...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
Meinung, daß das Wasser durch die Poren der Glasscheiben dringt.
»Halt deine vorlaute Klappe«, fahre ich sie an, »sonst stopfe ich sie dir.«
Methode 4: Stopfen
Aber womit? Wir haben keinerlei Stopfmaterial zu Hause. Halt - unsere künstlerisch hochbegabte Tochter formt gerne allerlei hübsche Figuren aus einem ekelhaften Knetgummizeug. Wir klauen ihr die rote Masse, öffnen das Fenster, und ungeachtet der heftigen Regengüsse, die brutal auf uns herniederprasseln, stopfen wir den ganzen Fensterrahmen mit Knetgummi zu. Wie Matrosen auf dem Mast der Fregatte hängen wir zwischen dem stürmischen Meer und dem gnadenlosen Himmel, die grellen Blitze sind unser einziges Licht. Ahoi! Nach getaner Arbeit sind wir zufrieden und haben Angina. Das Wasser dringt immer noch ein.
Pflupp!
Gut, gut, es war uns schließlich klar, daß der Knetgummi nur eine Zwischenlösung sein konnte. Schon nach zehn Minuten liegt er auf der Straße. Am nächsten Morgen macht sich die Beste auf und kauft in einem Do-it-yourself-Laden professionellen Fensterkitt und einen Spachtel. Wir nützen die zwei Stunden, in denen der Regen eine Atempause einlegt, und stopfen alles mit der
klebrigen Masse zu, die wir mit unseren Schuhen gleichzeitig in die entferntesten Ecken unserer Wohnung tragen.
Nach dem Wiedereinsetzen des Sauwetters haben wir den Eindruck, das Wasser dringe jetzt viel leichter ein. Wir wechseln zu »Plastikzement«, einem wissenschaftlich erprobten Material, wasserfest und absolut undurchlässig, besonders geeignet für hermetisch geschlossene Balkons. Man stopft es zwischen Fenster und Rahmen, zwischen Fenster und Fenster, zwischen Rahmen und Wand, zwischen Tür und Angel und überhaupt. Gestopft wird in zwei dicken Schichten, und siehe da, das Wasser dringt nicht mehr ein. Es sei denn, draußen regnet es.
Methode 5: Die Kapitulation
Oh nein, keine Kapitulation im herkömmlichen Sinn. Eher ein Sieg des gesunden Menschenverstands. Warum gegen Naturgewalten ankämpfen? Das Wasser will eindringen, bitte schön, soll es.
Wir stellen Töpfe unter die Tropfen, und so zähmen wir nicht nur die Fluten, sondern sammeln auch den für unser Land so segensreichen Regen. Der kleine Balkon wird nicht mehr überschwemmt, es sei denn, die Töpfe sind voll und laufen über. Na und, wir stellen die Töpfe einfach in größere Töpfe, und so wird auf schlaue Weise sichergestellt, daß das Wasser von den kleinen in die großen Töpfe läuft, und nicht etwa in den angeschimmelten Kronleuchter.
Der einzige Haken an diesem System: Auch die großen Töpfe sind irgendwann voll. Da kann man nichts machen.
Methode 6: Nach uns die Sintflut
Normalerweise dauert es etwa zwei Wochen, bis die ideale Lösung gefunden wird: die Tür zwischen Balkon und Küche. Diese Tür kann nämlich geschlossen werden. Und von nun an sieht niemand mehr, was sich auf der anderen Seite abspielt. Der segensreiche Regen kann eindringen oder draußen bleiben, wie er will. Wir sind drinnen, der Dschungel ist draußen, der Kontakt zum Balkon ist unterbrochen. Jetzt müssen die Körbe, die Koffer und die Kartoffeln selber für sich sorgen.
Und dann, erst dann, ist der Balkon wirklich und wahrhaftig ein hermetisch geschlossener Balkon.
Die unvollendete Stadt
Es ist ein gutes halbes Jahrhundert her, da blieben zwei Juden in einer öden Sandwüste stecken, und einer von ihnen stellte fest, daß hier kein menschliches Wesen überleben könne. Der andere behauptete, daß überall, wo ein Wille ist, auch ein Weg sei, und sie schlossen eine Wette ab. So wurde Tel Aviv gegründet.
Wer die Wette gewonnen hat, ist bis heute nicht entschieden.
Als Tel Aviv etwa 1500 Seelen zählte, war der Lärm so groß, daß 5000 Einwohner das Weite suchten. Die Planung wurde immer chaotischer. Straßen, für 10000 Passanten angelegt, waren viel zu eng, um einen halbwegs flüssigen Verkehr für 50000 Menschen zu garantieren, so daß selbst die größten Optimisten nicht an die Zukunft Tel Avivs glaubten. Und tatsächlich, die düstere, unschöne Stadt wirkte schon durch den völligen Mangel an erfrischenden Grünflächen deprimierend auf ihre 100000 Einwohner. Bedenkt man obendrein, daß sie über eine vorsintflutliche Kanalisation verfügt, dann versteht man, warum sie nur 150000 Einwohner hat. Tel Aviv, wirmüssen es leider zugeben, ist wirklich nicht attraktiv. Wie vielen Juden kann man auch zumuten, in einem total übervölkerten Häuserhaufen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen zu
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