Unser Vertrag
entfernte er sich von mir.
Und in diesem Moment, dessen war ich mir sicher, hörte ich das Klicken eines Schlosses. Es ließ mich auffahren, und ich rief seinen Namen, voller Angst, dass er gehen würde. Bestimmt hatte ich etwas falsch gemacht. Doch dann legte sich seine Hand flach auf meinen Bauch, und Erleichterung durchflutete mich. Ich hatte mir das Klicken nur eingebildet. So musste es gewesen sein. Aber es lag eine subtile Veränderung in der Luft, rohe Lust und Bedrohung erfüllten den Raum, die sich nicht nach ihm anfühlten. Doch dieser Gedanke war nur zu schnell vergessen, als er sich wuchtig zwischen meinen Schenkeln niederließ, als seine starken Hände meine Arme über meinen Kopf hoben, sein Atem warm auf meinem Hals lag – sein Körper kräftig, perfekt.
Irgendwie wurde eine seidene Krawatte um meine Handgelenke gebunden, und meine Arme wurden an den Bettrahmen gefesselt. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass er dies nicht allein hätte tun können. Dass er sich über mir abstützte, außerstande, meine Arme festzubinden. Aber er manipulierte meinen Körper, meinen Geist, und ich war sein williges Opfer.
Er hob seinen Körper von meinem, und ich wimmerte, außerstande, nach ihm zu greifen. Wieder Schweigen und das Rascheln von Stoff. Weitere seltsame Geräusche. Lange Sekunden verrannen, und ich erinnere mich an die Kühle, die über meine Haut kroch. An das Grauen, das sich in meinem Magen zusammenballte.
Und dann der Augenblick, von dem ich weiß, dass ich mich noch im Sterben an ihn erinnern werde. Der Augenblick, als der Stahl einer Klinge meine Lippen berührte. Der Augenblick, in dem er versprach, dass in Schmerzen Vergnügen läge. Der Augenblick, in dem die Klinge über meine Haut glitt als Beweis, dass er Wort halten würde. Und ich wusste jetzt, dass ich mich geirrt hatte. Er war nicht bloß gefährlich. Und schon gar nicht wie Schokolade. Er war tödlich, eine Droge, und ich befürchtete …
Ein Klopfen an meiner Wohnungstür reißt mich aus den verführerischen Worten des Tagebuchs – so abrupt, dass ich das Buch um ein Haar in die Luft schleudere. Schuldbewusst schlage ich es zu und lege es zurück auf den schlichten Eichencouchtisch, auf dem meine Nachbarin und enge Freundin Ella Ferguson es am Abend zuvor hatte liegen lassen. Ich hatte nicht vorgehabt, es zu lesen. Es war einfach … da. Auf meinem Tisch. Geistesabwesend hatte ich es geöffnet und war so entsetzt über das, was ich las, dass ich nicht geglaubt habe, es könne wirklich von meiner süßen Freundin Ella stammen. Also habe ich weitergelesen. Ich konnte nicht aufhören und weiß nicht, warum. Es ergibt keinen Sinn. Ich heiße Sara McMillan, bin Highschool-Lehrerin und dringe weder in anderer Leute Privatsphäre ein, noch genieße ich diese Art von Lektüre. Ich sage mir das immer noch, als ich die Tür erreiche, aber das brennende Ziehen in meinem Bauch kann ich nicht ignorieren.
Bevor ich meinen Besucher begrüße, halte ich inne und lege die Hände an die Wangen. Sie müssen flammend rot sein, und ich hoffe, dass – wer auch immer vor meiner Tür steht – einfach wieder gehen wird. Dafür gelobe ich im Stillen, nicht weiter in dem Tagebuch zu lesen, auch wenn ich weiß, dass die Versuchung stark sein wird. Gütiger Gott, ich fühle mich so, wie Ella sich anscheinend gefühlt hat, als sie die Szene in dem Tagebuch durchlebte – als sei ich diejenige, die sich an einen erregenden Moment und dann einen nächsten klammert. Offensichtlich sollten achtundzwanzig Jahre alte Frauen nicht fünf Jahre lang auf Sex verzichten. Das Schlimmste an der Sache ist jedoch, dass ich in die Privatsphäre einer Person eingedrungen bin, die mir etwas bedeutet.
Es klopft abermals, und ich muss mir eingestehen, dass mein Besucher wohl nicht einfach weggehen wird. Ich rufe mich zur Ordnung und ziehe am Saum des schlichten hellblauen Kleids, das ich heute für den letzten Englischkurs der zehnten Klasse der Sommerschule angezogen habe. Ich hole Luft und öffne die Tür, und ein kühler Schwall der ganzjährig kühlen Nachtluft von San Francisco fährt durch die losen Strähnen meines langen brünetten Haars, die mir aus dem Knoten im Nacken gerutscht sind. Glücklicherweise kühlt die Brise auch meine fiebrig heiße Haut. Was ist los mit mir? Wie kann ein Tagebuch eine so heftige Wirkung auf mich haben?
Ohne auf eine Einladung zu warten, rauscht Ella an mir vorbei, in einem Schwall nach Vanille duftenden Parfums und mit roten,
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