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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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konnte die Realität verpacken. So verkamen die Tragödien zu Schauergeschichten, die der Wahrheit allerdings ungemein nahe kamen. Aber die eigentliche Wahrheit und die damit verbundene Angst, darüber schwieg man, bis sie tatsächlich unwirklich wurde. Fast so, als wären es nie etwas anderes als Geschichten gewesen. Damit waren alle zufrieden. Das klappte auch wirklich gut. Bis heute.“ Alice sah Emma direkt in die Augen. „Oder soll ich sagen, bis vorgestern?“
    „Naja, dass sich hier alles gegen meine Aufgabe wehrt, habe ich auch schon festgestellt. Sogar mein Auto schien nicht glücklich mit meinem Entscheid gewesen zu sein, wie man sieht. Es war wohl ein Fehler hierherzukommen. Aber das konnte ich vorher ja nicht wissen, oder?“
    „Nein. Natürlich nicht. Es tut mir auch Leid für dich. Wie es scheint, wurdest du das Opfer von jemandem mit ganz miserablem Humor.“
    „Offensichtlich. Aber warum tut er das? Und warum ich?“ Auf einmal war Emma ernsthaft beunruhigt.
    Was sollte das alles?
    Entschlossen schob sie dieses neue, ungute Gefühl beiseite.
    Verfolgungswahn. Mehr nicht.
    Emma bemühte sich um ein heiteres Lächeln. „Nun, der Gute kam mir von Anfang an etwas wirr vor. Aber mein Leben brach sowieso gerade in Stücke. Verkriechen oder abhauen waren da zwei verlockende Optionen. Dieser vermeintliche Martin bot mir Variante zwei und ich griff blindlings danach. Wie dämlich.“
    „Nein. Nur natürlich.“ Alice legte ihre Hand auf Emmas Arm und drückte ihn verständnisvoll.
    Emma lächelte sie dankbar an. „Ich werde jetzt gehen und mich auf meine Rückreise vorbereiten. Und wenn ich zurück bin, werde ich als erstes diesem Möchtegernmartin die Leviten lesen.“
    „Das ist Kampfgeist.“
    Alice begleitete Emma zur Tür. Doch bevor Alice Emma gehen liess, zog sie sie in ihre Arme. Emma konnte nicht anders als die Umarmung erstaunt zu erwidern.
    Zurück im Auto schüttelte Emma verwirrt den Kopf. Erstaunliche Menschen. Entweder abweisend wie Eiszapfen oder freundlich wie ein Sonnenstrahl am Morgen.
    Auf halbem Weg zurück erinnerte sich Emma an ihr eigentliches Vorhaben.
    Er war nicht nach Hause gekommen. Sie wusste nicht, wo er steckte. Es war dunkel. Und sie war müde. Alles sprach dagegen. Trotzdem lenkte sie den Wagen an der Hauptstrasse nach rechts, anstatt nach links.
    Es war ein reines Bauchgefühl, das sie zurück auf den Berg trieb. Sie glaubte nicht, dass er in einer der wenigen Beizen sass. So unterkühlt, wie sie ihn willkommen geheissen hatten, würde er sich kaum alleine unter sie wagen und auf Konfrontationskurs gehen. Oder? Woher wollte sie das eigentlich wissen?
    Genau genommen hatte sie keine Ahnung. Das hielt sie aber nicht davon ab, ihren eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen.
     
     

Strang 1 / Kapitel 15
     
    Er hockte in seinem Versteck und lauerte, als die Scheinwerfer in schmalen Streifen die Nacht durchbrachen. Na sieh einer an, wer da zu der kleinen Party dazukam. Das lief ja besser, als gedacht. Dass Ben wieder auftauchen würde, war klar gewesen. Er war einfach zu durchschaubar. Dass er aber zu Ben auch die Kleine mitdazubekam, hätte er sich nicht träumen lassen. Zumindest nicht schon heute. Dieser Umstand war aber Fluch wie Segen. Schon wieder musste er seine Pläne umstellen, sie den beiden anpassen. Anstatt dass sich die beiden ihm anpassten.
    Miststück.
    Aber er war flexibel. Er zwang sich dazu. Alles war in Ordnung. Er sagte es sich immer wieder. Alles in Ordnung. Er hielt die Zügel nach wie vor in der Hand.
    Man musste nun einmal mit kleinen Anpassungen in den Spielzügen rechnen, wenn man mit lebenden Objekten spielte. Und zwei auf einen Streich? Das war doch eigentlich gar nicht so übel. Um nicht zu sagen erfreulich.
    Er hatte sich soweit wieder im Griff, dass der aufkeimende Ärger in Freude umschlug.
    Er konnte seine Erregung kaum zügeln. In seinen Fingern zuckte es bereits. Die Augen leuchteten vor Begeisterung.
    Aber er musste sich beherrschen. Keine Fehler. Sonst wäre alles umsonst. Und der Spass viel zu schnell vorbei.
     
    Emma parkte den Ford an demselben Ort, an dem sie auch schon den Mini abgestellt hatte. Sie machte das Abblendlicht aus und musste feststellen, dass es stockfinster war. Natürlich. Hier gab es keine Strassenlaternen oder ähnliches. Woher auch?
    In der Hoffnung, Walter als Mechaniker würde in seinen Autos brauchbares Material aufbewahren, durchwühlte sie das Handschuhfach und wurde prompt fündig. Eine grosse schwere

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