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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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Dorf schlappte wie ein müder Krieger. Wie ein Soldat, der von seiner letzten Schlacht nach Hause kommt – ohne Rüstung, ohne Kameraden, ohne Sieg.
    Franz Marder bewunderte die gut geführten Pensionen und Ferienwohnungen, die rechts und links des Rosenwegs mit ihrer gemütlich-urigen Schwarzwaldromantik Touristen von nah und fern nach Nöggenschwiel einluden.
    Genauso viel Bewunderung empfand er, wenn er an die vier Bauernhöfe im Ort mit ihren idealistischen Besitzern dachte, die die Krisenzeiten der Landwirtschaft mit niedrigen Milchpreisen, hohen steuerlichen Abgaben und dem kaum erwähnenswerten Umsatz bisher noch halbwegs glimpflich überstanden hatten.
    Auch jetzt fühlte er sich immer noch wie einer von ihnen, wenngleich er schon lange keinen Hof, keine Kühe und keine Maschinen mehr besaß.
    Wehmütig schaute er zum Bauernhof seines Bruders hinüber, der im Rosendorf nicht nur der Landwirt mit den größten Ländereien war, was die Hektarzahl betraf, sondern auch der mit den meisten Kühen und den teuersten Maschinen. Sein Betrieb florierte und er brauchte sich keine Sorgen zu machen. Nicht wie Franz, der wegen seiner gutgläubigen Naivität, seiner irrationalen Vorstellungen und wegen des Verlusts eines ihm so vertrauten Menschen alles verloren hatte.
    Er biss sich auf die Lippen. Sein Kiefer bebte vor Wut und Verzweiflung. Minutenlang betrachtete er das große Anwesen und er stellte sich vor, er wäre es, der jetzt aus der Scheune kommen, den Traktor besteigen und aufs Feld hinausfahren würde. Es war sein Lieblingsfilm, der sich in seinen Gedanken immer und immer wieder abspielte.
    Ein Film, in dem seine Frau ihm, wie jeden Morgen, bevor er mit seinem Trecker hinausfuhr, eine Kanne Kamillentee in die Scheune brachte. In dem er noch mit der Sense die Außengrenzen seiner Felder abmähte und das getrocknete Gras zu großen Heuballen zusammenband. In dem er einfach er selbst, Franz Marder, sein durfte.
    Ein Wagen, der zu scharf um die Ecke bog und ihn dabei mit einem Schwall Regenwasser bespritzte, holte ihn aus dem Film seines vergangenen Lebens zurück. Ein tiefer Seufzer entwich seinen schmalen Lippen. Was hätte er dafür gegeben, wenn das alles nur ein böser Albtraum gewesen wäre und ihn jeden Moment das Rappeln des Weckers von diesem wahrgewordenen Horror befreit hätte.
    Mit einem letzten Blick auf den brüderlichen Bauernhof machte er auf dem Absatz kehrt und ging den Rosenweg zurück. Das Grundstück, zu dem er wollte, war nicht weit weg und nach wenigen Minuten war er über einen kleinen Kiesweg zum hinteren Teil des großen Hauses gekommen, in dem gut und gerne mehrere Familien wohnen konnten.
    Als er das Anwesen hinter sich gelassen hatte, eröffnete sich ihm der Blick in einen wunderschönen, weitläufigen und fast schon verwunschenen Garten. Nebelfetzen hingen zwischen den Tannen und den Rhododendronbüschen, die das Grundstück begrenzten. Goldregen und Wildrosen säumten einen Steinweg, der zum abgelegenen und vom Haus aus kaum einsehbaren Teil des Gartens führte.
    Franz Marder liebte diesen Garten, diese verlassene Ruhe und Zurückgezogenheit, die ihn so an die Gärten Cornwalls erinnerte. Unweigerlich musste er wieder an seine Martha denken. Sie beide hatten sich die verträumten Gärten so gerne in den Reisereportagen im Fernsehen angesehen und sich beide nichts mehr gewünscht, als einmal selbst nach Cornwall zu reisen und gemeinsam durch diese botanischen Paradiese zu wandeln. Doch sie hatten nie Zeit dafür gehabt, die Arbeit, die Tiere, der Hof waren all die Jahre vorgegangen und hatten es nicht erlaubt, auch nur für einen Tag irgendwohin zu fahren. Und jetzt, wo er Zeit, aber keine Arbeit, keine Tiere und erst recht keinen Hof mehr hatte, da war sie …
    Weiter konnte und wollte er nicht denken. Die Tränen liefen ihm über seine von der Sonne zerfurchten Wangen. Mehr und mehr füllten sich seine Augen mit Wasser und er musste aufpassen, auf den glatten Steinen nicht auszurutschen.
    Als er sich wieder etwas gefangen hatte, setzte er seinen Weg fort, denn er wusste, wenn es etwas gab, das ihn ablenken konnte, dann war es das, was er vor wenigen Tagen zum ersten Mal gesehen und ihn seitdem so sehr fasziniert hatte, dass er es unbedingt wiedersehen, berühren, streicheln musste.
    Die Zweige eines verblühten Goldregens hingen tief in den Weg hinein und streiften ihn,

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