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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Anschnallen halfen. Während des Fluges blickte sie in düsterem Schweigen auf die Lehne des Vordersitzes und hielt den Pass umklammert, den sie bei der Einreise vorzeigen sollte. Das Essen auf dem Tablett rührte sie nicht an. Sie musste dauernd an Romeo denken. Vielleicht wäre er ja wirklich da. Vielleicht würde alles wieder gut, wenn sie ihn sah.
    Vielleicht würden sie einen neuen Traum finden.

124
    ES WAR IMMER der liebste Spazierweg von Roy Grace gewesen. Er führte unterhalb der Kreidefelsen östlich von Rottingdean entlang. Als Kind war er sonntags immer mit seinen Eltern hergekommen, es war eine Art Ritual gewesen. In letzter Zeit hatten er und Cleo sich angewöhnt, an seinen freien Sonntagen hier spazieren zu gehen.
    Er liebte die dramatische Landschaft, vor allem an rauen Tagen wie diesem, wenn ein frischer Wind wehte und die Flut herankam. Manchmal klatschte das Wasser bis auf den Strand und schleuderte Gischt und Kiesel über die niedrige Mauer auf den Weg. Die Schilder, die vor herabfallenden Felsbrocken warnten, machten die Sache noch abenteuerlicher. Er liebte den Geruch von Salz und Seetang und den Anblick der Frachter und Tanker am Horizont. Manchmal tauchte auch eine Yacht in der Nähe der Küste auf.
    Heute war der letzte Sonntag vor Weihnachten, und er hätte sich eigentlich unbeschwert fühlen sollen, voller Vorfreude auf die freie Zeit mit der Frau, die er liebte. Doch in seinem Inneren brodelte es wie im grauen Wasser des Kanals, das zu seiner Rechten toste.
    Beide waren warm eingepackt, und Cleo hatte sich bei ihm untergehakt. Plötzlich kam ihm der Gedanke, ob sie in fünfzig Jahren, wenn sie alt und runzlig wären, auch noch hier spazieren gehen würden.
    Humphrey trottete an der Leine vor ihnen her, ein Stück Treibholz wie eine Trophäe in der Schnauze. Ein kleiner brauner Hund schoss jaulend auf sie zu. Cleo kniete sich hin und streichelte ihn, doch er wich ängstlich zurück, als Humphrey das Holzstück fallen ließ und knurrte. Sie ermahnte ihn und näherte sich wieder dem kleinen Hund, doch er rückte erneut von ihr ab und lief davon, als sein Herrchen ihn rief.
    »So, großer Detektiv, wie fühlst du dich?« Sie hakte sich wieder bei ihm unter.
    »Ich weiß nicht recht«, antwortete er wahrheitsgemäß. Humphrey hob das Holzstück wieder auf.
    »Erzähl mal.«
    »Hat nicht der Herzog von Wellington gesagt, nur eine verlorene Schlacht sei noch schlimmer als eine gewonnene?«
    Sie nickte.
    »Genau das empfinde ich jetzt auch.«
    »Eines verstehe ich nicht. Wieso hat das medizinische Personal so lange geschwiegen?«
    »In Rumänien verdient ein Chirurg dreihundert Euro im Monat, in anderen medizinischen Berufen bekommt man noch weniger. Das ist der Grund. Sie haben alle ein Vermögen verdient und waren glücklich wie nur etwas.«
    »Und sicher auf dem Land versteckt.«
    »Die meisten konnten gar kein Englisch. Also gab es auch keinen Klatsch mit den Einheimischen. Schlau ausgedacht. Man holt sie her, lässt sie einen Haufen Geld verdienen und schickt sie wieder nach Hause. EU-Bürger unterliegen keinerlei Arbeitsbeschränkungen, und es werden keine Fragen gestellt.«
    »Und Sir Roger Sirius?«
    »Ihm ging es auch um die Kohle. Und um seine moralische Rechtfertigung.«
    Sie gingen ein Stück schweigend nebeneinanderher.
    »Sag mal, Grace. Angenommen, es wäre unser Kind gewesen. Was hättest du getan?« Sie klopfte mit der freien Hand auf ihren Bauch. »Wenn es irgendwann in der Zukunft diesem kleinen Menschen zustoßen sollte?«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn auch wir unser Kind nur retten könnten, indem wir eine Leber kaufen, was würdest du dann tun?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin Polizist. Es ist meine Pflicht, das Recht durchzusetzen.«
    »Genau das macht mir manchmal Angst.«
    »Es macht dir Angst?«
    »Hm, ja. Ich glaube, ich würde mich erschießen lassen, um mein Kind zu retten. Und ich wäre auch fähig, für mein Kind zu töten. Geht es letztlich nicht darum, wenn man Kinder hat?«
    »Du meinst also, ich habe falsch gehandelt?«
    »Nein, das wohl nicht. Aber ich kann die Mutter verstehen.«
    Grace nickte. »In einem der Philosophiebücher, die ich von dir habe, stand etwas von Aristoteles. Die schlimmste Strafe der Götter sei es, wenn eine Mutter ihr eigenes Kind überlebt.«
    »Das stimmt. Was glaubst du, wie die Frau sich jetzt fühlt?«
    »Ist denn das Leben eines rumänischen Straßenkindes weniger wert als das eines Mädchens aus der Mittelklasse von

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