Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
Angesichts des gewaltigen Erfolges, den die Nachdrucke des bereits totgeglaubten Hexers im Taschenbuch hatten, erhörte man im Bastei-Verlag nur zu gerne die in fast täglich eintrudelnden Briefen von Fans geäußerte Bitte nach neuen Abenteuern Robert Cravens. Und Wolfgang Hohlbein seinerseits erhörte nur zu gerne die Bitte des Verlages, er möge eine solche Fortsetzung schreiben.
Nur gab es da ein kleines Problem: Als beschlossen wurde, die eigenständige Heftserie einzustellen, hatte niemand damit gerechnet, dass dem Hexer noch einmal ein neues Leben beschieden sein würde, weshalb Wolfgang ihn im letzten Band sterben ließ, während gleichzeitig ein Sohn Roberts geboren wurde.
Wie sollte eine Fortsetzung nun aussehen? Der Titel des neuen Buches stand bereits fest, es sollte »Der Sohn des Hexers« heißen. Aber war es wirklich sinnvoll, Roberts Sohn zur neuen Hauptperson zu machen? Um ihn nicht schon als Kind auf Dämonenjagd zu schicken, hätte die Handlung gegenüber Heft 49 um rund zwanzig Jahre in die Zukunft verlegt werden müssen. Das typische Flair der Handlungsepoche gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts wäre verloren gegangen und andere beliebte Hauptpersonen wie Howard und Rowlf wären so alt geworden, dass sie dem neuen Hexer kaum noch eine aktive Hilfe gewesen wären. Außerdem hätte sich vieles wiederholen müssen, wenn Roberts Sohn von seiner Bestimmung erfahren und allmählich seine magischen Kräfte zu entwickeln begonnen hätte.
Was aber war die Alternative, nachdem Robert selbst nun einmal definitiv tot war? Das Grübeln über diese Frage dürfte Wolfgang damals manche schlaflose Nacht bereitet haben. Als Co-Autor diverser Hexer-Romane bat er auch mich um Vorschläge. Stundenlang diskutierten wie am Telefon und bei persönlichen Treffen über die verschiedenen Möglichkeiten, entwickelten Ideen und verwarfen die meisten davon kurz darauf wieder. Es war eine ähnlich verzwickte Situation, wie sie sich dem Schriftsteller Paul Sheldon in Stephen Kings Roman »Misery«, stellt, der auch auf überzeugende Weise die tote Hauptperson seiner Bücher wieder zum Leben erwecken muss.
Fest stand für Wolfgang jedenfalls, dass das schon fast sprichwörtlich unglaubwürdige »Dallas-Modell« aus der gleichnamigen TV-Serie nicht in Frage kam, wo der tote Bobby eines Morgens quicklebendig unter der Dusche stand und sein Tod (samt aller darauf folgenden Episoden) sich als Traum entpuppte. Nein, die Lösung für den Hexer sollte schon überzeugender sein.
Ein erster Lichtblick zeichnete sich ab, als wir uns Viktor Frankensteins erinnerten, der schon einmal einen Gastauftritt in der Serie hatte, doch wurde seine spezielle Fähigkeit, Tote wieder zum Leben zu erwecken, da nicht benötigt. Ihn dies jetzt so einfach nachholen zu lassen, erschien uns jedoch zu simpel, weshalb die Idee erst einmal in einem großen Ablagekorb landete.
Ebenso erschien es uns zu simpel, auf Howards Fähigkeit zur Manipulation der Zeit zurückzugreifen, ihn einfach in die Vergangenheit zu schicken um Roberts Tod zu verhindern und so das Finale von Heft 49 quasi ungeschehen zu machen. Das lag schon wieder verdächtig nahe am Dallas-Modell.
Die Lösung, die uns schließlich beiden am gelungensten erschien, bestand aus einer Kombination beider hier vorgestellter Ideen, von denen jede für sich allein uns unvollkommen und nicht spektakulär genug erschien. Howard reist in der Zeit zurück, doch misslingt es ihm, Robert vor dem Tod zu retten. Aber er hüllt ihn in den letzten Sekunden seines Lebens in ein Zeitfeld und verhindert seinen endgültigen Tod, damit Frankenstein Roberts Körper in jahrelanger Arbeit heilen kann. So gibt es keinen logischen Bruch gegenüber den Geschehnissen in Heft 49 und nichts von dem, was dort passiert, wird ungeschehen gemacht.
Auf diese Weise also erstand der Hexer im wahrsten Sinne des Wortes wieder von den Toten auf, was allerdings nur den Auftakt zu einer wahrhaft apokalyptischen, Hunderttausende von Jahren umspannenden Geschichte bildete, deren zweiter Teil in diesem Buch erzählt wird.
Frank Rehfeld
Dieser Band enthält die überarbeiteten Kapitel vier bis sechs des Original-Taschenbuches »Der Sohn des Hexers«.
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