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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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fort ist, und machen bei euch drinnen gründlich sauber. Wollen wir? Hilfst du mir dabei?“
    „Und ob ich dir helfe“, sagte Claudia, und dann nahmen sie mit Staubsauger und Besen und Lappen die Reinigung des Zimmers in Angriff.
    Claudia nahm alle Bücher aus dem Bord und saugte sie ab, eins nach dem andern. Zuhinterst auf dem Bord kam ein Buch zum Vorschein, das sie noch nie gesehen hatte. Ein kleines Buch in braunem Ledereinband, mit dem Wort „Dagbok“, also „Tagebuch“, in goldenen Lettern auf dem Deckel.
    Claudia lächelte ein wenig. Sie hatte keine Ahnung, daß Karin ein Tagebuch führte. Sie legte es beiseite und begann in den Ecken des Bords zu saugen.
    Da fiel ihr ein, was sie einmal, als sie noch klein war und Mutti damit überraschen wollte, daß sie überall staubsaugte, für einen großen Kohl gemacht hatte. Sie mußte lachen, und Tante Helga, die eben mit dem Scheuereimer zur Tür hereinkam, fragte, worüber sie lache. Claudia erzählte. Sie hatte den Schlauch in das verkehrte Ende des Staubsaugers gesteckt, so daß die Luft ausblies anstatt angesogen zu werden. Und sie war über alles hinweggefahren, was auf Muttis Schreibtisch an Briefpapier und andern Kleinigkeiten herumlag und hatte nicht begreifen können, wieso der Staub nur aufgewirbelt und nicht eingesogen wurde!
    Tante Helga lachte, und Claudia lachte, und der Staubsauger brummte, und so hörten sie beide nicht, daß die Tür ging. Sie merkten es erst, als sie Karins Stimme hinter sich vernahmen. Karin hatte heute einen Schlüssel mitbekommen, da es ungewiß war, wann sie nach Hause kommen würde.
    „Was zum Kuckuck tut ihr bei meinen Sachen?“ Claudia drehte sich um.
    „Nanu, Karin, bist du denn nicht in Sigtuna?“
    „Das hattet ihr euch wohl so gedacht, ja! Und deshalb kramt ihr in allen meinen Sachen. Worüber lacht ihr denn so?“ Karins Augen irrten im Zimmer umher. Sie erspähte den kleinen Lederband.
    „Was hast du mit meinem Tagebuch vor, Claudia? Lacht ihr etwa darüber? Mein Tagebuch geht dich nichts an, daß du es weißt! Und ihr könnt gefälligst meine Sachen in Ruhe lassen!“
    „Keine Menschenseele hat dein Tagebuch angerührt, Karin“, sagte Tante Helga ruhig. „Wir machen hier sauber, und wir haben anderes zu tun, als in deinen Sachen zu schnüffeln. Wir…“
    „Wir und wir – immer sagst du, ,wir’ von dir und Claudia – ihr tut euch bloß gegen mich zusammen – aber es ist ja gut, daß ich das weiß! Ich hatte meine Zahnbürste vergessen, darum bin ich noch mal nach Hause gekommen –, aber ich geh’ schon wieder, dann könnt ihr weiter die Köpfe zusammenstecken und lachen – lacht ruhig über mich. Ich bin keine Leuchte in der Schule und kein Tugendbolzen, ich bin nicht unentbehrlich wie Claudia – mich brauchst du nicht mehr, Mama!“
    Die Tür knallte hinter Karin zu. Da legte Tante Helga den Lappen aus der Hand und ging ihrer Tochter nach.
    Claudia blieb mitten im Zimmer stehen. Das Weinen saß ihr im Halse. Oh, wie war das ungerecht – wie niederträchtig von Karin – und was für ein Quatsch alles, was sie sagte –, sie mußte doch wissen, wie unsagbar lieb Tante Helga sie hatte. Tante Helga hatte doch in ihrem Herzen Platz für alle, und Karin konnte es doch wohl ertragen, daß Claudia auch ein Plätzchen dort innehatte – sie hatte Karin auch nicht eine Handbreit Platz weggenommen… „Mich brauchst du nicht mehr – “ In diesen Worten kam ihr irgend etwas so bekannt vor. Wann hatte sie die doch zuletzt gehört?
    Mit einem Male wurde Claudia glühend rot. Sie selbst war es ja gewesen, die sie ausgesprochen hatte! Es war in der Weihnachtsnacht gewesen, als sie erfuhr, daß Mutti und Onkel Peter heiraten wollten.
    „Du brauchst mich nicht mehr, Mutti“, hatte sie damals gesagt.
    Oh, wie sie sich schämte – wie sie sich schämte! Wie hatte sie nur so dumm und so blind sein können!
    Tante Helga kam wieder ins Zimmer zurück. Sie war ganz ruhig und gelassen.
    „Arme Karin“, sagte sie. „Es ist nicht schön, wenn man es sich selber so schwer macht.“
    „War sie noch böse; Tante Helga?“
    „Aber nein. Sie war überhaupt nicht böse, Claudia. Nur unglücklich. Aber ich denke doch, daß ich sie getröstet habe. Sie war jedenfalls wieder ganz ruhig und vergnügt, als sie jetzt ging. Ich glaube, es ist ihr klar, daß – daß – “
    Tante Helga stockte plötzlich. Das war noch nie vorgekommen. Da mußte Claudia lächeln.
    „Daß du sie lieber hast als mich“, lachte sie. „Und

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