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Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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nicht auf sie, denn sie hatte ein blaues Notizbuch mit goldenen Sonnen und Monden auf dem Einband entdeckt. Teenager lärmten herum und stießen mit ihren Rucksäcken gegen sie. Hinter ihr hupte ein entnervter Motorradfahrer eine Gruppe Radler an. Eine aggressive junge Frau in Springerstiefeln drängte sich zwischen Kate und dem Schaufenster hindurch. »Entschuldigung«, sagte Kate laut. Ihre Ohrringe klirrten bei jeder Bewegung. Sie überlegte, ob sie nicht doch das Notizbuch mit den feuerroten Mohnblumen und der schwarzen Katze schöner fand. Zwei Männer mittleren Alters in Tweedjacken und schwarzen Roben schlängelten sich gekonnt vorbei, ohne ihr angeregtes Gespräch zu unterbrechen, obwohl sie einer ziemlich lauten italienischen Jugendgruppe ausweichen mussten. Dieseldunst waberte in bläulichen Wolken über die Straße.
    »Entschuldigung!«, wiederholte Kate, als ihr erneut ein Passant auf die Füße trat.
    »Mein Fehler.« Die Antwort hatte sie nicht erwartet.
    Kate blickte vom Schaufenster auf, wo sie einen ungewöhnlich schönen, schwarzen Füller mit vergoldeter Feder entdeckt hatte. Neben ihr war ein Mann stehen geblieben und schien sich über den Zustand ihres Fußes Sorgen zu machen. »Griechische Gottheit«, war alles, was ihr bei seinem Anblick einfiel. Er sah wirklich außergewöhnlich gut aus. Ein langes, schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und schwarzen Augenbrauen. Intelligent, aber kein Intellektueller, dachte sie. Schieferblaues Hemd, dunkelgrüne Krawatte, grauer Leinensakko. Er würde sich hervorragend auf ihrem Samtsofa machen, doch auf die Schnelle fiel ihr keine Möglichkeit ein, ihn dorthin zu bekommen.
    »Schon gut«, sagte sie und blickte tief in seine dunkelblauen Augen. Am liebsten hätte sie ihm eine lange Geschichte aufgetischt, dass sie vor Schmerzen fast von Sinnen wäre und unbedingt eines Whiskys bedurfte, die Pein zu betäuben. »Ist nichts passiert.« Sie rieb den linken Knöchel am rechten Fuß und begutachtete sein dichtes braunes Haar, die feste Kinnlinie und die gesunde Sonnenbräune. »Wird sicher nicht lang wehtun.« Bedauernd sah sie seinen breiten Schultern und dem geraden Rücken nach. Er ging noch ein Stück die High Street in Richtung Carfax entlang, bog in eine kopfsteingepflasterte Gasse ein und verschwand aus ihrem Blickfeld. Die Bartlemas Row, dachte Kate. Ob er zum College gehört? Vielleicht kennt Emma ihn ja. Wenn er zufällig solo ist, könnte sie uns miteinander bekannt machen. Doch dann seufzte sie. Sie wusste sehr wohl, dass das Leben selten so gütig war. Und so betrat sie den Laden und bat darum, den Füller im Schaufenster ausprobieren zu dürfen. »Ja, den mattschwarzen mit der feinen Spitze bitte.«

    »Hallo? Emma Dolby am Apparat.«
    »Hallo Emma. Hier ist Senta Norris.«
    »Was kann ich für dich tun, Senta?« Emma bemüht sich, warm und herzlich zu klingen, doch es klappt nicht ganz. Senta Norris ist ein aufstrebendes Talent auf dem Gebiet historischer Sagas und kämpft sich gerade an die Spitze der Bestsellerlisten. Doch auf ihrem Weg nach oben hat sie Emma ordentlich ihre Absätze spüren lassen.
    »Weißt du noch, bei einem unserer Treffen mit dem Komitee haben wir über eine Anthologie gesprochen. Jeder der Teilnehmer könnte eine Kurzgeschichte beitragen.«
    »Richtig«, bestätigte Emma. »Aber ich glaube, wir waren uns über den Herausgeber nicht einig. Hast du etwa eine Idee?«
    »Ehrlich gesagt habe ich daran gedacht, die Sache selbst in die Hand zu nehmen«, säuselt Senta. »Natürlich ohne Kosten für das Komitee.«
    »Und du glaubst, du könntest diese Anthologie einem Verlag verkaufen?«, fragt Emma, die den Charakter ihrer Gesprächspartnerin durchaus durchschaut.
    »Nun, ehrlich gesagt …« Senta hält inne, weil ihr auffällt, dass sie sich wiederholt, und sie sich fragt, ob Emma tatsächlich so naiv ist, wie sie sich gibt. »Ich glaube, ich könnte meinen Verlag dafür interessieren, wenn wir eine gute Prise Sex hineinbringen.«
    »›Geschlecht und Genre‹ – ist das nicht Sex genug?«, fragt Emma.
    »Na ja, vielleicht fällt uns noch ein besserer Titel ein«, sagt Senta. Ihre Augen ruhen auf einem Brief von ihrem Verlag, in dem steht, dass das Buch mit dem Titel »Sex – Eine literarische Chronik«, herausgegeben von Senta Norris, innerhalb der nächsten zwölf Monate erscheinen wird, und dass Senta als Herausgeberin fünftausend Pfund Honorar sowie zehn Prozent vom Reingewinn erhält. Die Rechte an den Beiträgen

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