen‹ gesagt, dachte Forster, verärgert über sich selbst. »Ich meine: Ihnen bei diesem Prozeß durch eigene Wahrnehmungen zu bestätigen, daß Sie und der wirkliche Vater die Wahrheit sagen. Wir brauchen unbedingt noch jemanden.«
Valeries Gesicht war grau geworden. Ihre Hände öffneten und schlossen sich ununterbrochen, Forster bemerkte es. Nicht
Weitere Kostenlose Bücher