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Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Titel: Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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war und damit seiner Meinung nach »unbrauchbar für Leibesertüchtigung«. Er hasste mich noch mehr, als ich ihm deutlich zu verstehen gab, dass ich tatsächlich keinen Bock auf seinen Unterricht hatte und mir die Fünfen, die er mir gab, überhaupt nichts ausmachten. Mit 14 ergatterte ich schließlich ein medizinisches Attest von meinem Hausarzt und war von da an befreit vom Sport. Für mich war klar: Ich bin unsportlich, und das ist auch gut so. Daraus entwickelte sich ein Großteil meines Selbstkonzepts. Ich definierte mich als Intellektueller, dem sein Geist weit wichtiger ist als seine Gesundheit. Ich begann schwarze Zigaretten zu rauchen, trank Pernod und schwere Weine und fand jegliche Form sportlicher Betätigung idiotisch und vor allem die Neigung der Leute, sich für jeden Sport anders zu verkleiden, lächerlich. Im Rückblick finde ich es erstaunlich, wie viel Einfluss ein einzelner unfähiger Lehrer auf mich gehabt hat.
    Wenn Sie mich heute sähen, hätten Sie Mühe, dieser Geschichte Glauben zu schenken. Sie würden sagen: »Sie? Sie sind doch alles andere als unsportlich.« Tatsächlich ist meine Figur heute sportlich-muskulös, wandere ich gerne, gehe seit Jahren jeden zweiten Tag ins Fitness-Center, mache dreimal in der Woche das anstrengende Bikram-Yoga und rauche und trinke nicht mehr. Da hat wohl eine Änderung von persönlichen Zielen stattgefunden, vom Saulus zum Paulus sozusagen.
    Diesen Sinneswandel verdanke ich jedoch nicht einem einzelnen Menschen, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, dass es in dieser Hinsicht jemanden wie Birkenkötter gegeben hätte, der mich motiviert bzw. demotiviert hätte. In diesem Fall haben eher andere, mir nicht völlig bewusste Kräfte gewirkt, etwa soziale Normen, Moden, Trends oder Werte, die in einer Gesellschaft oder innerhalb eines Freundeskreises Einzug halten. Sie sind dazu imstande, uns und unsere Persönlichkeit zu verändern. Wie groß der gesellschaftliche Wertewandel hinsichtlich unserer Gesundheit ist, wird im Nachhinein überdeutlich: Betrat man in den achtziger Jahren an der Uni ein Institut für Psychologie, schlug einem erst einmal eine beeindruckende blaue Dunstwolke entgegen. Fast alle meine Kommilitonen quarzten Gauloises, kaum einer trieb Sport, und fast alle lasen Heine, Goetz und Schopenhauer und liebten Provokationen, schwere Weine, Nackte auf Theaterbühnen und Alice Schwarzer. So zu sein wie ich damals, war nix besonderes, es traf auf eine ganze Gruppe von Menschen zu und entsprach somit der Gruppennorm.
    Zwanzig Jahre später haben sich die Zeiten geändert. Fitness-Studios boomen, und ich kenne niemanden aus meinem Umfeld, der kein Abonnement in einer Muckibude hat. Fast niemand raucht mehr, und die wenigen, die es doch tun, müssen das Restaurant dafür verlassen. Zudem gewinnt man schnell den Eindruck, dass, vorsichtig gesprochen, nur noch sehr bestimmte Leute rauchen. Sind es nicht vor allem die Menschen, die über wenig Geld verfügen (mit anderen Worten, diejenigen, für die wir nur den unschönen Begriff der sozialen Unterschicht bereithalten), die eine nach der anderen paffen, und nicht mehr die, die Sartre lesen? Eben diese Beobachtung belegen inzwischen auch wissenschaftliche Daten und reflektieren damit einen Trend, der aus den USA zu uns herübergeschwappt ist. Es sind die weniger Bemittelten, die rauchen, fett essen und sich unter die Sonnenbank legen. Warum das so ist, ist nicht ganz klar. Manche vermuten geringere Intelligenz (glaube ich nicht), manche, dass sich bestimmte Gruppennormen entwickelt haben, um sich von anderen abzusetzen: Wir »sind cool und das zeigen wir, indem wir rauchen« gegen die »mit ihrem lächerlichen Pilates und Yoga«. Meine unüberprüfte Vermutung ist die, dass man schlichtweg Geld für bestimmte Methoden der Entspannung braucht: eine Flasche Fusel und eine Packung Zigaretten kann sich jeder leisten, während die Mitgliedschaft in einem Golfclub schon mal so viel betragen kann wie zwei Monatseinkommen eines Hartz- IV -Empfängers. Das Resultat solcher strukturellen Unterschiede sind letztlich unterschiedliche Gruppennormen. Während Rauchen und Trinken in einer Gruppe akzeptiert werden, gilt es in der anderen als »asozial«. 8 Ob Sie selbst diesen Gesundheits- oder Fitnesstrend gut finden oder nicht, ob Sie gar eine große Ausnahme sind von der Regel 9 – beides ist hier nicht von Belang. Ich will an dieser Stelle lediglich illustrieren, wie sich Interessen und Ziele im

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