Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
die Niederlande gezogen, weil ich hoffte, dass es dort «gezelliger« zugeht. Und obwohl dies aus mehreren Gründen sicherlich ein Akt der Selbstregulation hin zu einem besseren Leben war, sollte man sich nichts vormachen. Auch hier beherrschen Stress und Konkurrenzkampf zunehmend den Arbeitsalltag.
Wir verändern uns also, mal zum Guten, mal zum Schlechten; mal bewusst, mal unbewusst. Unsere Psyche leistet dabei Gewaltiges, indem sie uns die Anpassung an bestimmte, sich ständig ändernde Verhältnisse erleichtert und uns an unsere Ziele führt. Unbewusste Anpassungsprozesse ersparen uns Nachdenken und die Verschwendung mentaler Energie. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit, selbst tätig zu werden und uns oder unsere Situation aktiv zu ändern. In dem Moment, wo es mir zu uncool wird, kann ich aufhören, mir Brote für die Mittagspause zu schmieren; oder ich kann meine Rechte als Arbeitnehmer geltend machen, in ein anderes Land ziehen und dergleichen mehr. Ich kann auch prinzipiell versuchen, die Welt zu ändern. Warum dies allerdings die wenigsten versuchen, wird in Prinzip 7 genauer behandelt werden.
Aktiv oder passiv Brote schmieren?
Wie wir gesehen haben, gehen viele Veränderungen von Verhaltensweisen mühelos und fast unbewusst vonstatten. An dem Tag, an dem ich entdeckte, dass ich Käsebrote schmierte wie alle anderen Niederländer auch, habe ich mich über mich selbst amüsiert. Die Welt verändert sich, und wir verändern uns mit ihr, werden verändert, passen uns an oder werden angepasst und funktionieren trotzdem wie am Schnürchen. Auch dies basiert teilweise auf unserem Gedächtnis, das Neues (wie z. B. Käsebroteschmieren) speichert und mehr und mehr mit unserem Selbst verknüpft.
Allerdings haben wir meistens den Eindruck, uns für das, was wir tun, selbst entschieden zu haben. Die Vorstellung, von anderen Menschen und Faktoren beeinflusst zu werden, ist uns unangenehm. Schließlich strebt jeder Mensch nach Freiheit und will Kontrolle über sich und andere haben. Wir wollen die Agenten unseres Handelns sein! Wie aber lässt sich erklären, dass wir offensichtlich manchmal von außen beeinflusst werden und doch überzeugt davon sind, selbst Herr über unsere Taten zu sein?
Daryl Bem hat in seiner Selbstwahrnehmungstheorie die These aufgestellt, dass wir uns manchmal auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, ohne uns bewusst dafür entschieden zu haben, und aus diesem Verhalten dann schließen, dass wir es tatsächlich so tun wollten. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Wenn ich auf einem Kongress, ohne groß darüber nachzudenken, eine Suppe löffele, mich dabei angeregt mit Daryl Bem unterhalte und er mich fragt: »Schmeckt’s?«, dann schlussfolgere ich aus diesem Verhalten, dass es mir wohl schmecken muss. Ansonsten würde ich die Suppe ja nicht essen. Ich esse sie aber nicht, weil sie mir schmeckt; ich habe mich nicht dazu entschlossen, sie zu essen, weil ich Lust auf sie hatte oder sie unbedingt probieren wollte. Nein, irgendein Kellner hat sie vor mich hingestellt, weil sie Teil des Kongressmenüs ist. Ich habe mich unterhalten und sie nebenbei gegessen – das machen hier alle so, es ist die soziale Norm. Den Grund für mein Verhalten schließe ich aus dem Verhalten – für das ich mich nicht entschieden habe. Ich nehme mich selbst dabei so wahr, wie es jemand anders tun würde: Wer so viel Suppe in sich reinschaufelt, der muss sie auch mögen. Wer sich täglich Käsebrote mit ins Büro nimmt, muss sie einfach gerne essen.
Selbst wenn wir verändert werden , haben wir doch den Eindruck, uns aktiv zu verändern. Und wenn man partout an der Idee der Persönlichkeit festhalten will, kann man sich sagen: Tiefin mir habe ich schon immer Käsebrote gemocht, und jetzt im schönen Amsterdam ist diese Leidenschaft aus mir herausgebrochen. Nach Bem ist das allerdings eher eine Schlussfolgerung und somit lediglich eine schöne Geschichte, an die ich glaube. Manchmal ist der freie Wille eine reine Illusion.
Nudeln, Brausegetränke – alle von Sinnen
Soziale Normen führen zu Voreinstellungen, also Vorlieben, die zu unserem Selbst gehören und schnell ein Eigenleben führen. Wie aber ist es mit unseren Sinneseindrücken oder den Gefühlen, die »mehr aus dem Bauch kommen«? Sind nicht wenigstens sie untrüglich? Sprechen wir doch wieder einmal über Nudeln. Wie ich in meinem letzten Buch bereits verraten habe, hege ich Vorurteile bezüglich deutscher und italienischer Nudeln. Italienische
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