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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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erst so spät.«
    »Was willst du jetzt tun?«
    »Das weißt du doch schon. Haben wir nicht alles miteinander geteilt?« Sylveste lachte. »Seither kennst du auch meine Geheimnisse.«
    »Aha. Du beziehst dich auf ein ganz bestimmtes kleines Geheimnis?«
    »Was?«, zischte Sonnendieb. Seine Stimme knisterte wie die Radiogeräusche ferner Quasare.
    Sylveste wandte sich wieder an das Alien. »Du hast doch sicher die Gespräche auf dem Schiff mit angehört. Als ich zuließ, dass alle meine Drohung für einen Bluff hielten.«
    »Welche Drohung?«, fragte Sonnendieb. »Womit hast du geblufft?«
    »Mit dem heißen Staub in meinen Augen«, sagte Sylveste.
    Diesmal lachte er noch lauter. Und dann gab er eine Serie von Neuralbefehlen, die er sich schon vor langer Zeit eingeprägt hatte. Sie initiierten einen ganzen Wasserfall von Ereignissen in den Schaltungen seiner Augen und – ganz zuletzt – in den winzigen geschützten Antimaterie-Stäubchen, die darin eingebettet waren.
    Ein Licht strahlte auf, reiner noch als in dem Portal, durch das man nach Hades gelangte.
    Und dann war da nichts mehr.
 
    Volyova sah es zuerst.
    Sie beobachtete unverwandt den gewaltigen Konus der Unendlichkeit, während sie darauf wartete, von ihr erledigt zu werden. Das Schiff war schwarz wie die Nacht, sie konnte es nur sehen, weil es die Sterne verdeckte. Bedächtig wie ein Hai kam es näher. Irgendwo in seinem riesigen Leib grübelten Systeme darüber nach, wie man Volyova auf die interessanteste Weise vom Leben zum Tode befördern könnte. Nur so konnte sie sich erklären, warum es noch nicht zugeschlagen hatte. Schließlich befand sie sich in Reichweite sämtlicher Bordwaffen. Vielleicht hatte Sonnendiebs Anwesenheit dem Schiff einen etwas abartigen Sinn für Humor verliehen, vielleicht spürte es den Wunsch, sie mit sadistischer Langsamkeit zu Tode zu quälen, vielleicht war dieses tödliche Warten die erste Phase des Prozesses. Ihre Phantasie war jetzt ihr ärgster Feind. Sie erinnerte sich in allen Einzelheiten an sämtliche Systeme, die Sonnendiebs Zwecken dienen könnten. Da gab es Defensivwaffen, die imstande waren, sie (mit Lasern, die jede Wunde sofort kauterisierten) stundenlang zu schmoren oder in ihre Einzelteile zu zerlegen, ohne sie sofort zu töten. Man könnte sie auch von einem Trupp externer Servomaten zermalmen lassen. O ja, ihre Phantasie arbeitete grandios. Genau dieser fruchtbaren Erfindungsgabe hatte die Welt schon so viele Todesarten zu verdanken.
    In diesem Moment sah sie es.
    Auf Cerberus’ Oberfläche entzündete sich ein Funke und erhellte kurz die Stelle mit dem Brückenkopf. Für einen Sekundenbruchteil schien im Innern der Welt ein gewaltiges Licht aufgeflammt und sofort wieder erloschen zu sein.
    Vielleicht war es auch eine gewaltige Explosion.
    Dann sah sie, wie Gestein und verbrannte Maschinenteile ins All geschleudert wurden.
 
    Khouri musste sich erst damit vertraut machen, dass sie noch immer nicht tot war, obwohl sie das für unvermeidlich gehalten hatte. Zumindest hatte sie erwartet, noch einmal für wenige Augenblicke unter Schmerzen zu erwachen und bei vollem Bewusstsein zu erleben, wie Hades sie in Stücke riss; wie Körper und Seele von den Krallen der Schwerkraft im Umkreis des Neutronensterns grausam zerfetzt wurden. Gerechnet hatte sie außerdem mit den schlimmsten Kopfschmerzen, seit die Mademoiselle die tief vergrabenen Erinnerungen an den Morgenkrieg beschworen hatte. Nur wären die Kopfschmerzen diesmal ausschließlich chemischen Ursprungs gewesen.
    Sie hatten den Barschrank im Spinnenraum gefunden.
    Und hatten ihn leer getrunken.
    Aber ihr Kopf war geradezu erschütternd klar, so sauber wie ein frisch geputztes Fenster. Auch war sie rasch zu Bewusstsein gekommen, ohne jede Benommenheit, als habe sie erst mit dem Öffnen der Augen zu existieren begonnen. Aber sie befand sich nicht im Spinnenraum. Wenn sie genauer darüber nachdachte, konnte sie sich sogar erinnern, einmal aufgewacht zu sein. Die schrecklichen Schwerkraftschwankungen hatten gerade eingesetzt. Sie war mit Pascale in die Mitte des Spinnenraums gekrochen, um vor den Wirbeln zu flüchten. Aber das hatte nichts genutzt, und in diesem Augenblick hatten sie erkannt, dass es kein Überleben gab; allenfalls konnten sie versuchen, den Schmerz zu verringern…
    Wo, zum Teufel, war sie nur?
    Sie lag mit dem Rücken auf einer harten Fläche, die so unnachgiebig war wie Beton. Über ihr kreisten die Sterne mit wahnwitziger Geschwindigkeit

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