Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
Vom Netzwerk:
schaute, entdeckte sie wieder dieses Flackern.
    Er nahm sie auf den Arm. Er hatte offenbar Spass daran gefunden, sie zu necken. Und, war das so schlimm? Eigentlich nicht. Also schwieg sie.
    Ben nahm ihre Hände und zog sie auf die Beine. Gemeinsam traten sie den Rückweg an, um sich ein Bild von dem Schaden zu machen. Das Motorrad stand noch da, wie er es abgestellt hatte. Abgesehen von einer dicken Staubschicht, schien auch das Auto unversehrt. Doch vor dem Auto türmte sich ein riesiger Haufen Geröll. Es wirkte, als wäre der ganze Berg abgebrochen. Einen Teil der Strasse hatte die Lawine mitgerissen.
    Was für ein Chaos.
    Prüfend liess Ben seinen Blick über die Felswand hochwandern. Man konnte die Abbruchstelle deutlich erkennen. Die Hangsicherungen waren verschwunden. Die Massen hatten sie einfach mitgerissen.
    Ben musterte den Rand einer Felskante.
    Da hörte er ein leises Geräusch. Er traute seinen Ohren kaum. Konnte es sein…? War das ein Kichern? Doch so schnell wie es kam, war es auch wieder weg.
    „Und wie kommen wir nun von hier fort?“
    Das eigentliche Problem vor Augen geführt, erwachte Ben aus seinen Gedanken. „Wir klettern.“
    „Das ist nicht dein Ernst. Das ist viel zu gefährlich! Und wenn dieses Geröll nachgibt? Und wir abstürzen? Lebendig begraben werden?“
    „Bevor du lebendig begraben wirst, hat sicher ein Stein erbarmen und schlägt dich bewusstlos. Willst du hier übernachten?“
    Emma sah sich um. Es gab Bequemeres. „Nein, will ich nicht. Aber wenn wir drüber sind, was dann?“
    „Laufen.“
    „Ins Dorf? Weisst du, wie weit das ist?“
    „Ich bin hier aufgewachsen, also frag mich das doch bitte noch einmal, ja?“ Ben ging zum Auto. Er öffnete den Kofferraum, holte sich Walters Abschleppseil heraus und legte es zuerst Emma um die Taille. Dann band er es um seine eigene. Schliesslich steuerte er mit Emma im Schlepptau auf die Gerölllawine zu und begann sich langsam und vorsichtig, Fusstritt für Fusstritt und Handgriff für Handgriff an die Massen heranzutasten. Emma sah ihm besorgt zu.
    „Ich hab Schiss.“
    „Um mich?“
    „Stell dir vor, ja. Ich versteh’s zwar nicht, aber irgendwie scheinst du mir ein bisschen ans Herz gewachsen zu sein, also sei bitte vorsichtig.“
    „Ich würde das gerne auch über dich sagen können. Aber um den Wunsch nach Vorsicht zu äussern, muss man sich erst in Gefahr begeben. Also komm her.“
    Gezwungenermassen tat Emma wie geheissen. Skeptisch begutachtete sie den Haufen vor sich. Zögernd griff sie nach dem ersten Vorsprung, der Halt zu versprechen schien.
    Ben war schon ziemlich weit gekommen, als er sich nach ihr umdrehte. Das Abschleppseil war beinahe gespannt.
    „Sag mal, bist du als Kind auch auf Bäume geklettert oder hast du dir von Anfang an nur Mister-Schweiz-Wahlen angesehen und deine Nägel lackiert?“
    „Sehr witzig. Ich glaube allmählich, dir scheint das Ganze Spass zu machen!“
    „Alles andere bringt ja nichts!“, sprach‘s, und kletterte weiter.
    „Jetzt komm, zeig mal, was du drauf hast. Folge einfach meinen Abdrücken im Schmutz.“
    Vorsichtig begann Emma zu klettern. Und prompt griff sie daneben. Das Stück Erde brach heraus und Emma rutschte ab. Ben hatte gerade genug Halt, um ihre Rutschpartie frühzeitig zu beenden.
    Verschreckt und mutlos klammerte sich Emma an den nächstbesten Ast, der aus der Lawine herausragte.
    „Hey, tust du mir einen Gefallen?“ Bens Stimme war sanft und geduldig.
    Fragend sah Emma zu ihm hoch.
    „Wirst du mir vertrauen?“
    Sie legte die Stirn in Falten. Was war das für eine Frage?
    „Wir können hier abbrechen. Wir können uns ins Auto zurückziehen. Die im Dorf haben den Knall gehört, als sich der Fels löste und sie haben gehört, wie die Lawine hinunter donnerte. Sie werden also früher oder später kommen. Die Strasse wird aber kaum genutzt. Und informieren können wir sie nicht, weil wir hier kein Netz haben. Dass wir hier sind, wissen sie nicht. Zumindest noch nicht. Bis die eins und eins zusammengezählt haben, wird es vielleicht auch noch dauern. Also kommen sie wohl eher später. Aber wenn sie hier sind, können wir uns bemerkbar machen. Die Feuerwehr wird uns mit Sicherheit hinüberholen können. Bis die Strasse geräumt ist, wird es allerdings nochmal eine Weile dauern. Also entweder, wir versuchen unser Glück jetzt oder später. Hinüber müssen wir voraussichtlich auf jeden Fall. Einfach so durchspazieren, wird nicht innert nützlicher Frist gehen. Also

Weitere Kostenlose Bücher