Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
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W ie Julia Roberts fühlte ich mich nicht gerade, als ich die stickige, überfüllte Londoner U-Bahn verließ. Nirgendwo standen Paparazzi und warteten darauf, jede noch so kleine Bewegung von mir abzulichten – wenn man einmal von zwei japanischen Touristen absah, die ein schwarzes Londoner Taxi fotografierten.Wahrscheinlich sah ich Julia Roberts aber auch gar nicht ähnlich, als ich mit meinem alten blauen Rollkoffer über den Bürgersteig rumpelte und ehrfürchtig den Londoner Stadtteil Notting Hill betrachtete, den ich so gut zu kennen glaubte.
Für gewöhnlich verglich man mich eher mit einem anderen Filmstar – einer Hollywood-Schauspielerin aus alten Zeiten. Mit meinem rabenschwarzen Haar und den grünen Augen ließ sich eine gewisse Ähnlichkeit mit Vivien Leigh aus dem Film Vom Winde verweht vielleicht wirklich nicht leugnen. Da meine Eltern mich freundlicherweise auch noch auf den Namen Scarlett getauft hatten, trug dieser Name sein Übriges dazu bei.
Es sieht alles ganz anders aus als im Kinofilm , dachte ich enttäuscht, als ich die Portobello Road hinunterwanderte, auf der sich viele Antiquitäten- und Kunsthandwerksläden aneinanderreihten. Wo war bloß dieser pulsierende Markt, über den Hugh Grant geschlendert war und auf dem exzentrische Händler ihre verrückten, wahnwitzigen Waren anboten? Zwar gab es durchaus ein paar Marktstände, doch man konnte einen Obst-und-Gemüse-Stand sowie einen zwielichtigen Verkäufer, der Uhren feilbot, wohl kaum mit einem Hollywood-Film vergleichen.
Schon immer habe ich alle Filme geliebt, in denen Hugh Grant mitspielt. Keine Ahnung, warum – er ist nämlich eigentlich gar nicht mein Typ; ich mag es einfach nur, ihn auf der Leinwand zu sehen. Am allerglücklichsten war ich in der Ära von Vier Hochzeiten und ein Todesfall , Notting Hill und Bridget Jones . Einen Hugh-Grant-Film anzuschauen, hat etwas sehr Tröstliches. Man weiß eben vorher schon, dass in den ersten drei Minuten weder jemand in die Luft gesprengt noch gequält wird, und das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, einen schlaksigen Waliser dabei zu beobachten, wie er in Unterhosen Mayonnaise isst.
Ich bin mir sicher: In der Wegbeschreibung stand, dass ich in der Nähe eines Cafés abbiegen muss … Ich warf einen Blick auf den Zettel in meiner Hand. Ich sollte mich wirklich darauf konzentrieren, zuerst das Haus zu finden. Danach kann ich mich immer noch um den ganzen Filmkram kümmern.
Suchend schaute ich mich nach einem Straßenschild um.
Oh, ist das nicht das Haus mit der blauen Haustür, in dem Hugh Grant im Film gelebt hat? Nein, Scarlett, jetzt konzentrier dich und hör auf damit, mit offenen Augen zu träumen! Du bist hergekommen, um allen etwas zu beweisen. Lass ja nicht zu, dass die anderen recht behalten!
Schließlich fand ich die richtige Nebenstraße, bog von der Portobello Road ab und setzte meinen Weg fort. Aber sofort wurde ich wieder abgelenkt, dieses Mal jedoch aus gutem Grund. Es wäre sogar geradezu unverschämt gewesen, nicht anzuhalten und mich kurz umzuschauen. Denn vor mir erblickte ich den Buchladen.
Kennt ihr den Travel Bookshop ? Die Buchhandlung aus dem Film Notting Hill , in der sich Hugh Grant und Julia zum ersten Mal begegnen? Zögerlich blieb ich auf der Türschwelle stehen. Ich sollte wirklich lieber weitergehen und das Haus ausfindig machen, aber das hier war der Buchladen . Ein paar Minuten würden sicherlich nicht schaden.
Drinnen stellte ich schnell meinen Koffer ab und bemühte mich, in nicht allzu große Verzückung auszubrechen, als ich sah, wie sehr der echte Laden der Buchhandlung aus dem Film glich.
Also ging ich weiter nach hinten durch und musterte die Regale, wobei ich so tat, als sei ich tatsächlich daran interessiert, mir ein Buch zu kaufen. Hoffentlich sah ich nicht wie ein Tourist aus, der hier bloß herumlungerte, um Hugh Grant hinter der Ladentheke zu entdecken, wie er gerade einen Kunden bediente!
»Wunderbares Land, Nepal«, erklang eine Stimme neben mir. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass jemand neben mir stand, so hingerissen war ich, mich tatsächlich in einem meiner Lieblingsfilme zu befinden. »Waren Sie schon einmal dort?«
Mein Blick fiel auf das Buch über die Gebirgszüge des Himalayas, das ich in der Hand hielt.
»Bitte? Oh … ähm, nein. Und Sie?«, fragte ich. Als ich mich zu der Stimme umdrehte, stand ein junger Mann vor mir, der ein Buch in das Regal neben mir zurückstellte.
»Ja, obwohl es schon einige Jahre
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