Und wieder Carmel
mit dem Bild meines Lieblingsschauspielers, der gerahmt auf meinem
Schreibtisch steht. Nun ist es noch schwerer, nicht an Alex zu denken, aber ich
kann auch nicht ohne ihn, noch nicht.
Mittags holt mich Claire zum Essen ab .
„Fertig?“, fragt sie und sinkt auf einen der zwei Stühle, die meinem
Schreibtisch gegenüberstehen .
„Gleich.“
Sie trommelt ungeduldig mit ihren Fingern auf den Schreibtisch und dann sieht
sie Alex‘ Bild. „Das ist nicht dein Ernst?“, fragt sie überrascht .
„Was?“ Ihre Frage reißt mich von einer E-Mail weg, die ich gerade zu
beantworten versuche.
Claire hält das Bild von Alex hoch. „Das hier.“
Ich seufze. „Ich brauch das.“
„Nein, das tust du nicht.“ Sie nimmt das Bild und legt es unsanft in den
Schrank hinter mir .
„Ich will das hier nicht mehr sehen, hörst du.“
„Ich versuche es.“
Schnell schreibe ich die E-Mail zu Ende und wir gehen in die Kantine. Früher
ist mir das nie aufgefallen, aber heute nervt mich diese Standardfrage meiner
Kollegen: „Na, wie war der Urlaub?“
Was soll ich sagen? Es war die Hölle, weil ich das mit meinem Exfreund schon
wieder nicht hinbekommen habe, das zweite Mal? Oder lieber, das geht dich gar
nichts an? Letztendlich entscheide ich mich für ein zähneknirschendes Lächeln
und: „Super, danke.“
Mit einem Salat setzen wir uns an einen kleinen Tisch und ich habe Mühe, etwas
hinunter zu bekommen.
„Los essen!“, befiehlt Claire und sieht mich böse an.
Ich gehorche brav und stecke mir ein Salatblatt in den Mund. Dann sehe ich
Christopher Scharp, kurz Chris genannt, die Kantine betreten und mich
anlächeln. Seine niedlichen Grübchen und seine sehr weißen Zähne zaubern ein
besonders schönes Lächeln in sein hübsches Gesicht. Ich bekomme aber nur ein
kleines Lächeln für ihn zustande. Es schmeichelte mir von einem jüngeren
bewundert zu werden und bis zu meiner Reise nach Carmel wäre ich nicht
abgeneigt gewesen mit ihm auszugehen, wenn er sich denn getraut hätte, mich zu
fragen.
Chris sitzt am Nachbartisch und beobachtet mich. Es ist sehr anstrengend, eine
entspannte Miene zu zeigen, obwohl ich am liebsten in meinem Bett liegen und
mir die Bettdecke über den Kopf ziehen würde.
Als Claire und ich die Kantine verlassen, geht Chris plötzlich neben mir und
fragt: „Na, wie war dein Urlaub in Kalifornien.“
„Schön.“
„Du siehst erholt aus.“
„Wirklich?“, frage ich leicht schnippisch.
„Ja, schön braun.“
„Danke.“
„Bist du Freitag auch dabei?“
„Freitag?“
„Ja, das Sommerfest.“
„Oh Gott ja, das hatte ich fast vergessen.“ Ich sehe zu Claire und bevor ich
etwas sagen kann, antwortet sie für mich: „Sicher sind wir da.“
„Sehr gut.“ Chris freut sich .
„Aber erst, wenn du meinen verdammten Drucker wieder zum Laufen gebracht hast“,
erklärt Claire .
„Drucker ist IT Support nicht die Entwicklung, Claire.“
„Das mag ja sein, aber in diesem Fall ist es jemand ganz Bestimmtes aus der
Entwicklung, der mir helfen wird, sonst muss er nämlich allein auf dem
Sommerfest tanzen oder sich von der bösen Margitta verfolgen lassen.“, Claire
grinst überlegen.
„Ok, ok, ich komm am besten gleich mit.“
„So ist’s brav.“
Ich muss schmunzeln. Claire hat es wirklich drauf, die Dinge zu ihrem Vorteil
zu beeinflussen.
Ich gehe allein an meinen Arbeitsplatz zurück, hole das Bild von Alex aus dem
Schrank, stelle es vor mir auf den Schreibtisch und sehe es an. Du fehlst
mir , denke ich.
So stehe ich die ersten Tage nach meiner
Rückkehr aus Carmel durch. Mindestens eine tägliche Konfrontation mit Margitta
provoziert oder auch nicht, ein Lächeln von Chris in der Kantine und Claire,
die immer für mich da ist und Alex’ Bild versteckt, wenn sie an meinem
Arbeitsplatz war. Wenn ich es dann wieder gefunden habe, rufe ich sie an:
„Gefunden.“
„Hör auf dich selbst zu quälen.“
„Noch nicht!“
Am Freitag überredet mich Claire, mit ihr zum alljährlichen Firmensommerfest zu
gehen. Wir fahren mit einem Taxi zum „Café Sommerterrassen“, wo der Chef das
Café und auch die offene Terrasse am Kanal für uns gemietet hat.
Wir setzen uns in die Sonne und bestellen bei der Kellnerin zwei Gläser Sekt.
Margitta sitzt in der gegenüberliegenden Ecke der Terrasse. Argwöhnisch nimmt
sie hin, wie Chris und sein Kollege Simon an unserem Tisch Platz nehmen. Ich
kann mir ein überlegenes Grinsen in ihre Richtung nicht verkneifen. Chris
lächelt wieder verführerisch und versucht uns
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