Und Jimmy ging zum Regenbogen
siehst doch. Ein Freier …«
Der Louis strich ihr zärtlich über den Hintern.
»Setz dich, Herzerl. Heute nachmittag brauchst du keinen drüberlassen. Warst die ganze Woche so brav – bei dem Dreckswetter.«
Lucy-Baby setzte sich. Sie war gerührt.
»Das ist aber lieb von dir, Schorsch!«
»Und morgen fahren wir zum Gerngroß nach Mariahilf und kaufen das Kleid, das rote, was dir so gefällt.«
Lucy-Baby war den Tränen nahe.
»Wirklich? Du … du bist so gut zu mir, Schorschilein!«
»Nur gerecht. Fleiß muß belohnt werden«, sagte Schorschilein.
»Ich tu es doch gern, für dich …«
»Bei dem feinen Pinkel hättest du sowieso keine Chance«, sagte ein kahlköpfiger Süffel, der an einem Tischchen aus falschem Marmor saß, ein Weinglas vor sich auf der fleckigen Platte.
»Du leck mich am Arsch«, sagte Lucy-Baby hoheitsvoll.
»Richtig. Halt’s Maul, Tschecherant«, sagte Schorschilein und knallte vier Karten auf den Tisch. »Bube, Dame, König, As. Gemma scheißen, die Herren!«
Die anderen Spieler äußerten teils Unmut, teils Bewunderung.
»… Praterstraße, Café ›Eldorado‹. Da ging er hinein. Over.« Der Mann mit dem Handmikrophon, der in dem weißen Chevrolet saß und diese Worte sprach, trug einen Dufflecoat. Sein Wagen parkte ein Stück von Manuels Mercedes entfernt auf der verlassenen Straße. An diesem Tag hatten die Amerikaner die Bewachung Manuels übernommen.
»Okay, Eagle Master«, kam eine Stimme aus dem Lautsprecher des Chevrolets. Sie gehörte einem Mann im Senderaum der Zentrale am Hietzinger Kai. »Kann einer von euch mal an dem Lokal vorbeigehen und sehen, was er macht?«
Der Mann mit dem Mikrophon sah zu seinem Kollegen am Steuer, während er anwortete: »Charley war schon da. Unser Freund telefoniert. Moment! Jetzt kommt er heraus! Steigt in seinen Wagen. Fährt los. Wir folgen!«
»Okay, Eagle Master. Meldet euch bald wieder. Over.«
Eagle Master meldete sich in der Tat bald wieder: »Stardust, ich rufe Stardust …«
»Ich höre, Eagle Master.«
»Aranda ist zum Sicherheitsbüro gefahren. Er geht eben hinein. Jetzt! Sonntagnachmittag! Er muß irgend etwas herausgefunden haben. Verständigen Sie auf alle Fälle den Chef, Stardust. Wir bleiben hier und warten auf Aranda.«
»In Ordnung, Eagle Master. Bleiben Sie auf Empfang. Over …«
Eine Minute später läutete im Schlafzimmer von Gilbert Grants großer Wohnung, einer Villenetage in einer stillen, verschneiten Straße Hietzings, das Telefon. Der massige Amerikaner, der aussah wie ein Zwilling von Orson Welles, schlief noch – laut schnarchend, mit offenem Mund. Er hatte den Abend und einen großen Teil der vergangenen Nacht in Gesellschaft Fedor Santarins und zweier ihnen vorgesetzter Nachrichtenoffiziere verbracht, denen sie Bericht über alles Vorgefallene erstatten mußten. Das Treffen hatte in Santarins Wohnung stattgefunden, die sich direkt an die Büros der ›Vereinigung für österreichisch-sowjetische Studentenfreundschaft‹ in dem schönen Barockpalais an der Wollzeile anschloß. Santarins und Grants Verbindungsmänner, die bereits einer anderen, höheren Kaste angehörten und sich entsprechend hochmütig betrugen, waren dem Amerikaner derart auf die Nerven gegangen, daß er noch mehr als sonst getrunken hatte. Da tat man die ganze Drecksarbeit, so clever und so gut man konnte, und dann kamen diese Schweine und erteilten Worte des Lobes und des Tadels, Zensuren, Weisungen, neue Anordnungen aus. ›Danke‹ – das war ein Wort, das man von diesen Hunden
niemals
zu hören bekam, und wenn man die Sache noch so prima machte! Santarin, der hatte bessere Nerven. Der überspielte alles mit Zynismus und blieb gleichgültig. Zuletzt hatte er Grant noch nach Hause gebracht …
Nun fuhr der schwammige Amerikaner im Bett auf und griff nach dem Telefonhörer. Ihm war schwindlig. Ihm war schlecht. Er hatte auch noch zwei Pulver genommen, denn er war so wütend und erregt gewesen, daß er nicht hatte einschlafen können. Er mußte sich zweimal schleimig räuspern, ehe er überhaupt sprechen konnte. Auch sein Telefon besaß – wie das Santarins – einen Zerhacker und einen Entzerrer. Schweigend hörte Grant dem Bericht des Mannes aus der Zentrale an.
»Ist gut, ich komme rüber«, sagte er zuletzt. Er legte auf und telefonierte noch etwas benommen mit Santarin.
Der Russe, soigniert wie immer, sagte: »Die kleine Yvonne wird unserem Freund etwas erzählt haben.«
»Klar. Aber was?« Auf seinem
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