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Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Titel: Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Milde
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diesem Weg. Da, wo ich es zuließ, geführt zu werden; da, wo "Egon", wie ich mein Ego nenne, sich nicht querstellte und meinte, alles selbst zu können. Und ich war auf dem ganzen Weg beschützt. Diese Botschaft wollte ich mit nach Hause nehmen: "Ich kann dem Leben vertrauen. Ich bin allzeit beschützt. Für mich ist gesorgt."
    Nach 35 Kilometern durch schönste Natur, als wolle der Weg sich noch einmal von seiner besten Seite zeigen, komme ich in Santa Irene in einer privat geführten Herberge, mit einem hübsch angelegten Garten, an. Die junge Hospitalera ist ganz besonders freundlich. Sie zeigt mir mein Zimmer im ersten Stock und ich staune nicht schlecht über frisch bezogene Betten und frische Handtücher, die einladend für mich auf einem der vier Betten bereit liegen. Ich schaue wohl so ungläubig, dass die junge Frau zu lachen anfängt und mich ganz spontan in den Arm nimmt, sich nicht daran störend, dass ich dreckig und verschwitzt bin. Es tut mir gut, so willkommen zu sein und ich nehme mir fest vor, meine letzte Etappe nicht mit Trübsal blasen zu vergeuden, indem ich darüber nachdenke, was mich nach meinem Jakobsweg erwartet.
    Esther, so heißt die junge Frau, die sich wirklich rührend um alle ankommenden Pilger kümmert, hat ein einfaches, schmackhaftes Essen für alle zubereitet. Wir sitzen abends noch lange beisammen und wollen nicht so recht glauben, dass morgen das große Ziel, Santiago de Compostela, erreicht werden soll. Etliche Pilger sind regelrecht ramponiert, haben Knieprobleme, Hüftschmerzen und geschundene, schmerzende Füße. Aber bei allen überwiegen die Freude und das Wissen, etwas Großartiges geleistet zu haben. Und der Weg gibt mehr als er nimmt. Da sind wir uns einig. Ja, es war die richtige Entscheidung, diesen Weg zu laufen.
    Um Mitternacht scheucht uns Esther in unsere Betten. Es war ein langer Tag. Ein wunderbarer Tag! Dankbar sinke ich in die Federn, streiche noch über die glatte, saubere Bettwäsche und dann bin ich auch schon eingeschlafen.

Die lange Reise geht zu Ende
    Ich schlage die Augen auf und bemerke, dass ich mich so richtig ausgeschlafen fühle. Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, dass mein Gefühl stimmt. Es ist neun Uhr! Ich räkle mich genüsslich und freue mich, dass man mich hat schlafen lassen. Als ich runter in die Stube komme, treffe ich auf eine zerzauste Esther, die sich tausendmal entschuldigt, weil sie verschlafen hatte. Jetzt ist es an mir, sie lachend zu umarmen. Ich habe es nicht eilig heute. Es liegen zwar 25 Kilometer vor mir und ich möchte gerne rechtzeitig zur nachmittäglichen Pilgermesse in der Kathedrale sein, aber ich weiß auch, dass ich das bei meinem Tempo schaffen würde.
    Nach einem kleinen Frühstück verabschiede ich mich topfit von Esther und der kuscheligen Herberge und freue mich auf den heutigen Tag.
    Der Weg wechselt von Asphaltstraßen in einen Eukalyptuswald, von dessen Duft ich mich gerne einhüllen lasse. Diese Wälder sind typisch auf dieser letzten Etappe. Ich mag diesen eigenwilligen, lichten Wald mit seinen blaugrünen Blättern. In San Marcos-Monte de Gozo angekommen, bekomme ich als Kontrastprogramm eine wahre Scheußlichkeit zu Gesicht. Mehrere ineinander verschachtelte Betonklötze, die einen riesigen Beherbergungskomplex abgeben, verschandeln die Hänge des Monte de Gozo. Dieser Hügel wird auch Berg der Freude genannt, weil die Pilger von hier aus das erste Mal die Kathedrale von Santiago sehen konnten. Warum haben sich die Architekten nicht etwas mehr Mühe gegeben, um bei diesem Anblick auch Freude aufkommen zu lassen? Die Freude, die Kathedrale von hier aus zu sehen, bleibt mir auch verwehrt. Viel zu eingebaut liegt die Kathedrale im Häusermeer und ist von hier aus schwer auszumachen, noch dazu bei dem dunstigen Himmel. Auch das Pilgerdenkmal, ein martialisches Gebilde, das wuchtig mit Stein und Eisen in den Himmel ragt, gefällt mir nicht. Vielleicht bin ich einfach ein bisschen zu kritisch, weil in mir ein Gefühlschaos herrscht. Einerseits kann es mir heute nicht schnell genug gehen, in der Kathedrale anzukommen, andererseits vermisse ich jetzt schon die unberührte Natur, die Wälder und Felder, die Ruhe, die gute Luft, die Muße, einfach die Isomatte in einer Wiese auszubreiten, den Kopf auf die verschränkten Arme zu legen, die Wolkenbilder zu enträtseln und mich meinen Gedanken zu überlassen und mit ein bisschen Glück, auch den wärmenden Sonnenstrahlen. Jetzt nimmt mich die Hektik der Stadt, aber

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