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Und so verlierst du sie

Und so verlierst du sie

Titel: Und so verlierst du sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junot Díaz
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abgeschlachtet, hierher hat der Jefe seine Freundinnen gebracht, hier hat Balaguer seine Seele an den Teufel verkauft. Und Magda schien es zu gefallen. Sie nickte. Antwortete ab und zu. Was soll ich sagen? Ich dachte, ich spüre positive Schwingungen.
    Wenn ich so zurückdenke, gab es wohl doch Anzeichen. Erstens ist Magda nicht der stille Typ. Sie ist eine Quasselstrippe, eine verdammte boca, und wir hatten dieses kleine Ritual, dass ich eine Hand hochhielt und sagte: Auszeit, und dann musste sie mindestens zwei Minuten lang ruhig sein, damit ich erst mal verarbeiten konnte, was sie so von sich gegeben hatte. Sie wurde dann verlegen und kleinlaut, aber nicht so verlegen und kleinlaut, dass sie nicht sofort wieder losgelegt hätte, wenn ich sagte, Okay, du darfst wieder.
    Vielleicht lag es an meiner guten Laune. Ich hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit Wochen wieder entspannt zu sein, nicht mehr ständig darauf zu lauern, dass etwas zerbrach. Es ärgerte mich zwar, dass sie ihren Mädels unbedingt jeden Abend Bericht erstatten musste, als würden die erwarten, dass ich sie umbringe oder so was, aber scheiß drauf, ich dachte trotzdem, es ginge uns besser als je zuvor.
    Wir waren in diesem schrägen Budget-Hotel in der Nähe der Pucamaima. Als ich auf dem Balkon stand und mir den Großen Bären und die Stadt bei Stromausfall ansah, hörte ich sie weinen. Ich dachte, es wäre was Ernstes, suchte die Taschenlampe und ließ den Lichtschein über ihr von der Hitze verschwollenes Gesicht gleiten. Was hast du?
    Sie schüttelte den Kopf. Ich will hier nicht sein.
    Wie meinst du das?
    Was daran verstehst du nicht? Ich. Will. Hier. Nicht. Sein.
    Diese Magda kannte ich nicht. Die Magda, die ich kannte, war superhöflich. Sie klopfte an, bevor sie eine Tür aufmachte.
    Fast hätte ich gebrüllt, Was zum Teufel ist los mit dir? Aber das habe ich nicht. Am Ende habe ich sie in die Arme genommen und gewiegt und sie gefragt, was los ist. Sie hat lange geweint, und nach einer Weile hat sie angefangen zu reden. Mittlerweile war auch das Licht wieder angegangen. Sie rückte damit raus, dass sie nicht wie ein Landstreicher durch die Gegend gondeln wollte. Ich dachte, wir fahren zum Strand, sagte sie.
    Wir fahren auch zum Strand. Übermorgen.
    Können wir nicht jetzt fahren?
    Was sollte ich machen? Sie trug nur Unterwäsche und wartete darauf, dass ich etwas sagte. Womit platzte ich also heraus? Baby, wir machen, was du willst. Ich rief im Hotel in La Romana an, fragte, ob wir früher kommen konnten, und am nächsten Morgen organisierte ich uns einen Schnellbus in die Hauptstadt und einen zweiten nach La Romana. Ich sagte nicht ein beschissenes Wort zu ihr, und sie sagte auch nichts zu mir. Sie wirkte müde und beobachtete die Welt vor dem Fenster, als würde sie erwarten, dass die vielleicht zu ihr sprach.
    Gegen Mittag an Tag 3 unserer Quisqueya-Bußetour saßen wir in einem Bungalow mit Klimaanlage und guckten HBO . Genau da wollte ich sein, wenn ich in Santo Domingo war. In einer beschissenen Ferienanlage. Magda las ein Buch von einem Trappisten und wirkte etwas besser gelaunt, und ich hockte auf der Bettkante und hantierte mit meiner nutzlosen Landkarte herum.
    Ich dachte, Jetzt habe ich mir aber was Schönes verdient. Was mit Körperkontakt. Magda und ich nahmen Sex ziemlich locker, aber seit der Trennung lief es komisch. Erstens passierte es nicht mehr so häufig wie vorher. Ich habe schon Glück, wenn ich einmal die Woche ran darf. Ich muss leise drängeln und den Anfang machen, sonst vögeln wir gar nicht. Und sie tut so, als wollte sie nicht, und manchmal will sie wirklich nicht, und ich muss mich bremsen, aber manchmal will sie doch, und dann muss ich ihre Muschi berühren, um das Ganze anzuschieben, um zu fragen, Na, wie wär’s mit uns beiden, mami? Und dann wendet sie den Kopf ab, was heißen soll, Ich bin zu stolz, deinen tierischen Gelüsten einfach so nachzugeben, aber wenn du weiter den Finger in mich steckst, halte ich dich nicht auf.
    Heute fingen wir gut an, aber mittendrin meinte sie, Warte, wir sollten das nicht machen.
    Ich wollte wissen, warum.
    Sie schloss die Augen, als würde sie sich schämen. Vergiss es, sagte sie und bewegte unter mir die Hüften. Vergiss es einfach.

    Ich würde euch am liebsten gar nicht verraten, wo wir sind. Wir sind in Casa de Campo. Ein Ort, der keine Scham kennt. Die meisten Arschlöcher würden diese Ferienanlage lieben. Sie ist die größte, wohlhabendste der ganzen Insel, was

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