Unruhe: Der erste Fall für Kommissar Steen (German Edition)
Tochter zu.
»Hast du den Dieb gefangen? Hast du?«, fragte sie mit vor Erwartung weit aufgerissenen Augen.
»Ja, habe ich. Mit dem sind wir fertig.«
Cecilie setzte sich auf den Stuhl hinter Emma, sah ihn mit einer Furche in der Stirn und einem fein justierten Lächeln an, das auf unnatürliche Weise unter den Wangen festgeschraubt schien.
Er beobachtete ihr Gesicht, studierte es genau in der Hoffnung, etwas zu entdecken, oder war es nur aus alter Gewohnheit? Wo war der Riss, der sich neulich Abend in ihrem Panzer aufgetan hatte? Er suchte nach der Verletzlichkeit und der Zärtlichkeit, die er in ihrem Blick gesehen hatte, als könne er in sie hineinkriechen und die Cecilie von früher darin finden.
Vielleicht war es nur die Sorge um seinen Zustand, der Zustand des Vaters ihres Kindes, der sie dazu gebracht hatte, herzukommen.
Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber er kam ihr zuvor.
»Letzten Sonntag, warum bist du da zu mir gekommen?«
Cecilie stand auf und ging zum Fenster. Wandte ihm den Rücken zu.
»Ich dachte … ich glaubte einfach … sollten wir das jetzt nicht lassen?«
Sie war zur Geschäftsordnung zurückgekehrt, einer neuen, die da lautete ›verantwortungsbewusstes und vernünftiges Handeln zum Wohle des Kindes trotz Trennung‹. Als könnte sie Gedanken lesen, sagte sie:
»Ich habe einen Termin bei der Beratung ausgemacht. Ich hoffe, du bist einverstanden.«
Niemals Ruhe, immer durch die Manege gejagt werden. Er wünschte, er wäre allein mit seiner Tochter.
»Ganz ehrlich, Cecilie, ich habe ganz andere Dinge im Kopf.«
»Ich weiß, aber wir machen das, okay?«
»Ja. Es ist sicher eine gute Idee. Ich will doch auch, dass alles läuft«, sagte er und schwieg, während er spürte, wie sich die folgenden Worte wie Lava durch seinen Mund schoben.
»Da ist etwas, das ich dich fragen muss: Hast du Jens Jessen erzählt, dass du Haschisch bei mir gefunden hast, nachdem wir uns die ganze Nacht geliebt haben?«
Sie sah aus, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst.
»Axel, lass es. Darum geht es doch nicht, oder? Es hat nichts mit ihm zu tun, dass ich gekommen bin. Ihn darfst du nicht bestrafen. Er ist in Ordnung. Und mich darfst du auch nicht bestrafen. Ich war schwach. Und das warst du auch. Wir hatten vergessen, wie es war.«
Wir? Natürlich hieß es jetzt ›wir‹, damit sie nicht allein die Verantwortung trug.
Sie seufzte, kaute an einem Nagel und sah ihn mit einem Mal wütend an.
»Aber an eines hast du mich wahrhaftig erinnert. Du wirst dich nicht in mein Leben einmischen. ›No trespassing‹, Axel, auch wenn du mit ihm zusammenarbeiten solltest. Ich gebe dir die Chance mit der Beratung. Du solltest sie nicht verspielen!«
Emma sah verwirrt von einem zum anderen. Axel drückte ihr die Hand. Er hasste dieses dumme Miststück. Und liebte sie.
»Papaa! Darf ich deinen Gipsarm anfassen? Darf ich etwas draufschreiben?«
Axel nickte und hob den Arm. Die Lunge fühlte sich an, als wäre sie voller Schleim. Mit einem Filzstift im Mund kletterte Emma zu ihm aufs Bett.
»Ich male ein Herz. Und einen Schmetterling. Und da soll Emma stehen.«
Er folgte ihren sorgfältig gezeichneten Strichen mit dem Blick und versuchte, sich auf Emma zu konzentrieren, während er sich darüber ärgerte, dass stets seine Gefühle für Cecilie zwischen ihn und sein Kind traten.
Auf dem Stahltisch neben dem Bett stand eine Vase mit einem Strauß weißer Rosen, darin steckte ein weißer Umschlag. Es war ein Gesicht darauf gemalt. Gute Besserung stand da. Von Laila und Louie.
Es klopfte an die Tür.
Rosenkvist erschien, dann Jens Jessen, Kristian Kettler, Henriette Nielsen und John Darling.
»Ich hoffe, wir stören nicht«, sagte Rosenkvist.
»Nein, nein«, antwortete Cecilie, »wir wollten gerade gehen. Komm, Emma.« Sie drückte Jens Jessen kurz an der Schulter, alssie an ihm vorbeiging. Er wandte sich Emma zu und tat so, als wollte er mit ihr boxen, zum Dank schlug sie ihm mit aller Kraft auf den Oberschenkel. Er lachte albern.
Dann standen sie um sein Bett herum. Axel blinzelte, als wäre mit seiner Sehfähigkeit etwas nicht in Ordnung.
»Träume ich oder wache ich?«, sagte er.
Höfliches, aber spärliches Lachen. Rosenkvist ignorierte die Bemerkung.
»Du bist wach«, sagte er.
»Ich dachte schon, ich wäre in der Hölle.«
»Du bist der Held des Tages, Steen«, sagte Rosenkvist. »Wenn das hier deine Vorstellung von der Hölle ist, dann sagen wir mal, dass du tatsächlich dort
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