Und wieder Carmel
einen letzten Blick auf seinen
braungebrannten Körper und verlasse hektisch das Zimmer.
Auf dem Weg ins Badezimmer schnappe ich mir mein Telefon und rufe Claire in der
Firma an: „Nicht böse sein“, beginnt sie, weil sie meine Nummer auf ihrem
Display sieht .
„Böse? Daran habe ich noch nicht gedacht. Was soll ich jetzt tun, Claire?“
„Wo ist er?“
„Er ist in meinem Schlafzimmer.“
„Das ging schnell.“
„Nein, er ruht sich aus.“
„Ok?“, höre ich ihr Unverständnis heraus. „Ich dachte, ihr wolltet reden?“
„Ja, aber ich muss zu dieser bescheuerten Feier meiner Eltern, weißt du doch.
Ich habe ihn gefragt, ob er mitkommt.“
„Echt? Hat er zugestimmt?“
„Ja.“
„Sehr gut. Oh Mann, als ich Chris da sitzen sah, dachte ich schon, das geht
jetzt alles in die Hose.“
„Der arme Chris.“
„Der verkraftet das schon.“
„Apropos verkraften, sag mal, wie lange geht das denn schon zwischen euch?“
„Zwei Wochen. Ich war sehr überrascht, als ich seine Nachricht über Facebook
bekam. Und er hat mich gleich gebeten, dir nichts zu erzählen.“
„Tolle Freundin“, spotte ich scherzhaft.
„Ich habe mir erst einmal seinen Plan angehört und dann entschieden, ob er gut
für dich ist oder schlecht.“
„Was für einen Plan?“
„Warts nur ab, ich verrate nichts.“
„Claire, ich ertrage keine weiteren Dramen mehr, nicht in diesem Leben“,
jammere ich.
„Keine Dramen, versprochen. Geht erst einmal zur Feier, dann redet, ok?“
„Ok.“
„Viel Spaß heute Abend.“
„Danke.“
Am frühen Abend, ich bin mit meiner Verwandlung in die
perfekte Tochter meiner Eltern fertig, klopfe ich leise an die Schlafzimmertür.
Nichts. Ich klopfe noch einmal. Wieder nichts.
Vorsichtig drücke ich die Türklinke hinunter und stecke meinen Kopf durch den
Spalt der geöffneten Tür. Alex liegt auf meinem Bett und scheint tief und fest
zu schlafen. Ich rufe leise: „Alex?“
Er reagiert nicht. Ich gehe hinein, knie mich neben ihn und betrachte sein
liebes Gesicht. Zärtlich streiche ich über seine Wange. „Alex?“, rufe ich noch
einmal.
Er öffnet seine Augen und schrickt hoch. „Hey“, sagt er dann und scheint noch
ein wenig benommen. „Ich hab wohl recht fest geschlafen.“
„Ja, sehr tief und fest.“ Ich lächle ihn an .
„Es wird Zeit. Du könntest aber auch weiter schlafen, ich kann auch allein
gehen.“
„Nein, nein, ich begleite dich.“
„Willst du duschen?“
„Sehr gern.“ Er erhebt sich und schlägt die Bettdecke weg. Nur in Shorts steht
er vor mir und ich bewundere seinen sportlichen Körper. Ich schlucke und mir
wird ein wenig heiß. Seine Narbe hat sich in den Jahren der übrigen dunklen
Hautfarbe angepasst und ist kaum noch zu sehen. Ich zwinge mich, ihm in die
Augen zu sehen und lächle verlegen.
„Das Bad ist hier“, sage ich und zeige auf die Tür zu meinem winzigen
Badezimmer.
„Danke.“ Alex nimmt seinen Koffer und rollt damit in den kleinen Raum. Ich gehe
ins Wohnzimmer, wo ich einen Kaffee trinke und die Nachrichten sehe, bis er in
einem dunkelgrauen Anzug wieder aus dem Badezimmer heraus kommt.
„Wow“, sage ich und bestaune ihn.
„Ebenfalls wow“, sagt er und lächelt mich an.
Wir fahren mit dem Taxi in die Innenstadt und steigen
an einem Restaurant namens Café Fees aus. Meine
Schwester steht mit ihrem Mann Fred an der Tür und winkt mir zu .
„Warte!“, sagt Alex und hält mich am Arm fest. „Wir können da nicht
hineingehen, nicht so?“
„Was meinst du?“, frage ich verwundert .
„Wir sollten erst reden und uns einig sein.“
„Welche Strategie wir fahren oder …“ Alex unterbricht mich. „Nein. Ja, aber
erst wenn wir uns einig sind, was uns beide betrifft. Ich will nicht da
hineingehen und deine Mutter nur mit meiner bloßen Erscheinung schockieren.“
„Ok“, antworte ich immer noch verwirrt. „Womit schocken wir sie dann?“
„Damit“, sagt er und küsst mich.
Überrascht sehe ich ihn an und lächle. Dann schaltet sich mein Gehirn wieder
ein und ich frage: „Warte, war das jetzt Ernst oder nur Taktik?“
„Ernst.“
„Bist du deshalb hier?“
„Anna, komm schon“, ruft meine Schwester zu uns herüber .
„Wir sind gleich da“, rufe ich zurück .
„Lass mich da nicht alleine rein gehen“, bittet sie mich inständig .
„Sofort“, schreie ich ungeduldig und sehe Alex fragend an .
„Ich bin deinetwegen hier“, sagt er und küsst mich noch einmal.
In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken und das Kribbeln in meinem
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