Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
wurde alles andere im Raum schwarz. Er zog es vor, die Gegenstände zu sehen, die ihn umgaben, deshalb richtete er seinen Blick auf ein paar Dosen im Regal. Er schaute hin, aber er sah nichts. In seinen Gedanken war es Mai, ein strahlender Frühlingstag vor vielen Jahren. Er stand am Wohnzimmerfenster, hatte den Arm um die Taille seiner Frau gelegt und schaute den Nachbarsjungen zu, die auf dem Hof spielten. Ein Lüftungsfenster war geöffnet, und der Wind spielte in den weißen Gardinen neben ihnen. Waren sie tatsächlich weiß, oder schien es ihm nur so, weil alle Erinnerungen an diesen Tag wie in einen milchigweißen Schleier gehüllt waren?
Sie hätten auch auf dem Balkon sitzen können, wenn dort nicht ihr kleines Begrünungsprojekt gelaufen wäre. Der Tisch und die beiden Stühle standen ordentlich zusammengeklappt an die Wand gelehnt, und der Betonfußboden war mit Zeitungen bedeckt. Ein Sack mit Erde lag zur Hälfte ausgeschüttet auf der Zeitungsunterlage, und darum herum standen ein Dutzend ineinandergestapelte Blumentöpfe und ein paar Kisten mit Pflanzen. Der Duft der Erde vom Balkon vermischte sich mit dem Geruch frisch gemähten Rasens, der vom Hof heraufstieg.
Es war Samstag, und ein paar ältere Kinder hatten alle Schaukeln in Beschlag genommen, sodass sich die beiden kleinen Jungen bis auf Weiteres mit dem Sandkasten begnügen mussten. Jeder buddelte zerstreut mit seinem kleinen Spaten im trockenen Sand herum und warf verstohlene Blicke zu den Schaukeln hinüber. Aber sie wagten es nicht, sich den größeren Kindern zu nähern, obwohl ihre Mutter direkt daneben auf einer Bank saß und in einer Illustrierten blätterte.
»Willst du auch so welche haben?«, fragte er und ließ seine Hand langsam ihr Rückgrat hinaufwandern, bis sie die weichen Haare in ihrem Nacken erreichte.
»Nein, ich will ein paar von dem da haben«, antwortete sie, drehte sich zu ihm um und kniff ihn in die Wange. »Nur kleiner«, fügte sie mit einem Lachen hinzu.
Er legte die Arme um sie und drückte sie an sich. Eine Weile blieben sie schweigend so stehen. Sein Blick fiel erneut auf die beiden kleinen Jungen im Sandkasten, und er beobachtete, wie sie gleichzeitig aufsprangen und zu etwas hinüberrannten, das sich außerhalb seines Gesichtsfelds befand. Nach ein paar Sekunden kamen sie zurück und zogen jeder an einer Hand ihren Vater hinter sich her. Die Mutter stand auf und sagte etwas zu ihm. Sie rollte ihre Zeitschrift zusammen und entfernte sich von ihnen. Bevor sie verschwand, sah er noch, wie sie den Jungen irgendetwas Alltägliches, Unsentimentales über die Schulter zurief, bevor sie sie verließ oder von ihnen verlassen wurde. Er dachte – nicht in jenem Augenblick, sondern später –, dass sie keinen von ihnen umarmt hatte, dass sie ihre rosigen Wangen nicht geküsst hatte, bevor sie ging, dass sie ihnen nicht über das Haar gestreichelt und ihnen gesagt hatte, wie sehr sie sie liebte. Damals dachte er, natürlich, bald ist es zehn, sie muss zu ihrer Arbeit im Frisiersalon.
»Dein Magen knurrt«, sagte sie und befreite sich aus seinen Armen. »Komm, lass uns frühstücken.«
Sie briet Eier mit Speck, während er den Küchentisch deckte. Durch das Fenster sah er, wie die größeren Kinder die Schaukeln verließen und die kleinen Nachbarsjungen blitzschnell herbeiliefen, um sie zu übernehmen. Ihr Vater hatte auf seiner Bank Gesellschaft von einem anderen Mann bekommen. Sie unterhielten sich, und ihre Körpersprache verriet, dass sie sich schon länger kannten.
Nachdem sie ihr spätes Samstagsfrühstück beendet hatten, ließen sie den Abwasch stehen und krochen noch einmal zurück ins Bett. Es war schon halb eins, als sie fertig waren, in der Küche aufgeräumt und die Gartenhandschuhe übergezogen hatten, um das Begrünungsprojekt auf dem Balkon erneut in Angriff zu nehmen.
Da klingelte es an der Tür.
*
Ohne viele Worte gingen sie Seite an Seite zum Trålgränd zurück, wo sie die Nachbarn befragen sollten. Hamad unternahm ein paar ungeschickte Versuche, eine Konversation in Gang zu bringen, aber Petra war nicht in der Stimmung, Theater zu spielen. So zu tun, als sei nichts gewesen. Er existierte nicht für sie, nicht als Mensch. Als Polizist schon. Sjöberg beharrte ja darauf, sie ständig als Zweierteam auf dieselben Aufträge anzusetzen, und Petra war professionell. Sie würde niemals zulassen, dass ihre Arbeit unter ihren Gefühlen litt. Aber es konnte nie wieder wie früher werden. Es war undenkbar,
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