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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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schließlich alte Freunde und Schulkameraden. Oder nicht, Botoni?«
    Botoni wollte antworten, brachte aber keinen Ton heraus. Dr. Wachsmann sprang ihm bei.
    »Bei Wohnungsvermietungen gibt es keine Sentimentalitäten. Das Mieterschutzgesetz legt fest, daß Sie eine Wohnung, die Sie einmal bezogen haben, nie wieder verlassen müssen. Ich bitte Sie daher um eine Kaution von 8000 Pfund.«
    »Warum?« fragte ich. »Die Wohnung ist doch höchstens 6000 Pfund wert.«
    »Richtig«, bestätigte Dr. Wachsmann. »Eben deshalb verlange ich ja eine höhere Summe. Sie werden dann die Wohnung um so lieber räumen. Ich verlange die Summe in bar und werde sie nach Ihrem Auszug noch ein weiteres Jahr einbehalten, damit Sie nicht versuchen, die Wohnung auf betrügerischem Weg wieder zu beziehen. Wenn Sie mit diesen Bedingungen einverstanden sind, bekommen Sie die Schlüssel.«
    Ich nahm einen Kredit auf und brachte dem Anwalt das Geld. Als ich es auf den Tisch legte, fiel Botoni mit einem leisen Aufschrei in Ohnmacht.
    »In Ordnung«, sagte Dr. Wachsmann, nachdem er nachgezählt hatte. »Jetzt ist nur noch eine Kleinigkeit zu regeln. Was geschieht, wenn das Geld abgewertet wird?«
    »Ich erkläre hiermit an Eides Statt, daß ich die Wohnung auch dann räumen werde.«
    »Bei Vermietungen gibt es keine eidesstattlichen Erklärungen. Wir brauchen Garantien. Ich schlage vor, Sie adoptieren Herrn Botoni und setzen ihn als einzigen Erben Ihres gesamten Vermögens einschließlich der Mietrechte an seiner Wohnung ein. Unwiderruflich. Es ist, wie gesagt, nur eine Formalität.«
    Ich gab ihm recht, adoptierte meinen Schulkameraden Botoni und machte mein Testament. Auf Dr. Wachsmanns Wunsch übernahm ich auch noch die Beerdigungskosten und die Erbschaftssteuer. Ich übergab ihm meinen Familienschmuck, den ich für Notfälle aus Europa mitgebracht hatte, und dann war auch schon alles erledigt. Am nächsten Tag sollte ich die Schlüssel bekommen.
    Mein Stiefsohn saß während der ganzen Zeit zusammengekauert in einer Ecke und wimmerte.

    *

    Am nächsten Tag bekam ich die Schlüssel nicht. Mit Engelsgeduld erklärte mir Dr. Wachsmann, daß für den Fall eines vorzeitigen Ablebens seines Mandanten bestimmte Regelungen zu treffen wären. Ich sollte deshalb beim Oberrabbinat ansuchen, über mich den »großen Bannfluch« zu verhängen, falls ich nach Ablauf eines Jahres auch nur einen Tag länger in der Wohnung bliebe.
    Kaum hatte ich das Dokument unterzeichnet, erlitt Botoni einen Nervenzusammenbruch. Er sprang auf, begann zu brüllen, beschuldigte seinen Anwalt, daß er nicht sorgfältig genug wäre, außerdem sei ich kein religiöser Mensch und kümmerte mich nicht um Bannflüche, und er, Botoni, spüre in allen Knochen, daß er seine Wohnung nun endgültig verloren habe.
    Nach einer kurzen Beratung der beiden Herren erklärte mir Dr. Wachsmann, daß er sich den Argumenten Botonis anschließe. Deshalb müsse ich von einem Mitgliedsstaat im UNO-Sicherheitsrat eine Garantie vorlegen, daß er im Falle einer nicht fristgerechten Freigabe der Wohnung bereit wäre, militärisch gegen Israel vorzugehen.
    Wir einigten uns auf Frankreich. Ich mobilisierte alle meine Verbindungen und bekam tatsächlich die Unterschrift des französischen Botschafters, nachdem ihn der Quai d’Orsay aufgeklärt hatte. Dann blieb nur noch eine letzte Formalität, nämlich der Kauf einer Dreizimmerwohnung in Tel Aviv auf den Namen Dr. Wachsmann. Durch eine Zusatzerklärung erteilte ich einer von Dr. Wachsmann vertretenen Firma, die Insektenvertilgungsmittel erzeugte, das unwiderrufliche Recht, die Wohnung Botonis nach Ablauf eines Jahres mit Kohlenmonoxyd auszuräuchern, falls ich dann noch darin wohnte.
    Jetzt konnte der Vertrag endlich geschlossen werden. Er war 28 Seiten lang und sagte aus, daß die betreffende Wohnung großherzig und in gutem Glauben an mich - im folgenden kurz »Der Eindringling« genannt - für die Dauer eines Jahres von Herrn Julius Botoni - im folgenden kurz »Der Wohltäter« genannt - gegen eine monatliche Zahlung von 100 Pfund vermietet wurde, unter der Voraussetzung, daß der Eindringling keinerlei Recht habe, länger als ein Jahr in der Wohnung des Wohltäters zu bleiben.
    Ich studierte den Vertrag, und schon zwei Tage später unterschrieben wir ihn. Botoni erhob sich mühsam aus seinem Rollstuhl, übergab mir mit zitternder Hand die Schlüssel, zischte ein paar beleidigende Worte und fiel tot um. Ich dachte zuerst, er wäre aus Angst um seine

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