Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
sich hinter der Fassade irgendeiner Demenz, an der sie gar nicht litt. In diesem Augenblick beschloss er, dieser Geschichte bis ins Letzte nachzugehen. Er würde herausfinden, wie dieses Grundstück in den Besitz seiner Mutter gekommen war und warum sie es leugnete. Ahnenforschung hatte ihn nie besonders interessiert, aber jetzt wollte er wirklich wissen, was los war. So schwer konnte es ja wohl nicht sein, Informationen darüber zu finden, wer auf diesem Grundstück gewohnt hat und wann sie es verlassen hatten. Er war schließlich Polizist, auch wenn er nicht einmal wusste, wann seine Großeltern gestorben waren. Über so etwas war niemals gesprochen worden, während er bei seiner schweigsamen Mutter aufgewachsen war. Als sein Vater starb, war er drei Jahre alt gewesen, und er konnte sich kaum an ihn erinnern.
»Ach, scheiß drauf!«, platzte er heraus. »Ich werde auch so herausfinden, was ich wissen will.«
Dann legte er auf, ohne die üblichen Höflichkeitsfloskeln oder das Versprechen, sich bald wieder zu sehen, oder irgendetwas anderes, das seine alte Mutter hätte erfreuen können. Und genauso sicher wie das Amen in der Kirche kam nur wenige Sekunden später das schlechte Gewissen über ihn, während er sich immer noch von seinem kleinen Wutausbruch erholte. Er würde sie im Laufe des Tages noch einmal anrufen müssen und so tun, als wäre nichts gewesen, und dann wäre diese ganze Angelegenheit vergessen. Das waren die Regeln in seinem Elternhaus. Aber was die Kernfrage betraf, würde er dieses Mal nicht aufgeben.
Er suchte sich einen Weg durch die Bäume zurück zum Auto. Bevor er von dem verlassenen Grundstück auf den zugewucherten Weg trat, drehte er sich noch einmal um und betrachtete ein letztes Mal seinen Grund und Boden. Mit frisch erwachtem Enthusiasmus stellte Sjöberg fest, dass er seine Bau-und Rodungspläne keinesfalls aufgeben wollte.
Als er wieder hinter dem Steuer saß und Fellingsbro als Ziel ins Auge gefasst hatte, klingelte das Handy. Es war gerade erst elf, aber Gabriella Hansson ließ schon von sich hören.
»Ich vermute, dass ihr mit dem Fall Catherine Larsson gut vorankommt«, eröffnete sie das Gespräch.
»Das würde ich nicht behaupten.«
Sjöberg ahnte, was kommen würde, und hatte zwiespältige Gefühle.
»Kommt ganz darauf an, wie man es sieht«, fuhr er fort, ohne näher auf seine Gefühlslage einzugehen, bei der die Hoffnung, schnell den Mörder zu überführen, mit dem Wunsch kollidierte, einen Kollegen zu schützen. »Hast du irgendwelche Ergebnisse für mich?«
»Natürlich. Der Vaterschaftstest ist fertig. Christer Larsson ist der Vater der Kinder.«
Sjöberg nahm den Bescheid nicht ohne Erleichterung entgegen.
»Gut, das hatten wir erwartet. Und weiter?«
»Das SKL hat in beiden Pullovern Haare sicherstellen können. Eine klassische DNA-Analyse konnte nicht durchgeführt werden, weil man keine lebenden Wurzeln gefunden hat. Stattdessen wurde eine mitochondriale DNA-Analyse durchgeführt, aber aus Mangel an Vergleichsmaterial kann man im Augenblick keine weiteren Schlussfolgerungen ziehen. Außer natürlich, dass beide Pullover von derselben Person getragen wurden.«
Sjöberg nahm die Information schweigend zur Kenntnis. Es war ja keine Überraschung, dass beide Pullover Einar gehörten.
»Die Fingerabdrücke auf den Objekten, die Sandén mir vor einer Stunde geschickt hat, stimmen mit den Abdrücken aus Catherine Larssons Wohnung überein. Sie sind sowohl auf beweglichen als auch auf festen Gegenständen gefunden worden, auf der Kühlschranktür zum Beispiel, sodass man daraus schließen kann, dass sich die fragliche Person dort aufgehalten hat.«
Auch das überraschte Sjöberg wenig. Dass Einar Eriksson Catherine Larsson und die Kinder besucht hatte, war ja ganz selbstverständlich, wenn man bedachte, wie nahe sie sich gestanden hatten. Das bedeutete allerdings nicht, dass er sie auch umgebracht hatte. Es wäre ihm eher unheimlich erschienen, wenn sie Einars Abdrücke nicht in der Wohnung gefunden hätten, denn das hätte darauf hinweisen können, dass er einen Grund dafür gehabt hätte, seine Spuren zu verwischen; nicht nur vor seiner Frau und anderen Neugierigen, wie im Falle der Zahlungen an Catherine Larsson, sondern auch vor den Kriminaltechnikern.
»Gut«, sagte Sjöberg nur. »Noch etwas?«
»Dann war da noch die Sache mit den Schuhen«, sagte Hansson.
Sjöberg erstarrte und hoffte, dass die engagierte Kriminaltechnikerin keine unwillkommenen
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