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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Jahrestreffen.«
    Â»Der Vampire?«, fragte sie amüsiert.
    Â»Nein. Der Gothic-Szene.« Er war nicht beleidigt, sondern lachte.
»Ein paar Mittelalter-Fans sind auch dabei, und der eine oder andere Punk. Aber
die meisten gehören zu uns. Ich bin Tom. Und du?«
    Beinahe hätte sie sich als Conny vorgestellt, nannte dann jedoch
ihren richtigen Namen. »Cornelia«, um die Distanz zwischen ihnen nicht noch
schmaler werden zu lassen.
    Â»Conny also«, stellte er fest. So viel dazu. »Darf ich dir eine
Frage stellen?«
    Â»Ich dachte, das tust du schon die ganze Zeit.«
    Tom ignorierte ihre Antwort. »Warum bist du hier? Ich meine, nur aus
Neugier? Wenn dich das hier wirklich interessiert, könnte ich dich ein bisschen
rumführen. Dir alles zeigen, deine Fragen beantworten und so.«
    Verlockend wäre gewesen: Ich suche meine
minderjährige Tochter, die sich gegen meinen Willen in diesem Schuppen
rumtreibt, mit Typen wie dir abhängt, raucht und Alkohol trinkt. Aber so
groß die Versuchung auch war, sie gab ihr nicht nach, sondern deutete nur ein
Schulterzucken an und blieb – beinahe – bei der Wahrheit. »Ich bin hier
verabredet.«
    Â»Dein Freund oder Mann?« Keine Spur von Enttäuschung.
    Â»Nein. Ich weiß nicht, mit wem.« Jetzt wurde sein Blick ratlos, und
Conny fügte mit einer Geste in die Runde hinzu: »Ich habe nur eine Nachricht
bekommen, dass wir uns hier treffen wollen.«
    Â»So eine Art Blind Date .« Tom grinste.
»Lass mich raten: Als Erkennungszeichen habt ihr ausgemacht, dass er was
Schwarzes anzieht.«
    Â»Ja, so ungefähr«, seufzte Conny, musste aber zugleich und fast
gegen ihren Willen lächeln. Sie hoffte, dass der Junge nicht tatsächlich recht
hatte. Mittlerweile hoffte sie sogar, dass sich das Ganze nicht als übler
Scherz eines ihrer netten Kollegen herausstellte, der jetzt in irgendeiner
dunklen Ecke stand und sich vor Lachen krümmte, während er die Oma beobachtete,
die zwischen all diesen schwarz angemalten Kids mehr als nur deplatziert
wirkte. Und sie am besten auch gleich filmte, damit es sich morgen im
Aufenthaltsraum auch alle ansehen konnten.
    Aber das wäre vermutlich doch zu aufwendig gewesen. Ihre Kollegen
kannten einfachere Methoden, sie lächerlich zu machen.
    Eine Bewegung am Eingang erregte ihre Aufmerksamkeit. Über den
Köpfen der schwarzhaarigen Menge erschien der Sarg, der bisher draußen auf dem
Leichenwagen gelegen hatte. Er wurde von zwei kräftigen Burschen getragen und
von einem stämmigen Mann mit Vollbart und schulterlangem Haar begleitet, der
ein Schwert an der einen Seite seines Gürtels und einen zugespitzten Holzpflock
und einen Hammer an der anderen trug. Hammer und Pflock waren vermutlich in
Ordnung, doch sie fragte sich, was das Waffengesetz zu dem Schwert sagen
mochte, noch dazu in einer Diskothek voller Jugendlicher, von denen die eine
Hälfte inzwischen vermutlich betrunken und die andere high war.
    Â»Keine Sorge, das gehört zur Show«, sagte Tom. »Ich hab die Nummer
schon mal gesehen. Sie ist echt cool.«
    Â»Du meinst, in dem Sarg ist gar kein richtiger Vampir?«, fragte
Conny mit gespielter Überraschung. »Jetzt bin ich aber enttäuscht.«
    Tom lachte, doch als er etwas sagen wollte, trat eine große, sehr
schlanke Gestalt an ihren Tisch und sah sie an. Conny hätte ihr unter normalen
Umständen wahrscheinlich gar keine Beachtung geschenkt. Der Mann war
außergewöhnlich groß und trug ein schwarzes Cape, ein altmodisches Rüschenhemd
mit einem noch altmodischeren Binder; dazu ein albernes Gehstöckchen mit einem
Griff in Form eines Drachenkopfes, und sein Haar war kurz geschnitten und
selbstverständlich ebenso schwarz wie sein Gesicht bleich. Kurz: Er unterschied
sich nicht wirklich von mindestens neunzig Prozent der Anwesenden; sah man
vielleicht von seinem Alter ab, das – wenigstens auf den zweiten Blick – mehr
in ihre Richtung tendierte als dem hier vorherrschenden Durchschnitt. Und doch
war irgendetwas an ihm, das ihn … anders machte. Conny
sah irritiert auf und begegnete dem Blick zweier dunkler, sehr durchdringender
Augen, die den Eindruck erweckten, dass ihnen nichts entging. Irgendetwas … Sonderbares schien den Mann zu umgeben, das nicht zu beschreiben, aber sehr
unangenehm war.
    Vielleicht war es auch die simple Tatsache, dass sie auf jemanden
wartete.
    Und zwar

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