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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Bleecker Street.«
    »Und wohin waren Sie mit dem 6 Train unterwegs?«
    »Ich wollte mir irgendwo ein Zimmer nehmen oder zur Port Authority fahren, um einen Bus zu nehmen.«
    »Wohin?«
    »Irgendwohin.«
    »Kurzbesuch?«
    »Die beste Art.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Nirgends. Mein Jahr besteht aus einem Kurzbesuch nach dem anderen.«
    »Wo ist Ihr Gepäck?«
    »Ich habe keines.«
    Danach stellen die meisten Leute weiterführende Fragen, aber Theresa Lee tat das nicht. Stattdessen betrachtete sie mich nachdenklich und sagte: »Ich bin nicht glücklich darüber, dass die Liste falsch war. Ich dachte, sie sollte endgültig sein.« Ihr Tonfall schloss mich ein, von Cop zu Cop, als machte mein früherer Job einen Unterschied für sie.
    »Sie war nur halb falsch«, erklärte ich. »Der Teil mit dem Selbstmord war richtig.«
    »Das stimmt wohl«, sagte sie. »Die Anzeichen wären die gleichen, nehme ich an. Trotzdem war das ein falsches positives Signal.«
    »Besser als ein falsches negatives.«
    »Das stimmt wohl«, sagte sie wieder.
    Ich fragte: »Wissen wir schon, wer sie war?«
    »Noch nicht. Aber das steht bald fest. Wie ich höre, sind am Tatort Schlüssel und eine Geldbörse gefunden worden. Damit dürfte eine Identifizierung möglich sein. Aber was war mit der Daunenjacke?«
    Ich sagte: »Keine Ahnung.«
    Sie verstummte, als wäre sie zutiefst enttäuscht. Ich sagte: »Solche Dinge sind immer im Fluss. Persönlich glaube ich, dass wir die Liste um einen zwölften Punkt ergänzen sollten. Nimmt eine Selbstmordattentäterin ihr Kopftuch ab, ist fehlende Sonnenbräune ebenso verräterisch wie bei einem Mann.«
    »Gutes Argument«, meinte sie.
    »Und ich habe in einem Buch gelesen, dass die Sache mit den Jungfrauen eine Falschübersetzung ist. Das Wort ist mehrdeutig. Es steht in einem Abschnitt, in dem von essbaren Dingen die Rede ist. Milch und Honig. Wahrscheinlich bedeutet es Rosinen. Dick und vermutlich kandiert oder gezuckert.«
    »Sie verüben Selbstmord wegen Rosinen?«
    »Ich würde gern ihre Gesichter sehen.«
    »Sind Sie Linguist?«
    »Ich spreche Englisch«, sagte ich. »Und Französisch. Und wozu sollte eine Selbstmordattentäterin überhaupt Jungfrauen wollen? Viele religiöse Schriften sind falsch übersetzt. Vor allem wenn’s um Jungfrauen geht. Wahrscheinlich sogar das Neue Testament. Manche Leute sagen, Maria sei eine Erstgebärende gewesen, sonst nichts. Nach dem hebräischen Wort dafür. Keine Jungfrau. Die ursprünglichen Autoren würden lachen, wenn sie lesen könnten, was wir alles daraus gemacht haben.«
    Theresa Lee äußerte sich nicht dazu. Stattdessen fragte sie: »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Ich dachte, sie erkundige sich, ob ich durcheinander sei. Ob sie mir psychologische Betreuung anbieten solle. Vielleicht weil sie mich für einen schweigsamen Mann hielt, der zu viel redete. Aber ich hatte mich getäuscht. Als ich antwortete: »Mir geht’s gut«, wirkte sie leicht überrascht und sagte: »Mir an Ihrer Stelle täte es leid, sie angesprochen zu haben. In der U-Bahn. Ich glaube, Sie haben sie in den Abgrund gestoßen. Noch ein paar Stationen, dann wäre sie vielleicht darüber hinweggekommen, was immer ihr zugesetzt hat.«
    Danach saßen wir eine Minute lang schweigend da, bis der große Sergeant den Kopf zur Tür hereinstreckte und Lee zunickte, einen Augenblick herauszukommen. Ich hörte ein kurzes, flüsternd geführtes Gespräch, dann betrat Lee wieder den Raum und forderte mich auf, ihr in die West 35th Street zu folgen – aufs Polizeirevier.
    Ich fragte: »Warum?«
    Sie zögerte.
    »Formalität«, erklärte sie. »Um Ihre Aussage zu Protokoll zu nehmen, um die Akte zu schließen.«
    »Kann ich’s mir aussuchen, ob ich mitkommen will?«
    »Fangen Sie nicht damit an«, sagte sie. »Hier geht’s auch um die israelische Liste. Wir könnten alles zu einer Frage der nationalen Sicherheit erklären. Sie sind ein wichtiger Zeuge, und wir könnten Sie einsperren, bis Sie alt und grau sind. Spielen Sie lieber mit wie ein anständiger Bürger.«
    Also zuckte ich mit den Schultern und ging mit ihr durch das Labyrinth des Grand Central Terminal zur Vanderbilt Avenue, wo ihr Wagen parkte – ein neutraler Ford Crown Victoria, verbeult und nicht gewaschen, aber fahrtauglich. Er brachte uns problemlos in die West 35th Street. Wir betraten das Dienstgebäude durch das prächtige alte Portal. Sie führte mich in einen Vernehmungsraum im ersten Stock, trat beiseite und wartete auf dem Flur, um mir

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