Die Silberne Festung
1
FEBRUAR 1992
Im Pazifischen Ozean
Dreihundert Seemeilen östlich von Tokio schwamm der Flugzeugträger CV-64 USS Constellation mit langsamer Fahrt durch den nur leicht bewegten Nordpazifik. Das Schiff machte nur sechs Knoten – kaum genug, um seine Manövrierfähigkeit zu gewährleisten. Der 30 Jahre alte Flugzeugträger der Kitty-Hawk-Klasse mit 80.000 Tonnen Verdrängung war von einer Armada aus elf kleinen Sicherungsschiffen umgeben und wurde durch weitere Überwassereinheiten geschützt, die in einem riesigen Sechseck angeordnet waren.
Auf der Constellation selbst herrschte hektische Betriebsamkeit. Zwei Jagdbomber F/A-18E Hornet standen mit laufenden Triebwerken startbereit auf ihren Katapulten, von denen sie mit Dampfkraft in drei Sekunden von 0 auf 140 Knoten beschleunigt werden würden. Zwei weitere F-18 mit externer Stromversorgung warteten unmittelbar hinter den Strahlabweisern der Katapulte, um nach vorn rollen zu können, sobald die beiden Alarmmaschinen gestartet waren. Ein Transporthubschrauber CH-53F Super Sea Stallion III, dessen Rotor sich langsam drehte, stand auf dem Flugdeck der Constellation unmittelbar neben den Inselaufbauten. Ein weiterer Hubschrauber dieses Typs schwebte etwa 50 Meter über dem Heck und konnte binnen weniger Sekunden auf dem Flugdeck aufsetzen.
Das Meer hinter dem riesigen Flugzeugträger verbarg gefährliche Angreifer einer anderen Art: drei Atom-U-Boote der Los-Angeles-Klasse, die fast bewegungslos in den warmen Strömungen des Pazifiks schwebten.
Ihre hochempfindlichen Sensoren registrierten, katalogisierten, analysierten und bewerteten sämtliche Meeresgeräusche im Umkreis von vielen Kilometern – vom Lärm der vielen Schiffsschrauben bis hin zu gerade noch wahrnehmbaren Lauten kleinster Meeresbewohner. Die vier Torpedorohre jedes U-Boots waren mit weitreichenden Raketentorpedos ASW/SOW zur U-Bootbekämpfung geladen, und ihre senkrechten Abschußrohre enthielten Lenkwaffen Sub-Harpoon zur Bekämpfung von Überwasserzielen.
Der Mann im Kapitänssessel auf der Kommandobrücke bemerkte jedoch nichts von diesen speziellen Verstärkungen der Kampfgruppe um die Constellation. Er starrte gespannt auf den Radarschirm, an dessen äußerem Rand drei sehr große Echos zu sehen waren. Dann hob er den Kopf und beobachtete mit zusammengekniffenen Augen die Kimm im Norden zwischen dem mit Atomraketen bestückten Kreuzer USS Long Beach und der Fregatte USS Lockwood.
»Ich kann sie eben noch ausmachen, glaube ich«, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten. Zwei der hohen Offiziere auf der Brücke wechselten einen zweifelnden Blick, denn niemand – nicht einmal der Präsident der Vereinigten Staaten – konnte ein 200 Seemeilen entferntes Schiff erkennen.
»Was Sie sehen, Sir«, antwortete Vizeadmiral Bennett Walton, »ist wahrscheinlich die Jouett, einer der uns begleitenden Raketenzerstörer.«
Der Präsident sah erneut auf den Radarschirm und zeigte auf eines der großen Echos. »Das ist die Jouett. Sie scheint so weit entfernt zu sein.«
»Dort draußen ist’s ziemlich diesig Sir. Die Jouett ist acht Seemeilen entfernt, aber im Dunst wirkt die Entfernung größer.«
Der Präsident starrte erneut auf den Radarschirm. Sein Gesichtsausdruck wurde nachdenklich, als er sah, daß die drei Echos sich offenbar näherten.
»Zum Teufel, was sind das für Schiffe, Admiral?«
Walton lächelte schwach. »Das ist die Kirow , der größte Lenkwaffenkreuzer der Welt. Sie wird von dem Lenkwaffenkreuzer Krasina und dem UAW-Zerstörer Kresta begleitet.«
»Kein Flugzeugträger? Ich hätte gedacht, daß die Sowjets versuchen würden, eine der Constellation gleichwertige Kampfgruppe aufzubieten.«
»Sir«, warf Verteidigungsminister Linus Edwards ein, »sie haben nichts, was auch nur dieser kleinen Kampfgruppe gewachsen wäre. Allein der Versuch, etwas Gleichwertiges aufzubieten, wäre sinnlos.«
Der Präsident bemühte sich, Edwards’ offen zur Schau getragene Überheblichkeit zu ignorieren. Sein Verteidigungsminister war ein ehemaliger Kapitän zur See, der noch immer glaubte, die U.S. Navy beherrsche die sieben Meere. Er wandte sich erneut an Walton. »Macht Ihnen die Beschattung durch die Kirow Sorgen, obwohl der Kreuzer über zweihundert Seemeilen entfernt ist?«
»Sir, die Kirow ist ungefähr fünfhundert Meilen näher, als mir gefällt.
Ihre Feuerkraft ist beachtlich – vor allem aus nur zweihundert Meilen Entfernung. Aber da wir weniger als tausend Seemeilen von
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