Ungleiche Paare
Minuten«, schlug ich vor. »Das ist das Übliche für den Anfang.«
»Und wo sitzt du?«
Gute Frage. Auf dem schiefbeinigen Stuhl? Ich könnte, ohne mich anzulehnen, halb auf seiner Kante sitzen. Da wäre der Rücken auch gerade. Das musste gehen.
»Ach komm, du sitzt einfach hier«, kürzte sie ab und klopfte mit der flachen Hand hinter sich auf das runde Meditationskissen, auf die freie Hälfte. »Wir meditieren Rücken an Rücken.«
»Nein, das geht nicht. Da komme ich nicht zur Ruhe.« »Sieh es als Herausforderung. Du bist geübt. Das kannst du.«
Sadhu, Sadhu, nimm dich in Acht. Das mit Kapok gefüllte Kissen war groß, gewiss, es hatte nahezu fünfzig Zentimeter Durchmesser. Aber als ich mich setzte, so vorsichtig wie möglich, berührten wir uns. Es war ein leichter elektrischer Schlag.
»Wow!«, sagte sie und lehnte sich an mich. »Damit hatte ich nicht gerechnet.«
»Hast du ihr das geglaubt?«, fragte Josephine und zog die blonden Brauen hoch.
»Darüber habe ich nicht mehr nachgedacht.«
Ach, Tal der Donau! Kalktürme in den Himmel. Burg auf dem Riffkranz stürzender Mauern. Gewundenes Flussbett. Silbergraue Ruten, die ins Wasser hängen und mitziehen. Schmale Fahrwege in der Flur. Lichtes Baumdach von Linden an einer Wegscheide. Schattensplitter unter dem Hag aus Kastanien. Leuchtende Blumengaben an Bildstöcken.
Eine roh gezimmerte Bank unter Eichen. Heuduft vom Dorf und erdige Kühle vom Wald her.
Der Philosoph wandert an Knospen und Wohlgerüchen vorüber, Höheres erhoffend, Segnung erflehend, mit himmelwärts gerichtetem Blick. Die Magd, die zum Wasserholen ausgesandt ist, schaut ihm zu, breitbeinig, mit verschränkten Armen. Er sieht sie nicht. Sieht gar nichts hier unten. Auch nicht die niedrige Mauer des Brunnens. Plumps!, stürzt er hinein. Helles Gelächter der Magd. Sie hilft ihm heraus. Hochzeitsglocken.
Als ich spürte, wie sie sich an mich lehnte und ihren Rücken langsam an meinem rieb, musste ich Zuflucht suchen bei der Kunst der Tibeter. Zu spät, sich jetzt die Haut wegzudenken, zumal ich sie ja nicht sah. Zu spät also auch, ihr fest in die Augen zu sehen. Buddha und Rati hatten einander gegenübergesessen. Theresa war klüger als Rati. Rücken an Rücken. »Meditation.«
Sie tastete hinter sich. Ohne sich umzuwenden, nach hinten greifend, behaglich seufzend, strich sie mit den Händen von meinen Schenkeln an aufwärts, soweit es eben Rücken an Rücken ging. Sie sucht nur Nähe, beruhigte ich mich. Ihr Freund hat sie zurückgewiesen. Sie sucht Anlehnung. Wärme. Und mehr musste es nicht sein! Sie durfte nur nicht in Richtung Basis-Chakra gelangen.
Basis-Chakra: Jetzt aber! Ich atmete ein dort unten, zog den Atem als Licht nach oben. Es war nur eine Vorstellung, aber sie wirkte. Mitten in höchster Spannung blieb ich vollkommen ruhig. Das nannte man Gleichmut. Ich konnte ohne Ziel, aus reiner Freundlichkeit ihr zartes Streicheln erwidern. Es war kaum ein Erkunden. Lediglich das genauereSpüren des anderen Körpers. Es geschah nur, um sicher zu werden. Um hier zu sein. Zu Hause.
Eine harmlose Teestunde war es wohl nicht mehr. Eine Meditation im engeren Sinne ebenfalls nicht. Aber ich wäre standhaft geblieben, hätte sie sich nicht so gewunden, und zwar auf eine Weise, dass auf einmal ihre Brüste in meinen Händen lagen, fest und schwer. Ich erschrak und konnte doch nicht davon lassen. Aber ich atmete meine Energie weiterhin stoisch von unten nach oben, nichts sollte vergeudet werden, nichts sich stauen.
Und es wäre nichts passiert, hätte sie nur nicht geseufzt in diesem Moment, als ihre Brüste berührt wurden, so als habe sie die ganze Zeit nur darauf gehofft. Es war ein Seufzen der Erleichterung. Und als sei nun plötzlich alles erlaubt, zog sie ihren Pullover über den Kopf, griff nach meinen Händen, legte sie über ihre nackten Brüste, immer noch Rücken an Rücken, seufzte lauter, und davon ließ ich mich ablenken, sodass das Aufwärtspumpen der Energie ins Stocken geriet. Wie weiter?
Wir müssen ausgesehen haben wie auf einer Bildanleitung des Kamasutra, und zwar aus der Abteilung für Fortgeschrittene. Ihre Arme wuchsen zu mir wie ein Schlinggewächs in einem botanischen Lehrfilm. Oder wie die Schlangenbewegungen einer indischen Tempeltänzerin. Tempelprostitution! Dies war heiliger Austausch! Gottesdienst!
Sie bewegte die Finger, und ich bestaunte dieses Spiel wie hypnotisiert. Jeder einzelne winkte mir fordernd und leicht. Immer noch Rücken
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