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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Taschenlampe lag vergraben unter einigen Dokumenten. Und sie funktionierte sogar.
    Emma stieg aus dem Auto aus, schloss sorgfältig die Tür und leuchtete in die Dunkelheit um sich zu orientieren. Der Lichtkegel reichte beruhigend weit. Er huschte über Gestrüpp und Bäume, über die Fundamente der alten Werkstatt. Dann traf er auf elegantes Schwarz.
    Sie hatte also Recht gehabt.
    So gut es ging versuchte sie das klamme Gefühl der Angst zu vertreiben. Bei Tag war es hier schon unheimlich. Bei Nacht war es eine Tortur. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie Ben und seine Freunde in der Jugend hierher gekommen waren um sich ihren Mut zu beweisen. Nur um sich dann, wahrscheinlich auch im Schein einer Taschenlampe, gegenseitig Angst einzujagen, in dem sie sich die alten Geschichten über diesen Ort erzählten.
    Da konnten Geisterbahnen auf dem Jahrmarkt einpacken.
    Hier und da raschelte es zwischen den Bäumen. Und jedes Mal fuhr Emma erschrocken herum. Sie leuchtete im Reflex dorthin, woher die Geräusche kamen. Das Licht entlarvte aber nichts als Bäume und Gestrüpp.
    Sicher, mitten in der Wildnis keine nachtaktiven Tiere zu erwarten, wäre töricht.
    Dennoch wünschte sie, die Viecher würden still sein.
    Das nächste Geräusch war direkt über ihr.
    Erschrocken leuchtete sie nach oben. Mit ängstlich geweiteten Augen starrte sie auf das Blattwerk über ihr. Und der Baum starrte zurück.
    Emmas Kehle entfuhr ein Quieken, das einem Meerschweinchen hätte Konkurrenz machen können. Eiligst ergriff sie die Flucht. Nicht etwa zu ihrem Auto. Sie strebte weiter nach oben.
    Schliesslich zwängte sie sich durch die letzten Büsche, die die Sicht auf den Hof versperrten und kam wie erwartet auf dem Vorplatz heraus. Mit dem Anblick, der sich ihr bot, hatte sie nicht gerechnet. Es verschlug ihr für einen kurzen Augenblick den Atem. Es war nicht unheimlich. Nicht nur. Die Fassade hob sich dunkel vom nachtblauen Himmel ab. Umringt von den Sternen und beschienen vom Mond, wirkte sie, als würde das Haus nur schlafen. Als bräuchte es nicht mehr als ein bisschen Zuwendung um wieder zum Leben zu erwachen. Wieder gingen ihr Martins Worte durch den Kopf.
    ... Aber ich glaube, du kannst den wahren Wert dieser Liegenschaft erkennen und sie aus dem Schlaf holen...
    „Was willst du hier?“
    Emma zuckte zurück. Sie hatte ihn nicht gesehen. Dabei stand er kaum zwei Meter von ihr entfernt an einen Baum angelehnt.
    „Dasselbe könnte ich dich auch fragen. Das hier scheint mir nicht der passende Ort für tiefgreifende Grübeleien.“
    „Wer sagt, dass ich grüble?“
    Gute Frage.
    „Du denkst nicht nach? Dann hast du dich hier eingemietet? Gibt gemütlichere Orte.“
    Ben schnaubte. Er stiess sich von seinem Baum ab und trat auf sie zu. „Und du? Keine Angst?“
    „Naja, ein wenig. Hast du gewusst, dass die Bäume Augen haben?“
    „Hier hat alles Augen. Du wärst überrascht, was sich hier um diese Zeit so alles herumtreibt.“
    Das wäre auch er.
    „Oh, das bin ich in der Tat. Schwarze Motorräder, gutaussehende Männer, die vor mir fliehen…“ Emma blitzte Ben herausfordernd an.
    „Vor dir kann man nur fliehen. Ich kenne dich kaum zwei Tage und bekam schon mehr Ärger als in meinem ganzen Leben zusammen.“
    „Dann war dein Leben aber mächtig langweilig. Gut, hast du mich getroffen.“ Zufrieden registrierte sie, dass sein linker Mundwinkel leicht in Richtung Ohr wanderte. Ein halbes Lächeln. Besser als nichts.
    „Aber jetzt mal im Ernst. Es tut mir leid. Es tut mir aufrichtig leid. Ich habe dich als Schachfigur benutzt um einen Kampf auszutragen, den ich alleine hätte bestreiten sollen. Ich habe dich und das was war zum Gegenstand für einen persönlichen Rachefeldzug missbraucht. Das war nicht fair. Und du hast das, glaube ich, auch nicht verdient.“
    Der zweite Mundwinkel folgte dem Beispiel des ersten. „Du glaubst , das hätte ich nicht verdient?“
    „Beton das nicht so. Um das beurteilen zu können, kenn' ich dich noch nicht lange genug."
    „Oh, genau genommen, kennst du mich in- und auswendig.“ Und da war auch das fiese Leuchten in seinen Augen wieder.
    Gut.
    „Du hast Recht. Und soeben habe ich eine neue Facette kennengelernt.“
    „Die wäre?“
    „Du bist ekelhaft.“
    „Ach ja? Kam mir aber nicht vor, als fändest du mich besonders eklig. Oder war dein Angriff auf meinen Hals ein Versuch dich gegen mich zu wehren?“
    Bei der Erinnerung rann ein wohlig warmer Schauer durch Emma. Vom Haaransatz bis

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