Unscheinbar
waren, dachte er nicht mehr.
Und er beachtete auch etwas anderes nicht.
Das Eisengeländer vor ihm schimmerte immer wieder leicht bläulich auf. Fast so, als stünde es unter extremer elektrischer Spannung…
Peter versuchte zu erkennen, ob er die Ursache des kaputten Lichts aus dem Trockenen finden konnte. Aber er sah nichts. Also trat er noch ein Stück näher an sein schmiedeisernes Geländer heran. Er spähte hinaus und glaubte einen Stein in der zerborstenen Höhle des Scheinwerfers liegen zu erkennen. Ungläubig griff er mit beiden Händen nach dem Geländer. Seinem Schmuckstück. Seinem Stolz.
Der Stromschlag erwischte ihn sofort. Die Spannung durchfuhr seinen Körper mit voller Wucht. Er konnte sich nicht mehr rühren. Unfähig seine Hände vom Geländer zu lösen, verkrampften sich seine Muskeln.
Und mit ihnen auch der lebenswichtige Herzmuskel.
Als man Peter fand, zusammengesunken an sein geliebtes Geländer angelehnt, ging man von Herzversagen aus. Ob es ein Stromschlag war, darüber war man sich nicht ganz einig. Aber auch wenn, es spielte keine Rolle. Denn ein Stromschlag war einfach zu erklären. Ein starkes Gewitter direkt über dem Haus, Blitzschläge und ein eisernes Geländer als perfekter Leiter. Peter hatte es nur noch berühren müssen.
Vielleicht hätten ihn seine Schuhe mit den gummierten Sohlen retten können, hätte er sie nur angezogen, bevor er nach seinem Scheinwerfer gesehen hatte. Das hatte er aber nicht getan.
Auch das, was man in Peters Schoss gefunden hatte, war zwar unglücklich und ziemlich gruselig, aber nicht unwillkommen. Denn damit konnte ein offener Fall innert Kürze auf einfache Weise geschlossen werden.
In Peters Schoss lag ein Schädel. Ein menschlicher Schädel. Die Haut war abgezogen worden. Nur noch schwarz verkrustetes Blut klebte an dem glatten, weissen Knochen.
Die zuständigen Behörden fanden bald heraus, dass der Schädel zu dem vermissten Millionär gehörte.
Dass der Fall komplizierter lag, konnte und wollte niemand erahnen.
Strang 2 / Kapitel 3
Vor lange Zeit lebte einmal in der Klus hinter der Ruine Neu-Falkenstein ein Bauer, dessen Habgier seines Gleichen suchte. Eines Tages lief ein Ahnungsloser dem Bauern über den Weg. Der Bauer sah dem Mann den Reichtum an, was sogleich seine schlechteste Seite weckte. Aus reiner Habgier erschlug er den Mann und vergrub den leblosen Körper. Als der Bauer Jahre später gedankenlos ein Loch schaufelte, stiess er auf den Schädel des Ermordeten. Der Schädel begann zu bluten. Und der Mörder starb auf der Stelle.
Er hatte sich im Unterholz verborgen und beobachtete die Leute ganz genau, die um den toten Peter herumschlichen. Das Gesicht, das derjenige gemacht hatte, der den blanken, blutbeschmierten Schädel in Peters Schoss entdeckt hatte, war zum Umfallen komisch gewesen. Beinahe hätte er laut herausgelacht. Im letzten Moment hatte er sich aber beherrschen können.
Er freute sich, als er hörte, dass sie davon ausgingen, ein Blitz hätte das Geländer elektrisch aufgeladen.
Wenn die wüssten.
Wenn die wüssten, dass er es gewesen war. Dass er den Generator abgestellt hatte, um eine der unprofessionell verlegten Leitungen herauszureissen und an das Geländer zu montieren. Nur, um dann den Generator wieder einzustellen. Dummerweise hatte Peter zu wenig lange gepafft und war zu früh wieder im Haus verschwunden. Also musste das Auto leiden. Ein zielsicherer Wurf und das Scheinwerferglas zerbrach. Der gewünschte Effekt trat kurz darauf ein. Peter kam erneut heraus und lehnte sich prompt ans Geländer.
Schön, wie er hilflos gebrutzelt hatte.
Der Rest war dann ganz leicht gewesen. Weg mit dem Strom und Peter sackte in sich zusammen. Den Totenschädel auf seinem Schoss platziert und beendet war das Kunstwerk.
Ihm fiel die Schweinerei wieder ein, die der Mord an dem Wanderer verursacht hatte. Ein wohliger Schauer lief über seinen Rücken. Schade, dass er so ein Gemetzel nicht noch einmal anrichten konnte.
Oder vielleicht doch?
Dass sich der Wanderer verlaufen hatte, war genausowenig ein Zufall gewesen, wie die Tatsache, dass er auf Peters Grundstück gelandet war. Man hatte ihm eines Nachts eine falsche Karte untergejubelt, woraufhin er die Orientierung verlor. Passenderweise war auf dieser falschen Karte Peters Haus als SAC-Hütte eingezeichnet gewesen.
Nur: Peters Heim existiert auf keiner Karte.
Seine Rettung vor Augen hielt der Wanderer direkt
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