Ungezaehmte Begierde
einen verzweifelten Seufzer aus, dann drehte sie sich um und fasste den Entschluss, Tighe auf eigene Faust zu suchen.
Aber sie war kaum zwei Schritte weit gegangen, als sie Kougar sagen hörte: »Die Menschenfrau will Tighe sehen.«
Delaney wandte sich schnell wieder um und fand Kougar, der sich ganz in der Nähe gegen einen Türrahmen lehnte.
»Zum Teufel.« Das war Lyons Stimme.
Delaney schritt auf Kougar zu und ging an ihm vorbei in einen Raum, der offenbar Lyons Büro war. Der große Mann saß hinter einem Schreibtisch, auf dem ein Computer stand. Hinter ihm befanden sich Regale an der Wand, die mit Büchern und Akten vollgestopft waren.
Lyon hob erstaunt eine Braue, als sein Blick auf ihre Waffe fiel. »Bist du aus einem bestimmten Grund bewaffnet?«
»Tighe hat mir meine Waffen weggenommen. Als ich diese Treppe das letzte Mal hinuntergegangen bin, hat das kein gutes Ende genommen.« Sie hob das Schwert und sah ihn mit hartem Blick an. »Du solltest für mich bluten.«
Seine Augen blitzten anerkennend. Er zog sein Messer heraus, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen und brachte seine Hand zum Bluten. »Kougar?«
Sie drehte sich um und beobachtete, wie der Krieger mit den hellen Augen dasselbe tat. Und bevor sie Delaney überhaupt danach fragen konnten, stach sie sich selbst mit der Spitze des Degens in den Finger. Nachdem sie Lyon das Blut gezeigt hatte, saugte sie es von der Haut.
»Ich will, dass ihr mich zu ihm bringt.«
»Er würde nicht wollen, dass du ihn in seinem jetzigen Zustand siehst.«
»Ich habe ihn schon einmal so gesehen. In der Nacht, als er mir Wunden gerissen hat. Ich muss ihn berühren. Vielleicht kann ich ihn ja erreichen.«
»Unmöglich. Du bist nur ein Mensch.«
Delaney trat nach vorn und beugte sich über seinen Schreibtisch. »Ob ich ihm helfen kann oder nicht, wissen wir erst, wenn wir es versucht haben.«
So etwas wie Bedauern wärmte seine bernsteinfarbenen Augen. »Wir versuchen schon seit zwei Tagen, zu ihm durchzudringen, Delaney. Da ist nichts zu machen.«
Sie starrte ihn schockiert an. »Seit zwei Tagen? Er ist bereits seit zwei Tagen in diesem Zustand?«
Lyon sah sie beinahe mitfühlend an. »Es tut mir leid.«
Aber diese Information bewirkte nur, dass sie sich noch verzweifelter danach sehnte, bei ihm zu sein. Sie wandte sich an Kougar. »Zeig mir, wo er ist.«
Er nickte kaum merklich und drehte sich um.
Hinter ihr sprang Lyon mit einem Knurren vom Stuhl. »Delaney!«
Sie drehte sich zu dem Anführer der Krieger um und verstand, aus welchem Grund er ihr Anführer war. Sie sah die Kraft in diesen bernsteinfarbenen Augen.
»Wenn du dort hineingreifst, reißt er dir den Arm ab. In diesem Käfig lauert ein böses, wildes Tier.«
Sie zuckte zusammen.
Er sah es. Seine angespannte Miene verriet einen Schmerz, der beinahe ihrem eigenen entsprach. »Es gibt nichts, was ich für ihn tun könnte. Wir müssen den Klon fassen.«
Delaney schüttelte den Kopf. »Wenn irgendeine Möglichkeit besteht, dass ich ihn dort herausholen kann, lasse ich ihn nicht eine Sekunde länger als nötig dort drinnen.« Sie sah ihn aufgebracht an. »Ich brauche dich, um ihn festzuhalten.«
»Er muss nur einmal mit seiner Tatze zuschlagen oder um sich beißen, und du bist tot.«
»Dieses Risiko nehme ich in Kauf. Er hat mich zweimal gerettet, als ich ihn brauchte. Jetzt braucht er mich.«
Lyon starrte sie eine Weile bedeutungsvoll an. »Du liebst ihn.«
Sie nickte langsam und schürzte verlegen die Lippen. »Ja.«
Lyon schnaubte verzweifelt und kam hinter seinem Schreibtisch hervor. »Wenn er dich umbringt, wird er mir das nie verzeihen.«
»Wenn ich ihn dort herausbringe, hast du einen Krieger mehr an deiner Seite.«
Lyon seufzte. »Stimmt. Na, dann komm.«
Er führte sie in die Halle zurück und dieselbe Treppe hinunter, die sie auch schon mit Tighe zu der Paarungszeremonie hinuntergegangen war. Sie kamen an dem gewölbeartigen Raum vorbei und betraten einen großen, lichten Fitnessraum, in dem erstaunlich moderne Geräte standen, sogar Heimtrainer, Bänke zum Gewichtheben und sechs der größten Laufbänder, die sie je gesehen hatte. Auf der Rückseite des Raumes öffnete Lyon eine weitere Tür, die in einer Spiegelwand verborgen war und in einen langen, schmalen Gang aus Stein führte. Rustikal und etwas gruselig.
Wie sie vermutet hatte, hätte sie Tighe hier niemals allein gefunden.
»Von oben betrachtet sieht das Haus gar nicht so groß aus«, murmelte sie, während sie
Weitere Kostenlose Bücher