Unscheinbar
bereuen.“ Martin erhob sich von seiner Bank. „Ich werde jetzt die paar Minuten Schlaf, die mir noch bleiben, einholen.“
„Ach komm, noch einen!“ Sandrine, die mit geröteten Wangen hinter einer Flasche hauseigenem Kirsch hervorlächelte, erhob ihr Gläschen.
„Nein, meine Liebe. Die Kühe fordern meine Aufmerksamkeit, und das schon bald. Gib Gregor noch einen Schluck, der kann über seinen Büchern wenigstens schlafen.“
Damit kehrte Martin der Runde den Rücken und wankte ins Haus. Kurz bevor er in der Tür verschwand, regte sich in den überschwemmten Hirnwindungen eine Erinnerung. Martin blieb stehen und drehte sich noch einmal zu der fröhlichen Runde um.
Sandrine, der festen Ansicht, er hätte es sich anders überlegt, frohlockte bereits.
„Süsse Sandrine, spar dir dein Lächeln für meinen Bruder.“
Gregor errötete.
„Ich kehre nicht an den Tisch zurück. Mir kam da eben ein Einfall, den ich bereits früher am Abend schon hatte.“
Gespannt horchten alle auf.
„Weiss eigentlich irgendjemand, wo Peter steckt?“
Die am Tisch verbliebenen sahen sich gegenseitig fragend an. Schulterzuckend antwortete Ruths Bruder Bernard. „Keine Ahnung. Vielleicht war er zu geizig, die Fahrtkosten bis hierher auszulegen!“
Allgemeines Gelächter brach los. Auch Martin gluckste. Wahrscheinlich hatte Bernard sogar recht. Peter war ein Geizhals, schon immer gewesen und es wurde immer schlimmer, je mehr Jahre ins Land zogen. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Peter sogar die Reise zu seiner Familie zu teuer wurde. Nun schien es so weit zu sein.
Martin zeigte zur Bestätigung mit dem Finger in Bernards Richtung.
„Apropos Vermisste. Habt ihr eigentlich von dem Millionär gehört, der Wandern ging und spurlos verschwand?“ Erwartungsvoll schaute Bernard in die Runde.
„Nein, davon habe ich nichts gehört. Erzähl! Wo war denn das?“ Sandrines Neugierde war geweckt.
Bernard liess sich nicht zweimal bitten. „Also, da hat offenbar so ein reicher Typ einen Wanderurlaub geplant. Er war wenig erfahren, wollte aber unbedingt alleine los. Es kam wie es kommen musste. Der Gute kehrte dummerweise nicht mehr zurück.“
„Er kehrte nicht zurück? Im Ernst? Wann verschwand er? Hat man ihn nicht gesucht?“ Das kam von Gregor.
„Noch nicht. Die Meldung kam erst heute rein.“
„Augenblick, wenn die erst heute kam und du weisst davon, dann kann ich wohl Sandrines Frage nach dem Wo beantworten“, gab Gregor zurück.
Bernard nickte wissend. Da schaltete auch Sandrine.
„Augenblick. Sie haben deinen Suchtrupp angefordert! Der Wanderer verschwand in unserer Region! Das ist ja aufregend! Warum habt ihr mit der Suche noch nicht begonnen?“
„Nach unseren Berechnungen müsste er sich in ziemlich unwegsames Gelände verlaufen haben. Wir bekamen aber eine üble Unwetterwarnung rein. Ein Start mit dem Helikopter wäre der reine Selbstmord gewesen.“
„Also habt ihr die Suche bis nach dem Unwetter verschoben? Und du sitzt hier und trinkst?“ Gregors Tadel war nicht von der Hand zu weisen, aber Bernard winkte ab.
„Ich flieg die Maschine ja nicht!“ Er klopfte auf den Tisch und lachte laut heraus. „Nein Junge, mach dir keine Sorgen, es ist alles organisiert.“
„Aber“, Sandrine zögerte, „wo ist denn dieses Unwetter? Müsste das nicht auch uns erreichen?“
„Wenn, dann hätte es euch bereits getroffen, aber es sieht ganz danach aus, als hättet ihr Glück gehabt!“
Martin hatte sich längst ins Haus verzogen, begleitet von der Unterhaltung der anderen. Er hatte das Fenster in seinem Zimmer geöffnet, um die milde Nachluft hereinzulassen. Mit ihr wehten auch die Stimmen in den Raum. Bernards Bericht wirkte wie eine spannende Gutenachtgeschichte.
Das war das letzte, was Martin Emma aus eigener Erfahrung berichten konnte. Über Peters Verbleib konnte er ihr anvertrauen, was auch er nur von Dritten wusste. Und das war wenig. Es gab wilde Spekulationen, die Martin teilweise auch an Emma weitergab. Sicher wusste man aber nur, dass Peter nicht an das Fest kam, weil er eine andere Verpflichtung wahrnahm. Er folgte der Einladung von Gevatter Tod.
Und wie es dazu kam, wusste nur einer. Sein Mörder.
Strang 2 / Kapitel 2
Peter lebte abgeschieden in einer Hütte im Wald. Ohne fliessend Wasser und ursprünglich ohne Strom. Während das Wasser aus einem Brunnen sprudelte, musste er seine Hütte nachts mit Kerzen und
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