Unser Kind soll etwas werden - Familie ist lebenswert
Erweiterung des Lebensraums. Ja, sie bildet einen eigenständigen Lebensraum und ist, wie die Ãrztin und Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger beschreibt, âim Gefolge gesellschaftlicher Veränderungsprozesse wie geringe Geschwisterzahl, Berufstätigkeit beider Elternteile oder Multikulturalität auch zur zentralen Drehscheibe für die Sozialisierung unserer Kinder gewordenâ. Schulen gleichen zum Teil aus, was in manchen Familien nicht mehr geleistet wird. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken zählt hier âVerpflegung, Betreuung, Freizeitangebote, Förderunterricht und Hausaufgabenhilfeâ auf.
In die Schule kommen Kinder, die ganz unterschiedliche Hintergründe mitbringen: Sie unterscheiden sich durch ihre Lebenswelt und ihre Erfahrungen, durch ihre Motivation und Belastbarkeit, durch ihre soziale Herkunft und â meist in Abhängigkeit davon â durch den Erziehungsstil, den sie erfahren haben, durch Kenntnisse schon der Muttersprache. Die Klassengemeinschaft muss diese so verschiedenen Individuen verbinden. Cliquenbildung und Ausgrenzung einzelner Mitschülerinnen oder -schüler bleiben dabei nicht aus.
Bildung ist nicht nur âeine Durchgangsstation zu etwas Besserem â¦, zu Wohlstand, Aufstiegsmobilität, Wettbewerbsfähigkeitâ (Jürgen Kaube, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung). Bei der schulischen Bildung ist nicht nur das Ergebnis wichtig â als zähle in erster Linie, dass die Schule eines Tages lebensâ und berufstaugliche Menschen entlässt â, sondern der ganze Prozess, der zu diesem Ziel hinführt: das gemeinsame, angeleitete Lernen im Unterricht. Denn der Sinn der Schule ist â wie Peter J. Brenner betont: âimmer noch âErziehung zur Mündigkeitâ durch Sprache und Kultur, Wissen und Können, Sozialisation und Kultivierungâ. Die Schule leitet dabei an zum guten Umgang mit Sprache, besonders dazu, Gespräche führen zu können, und schult die Unterscheidungs- und Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler â historisch und ästhetisch, politisch und sozial. Damit ist der Bildungsansatz der Schule breiter als nur das, was sich in Lernstandserhebungen abprüfen lässt.
Im Verlauf dieses Lernprozesses werden sich, wie jedes Kind einmal erfahren wird, Krisen in der eigenen Schullaufbahn ereignen. Das Kind muss lernen, sie wahrzunehmen, auszuhalten, durch angemessenes Verhalten darauf zu reagieren und aus der Krise wieder auf einen gelingenden Weg zurückzufinden.
Wenn aus Lernstoff Kompetenzen werden
Das Bildungsmodell für die Schule hat sich, angeregt durch den âblauen Briefâ der Pisa-Studie, verändert. Schülerinnen und Schüler sollen sich erlernbare Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen, um Probleme und Aufgabenstellungen lösen zu können. âJeder muss ein grundlegendes Gerüst von Kompetenzen erwerben, um in einer wissensbasierten Gesellschaft und Wirtschaft lernen, arbeiten und sich verwirklichen zu könnenâ, heiÃt es im Papier âAllgemeine und berufliche Bildung 2010â, das der Europäische Rat im Jahr 2004 als europäische Bildungsstrategie entwarf. Das alte âFaktenwissenâ wird also von einem âKompetenzmodellâ abgelöst. Der Bildungsprozess fordert und fördert, das jede Schülerin und jeder Schüler einen Mix aus verschiedenen Kompetenzen erwirbt.
Ein Gesamtbild von âKompetenzenâ wird in so genannten Bildungsstandards festgelegt, die â wie der Berliner Erziehungswissenschaftler Heinz-Elmar Tenorth sagt â âdie Qualität von Unterricht sichtbar und messbar machen und ein Minimum an Einheit in den Leistungen stiftenâ. Klassisch ist die Vierereinteilung in fachliche, persönliche, soziale und methodische Kompetenz.
âFachkompetenzâ meint in erster Linie âFaktenwissenâ. Kompetenzen in mehreren Fächern lassen aus âWissenâ erst âBildungâ werden. Der Philosoph Vittorio Hösle beschreibt diese Gesamtheit so: âBildung ist, wenn man weiÃ, wo das Wenige, was man weià oder zu wissen glaubt, ins Ganze des Wissens hingehört.â
Sozialkompetenz meint die Kooperationsfähigkeit und Wege zur Konfliktlösung. Dass heute vielfach Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Herkunftsländern und mit unterschiedlichen Muttersprachen in einem Klassenraum
Weitere Kostenlose Bücher