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Unsichtbar

Unsichtbar

Titel: Unsichtbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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eher kommerzielle Erzeugnisse wie den Evergreen Review bis hin zu luxuriösen objets, finanziert von betuchten Hintermännern, die mit jeder Nummer ein paar tausend Dollar in den Sand setzten. Ich würde noch einmal mit Born reden müssen, erkannte ich, und statt meinen Plan auszuarbeiten, schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich mein Problem erklärte. Das Ergebnis war so kläglich - Wir müssen über Geld reden -, dass ich beschloss, noch etwas anderes in den Umschlag zu tun, nur damit er mich nicht für ganz so einfältig hielt, wie dieser Brief es nahelegen mochte. Nach unserem kurzen Gespräch über Bertran de Born am Samstagabend dachte ich, es könnte ihn amüsieren, eines der wüsteren Werke dieses Dichters aus dem zwölften Jahrhundert kennenzulernen. Zufällig besaß ich eine Anthologie der Troubadoure - eine Taschenbuchausgabe, und nur auf Englisch -, und zunächst hatte ich die Idee, einfach eines der Gedichte aus dem Buch abzutippen. Als ich mir die Übersetzung dann jedoch genauer ansah, fand ich sie plump und unbeholfen; sie wurde der eigentümlichen, abstoßenden Kraft des Gedichts einfach nicht gerecht, und obwohl ich kein Wort Provenzalisch konnte, nahm ich an, mit Hilfe einer französischen Übersetzung etwas Besseres zustandebringen zu können. Am nächsten Morgen fand ich in der Butler Library, was ich suchte: eine Gesamtausgabe von de Born, mit dem provenzalischen Originaltext auf der linken und einer wörtlichen Prosaübersetzung ins Französische auf der rechten Seite. Ich brauchte einige Stunden, bis ich mit der Arbeit fertig war (wenn ich nicht irre, habe ich deswegen eine Vorlesung versäumt), und das Folgende kam dabei heraus:

    Ich liebe das Frohlocken des Frühlings,
    Wenn Blätter und Blüten sich entfalten,
    Und ich jauchze über den Sang der Vögel,
    Der laut durch alle Wälder schallt;
    Ich schwelge im Anblick der Wiesen,
    Auf denen Zelte und Pavillons stehen;
    Und groß ist mein Glück, wenn auf den Feldern
    Es wimmelt von gewappneten Rittern
    Und ihren Pferden.

    Mich begeistert der Anblick der Kundschafter,
    Die Mann und Weib zur Flucht zwingen mit all ihrer Habe;
    Und Freude erfüllt mich, wenn sie gejagt werden
    Von einer dichten Schar bewaffneter Männer;
    Und mein Herz schlägt hoch,
    Wenn mächt'ge Burgen belagert werden
    Und ihre Wälle bröckeln und brechen,
    Wenn Kämpen in Masse über den Graben setzen
    Und unbezwingliche Schranken das Ziel
    Von allen Seiten einschließen.

    Ebenso erfreut's mich über die Maßen,
    Wenn ein Baron den Angriff führt,
    Hoch zu Ross, gewappnet und unerschrocken,
    Den Seinen Kraft verleiht
    Als Muster von Mut und Tapferkeit.
    Und wenn die Schlacht begonnen,
    Sollten sie alle gerüstet sein,
    Ihm kampfbereit zu folgen,
    Denn zum Mann wird ein Mann erst dann,
    Wenn er Schlag auf Schlag ausgeteilt
    Nicht minder denn empfangen.

    Im dichten Kampfgetümmel sehen wir
    Streitkolben, Schwerter, Schilde und Helme
    Splittern und zerspringen,
    Und Vasallen ohne Zahl nach allen Seiten schlagen
    Und die Pferde der Toten und Verletzten
    Ziellos über den Kampfplatz irren.
    Sobald die Schlacht beginnt,
    Soll ein Edelmann nur daran denken,
    Köpf und Arme zu zerschmettern, denn besser
    Tot sein, als am Leben und bezwungen.

    Ich sag euch, essen, trinken und schlafen
    Erfreun mich weniger als der Ruf «Attacke!»
    Auf beiden Seiten, und die Hilferufe allenthalben,
    Und der Anblick großer und nicht so großer Männer,
    Wenn sie gemeinsam sinken in Gras und Gräben,
    Der Anblick von Toten, aus deren Flanken
    Gebroch'ne, mit Bändern geschmückte Lanzen ragen.

    Barone, ihr könnt all eure
    Schlösser, Dörfer und Städte versetzen,
    Doch hört niemals auf, Krieg zu führen.

    Am Nachmittag schob ich den Umschlag mit Brief und Gedicht unter die Tür von Borns Büro in der School of International Affairs. Ich rechnete mit einer umgehenden Antwort, aber es vergingen mehrere Tage, ehe er sich bei mir meldete, und angesichts seines Säumens fragte ich mich, ob dieses Zeitschriftenprojekt tatsächlich bloß ein spontaner Einfall gewesen war, der sich längst verflüchtigt hatte - oder, noch schlimmer, ob er sich von dem Gedicht beleidigt fühlte, weil er meinte, ich setzte ihn mit Bertran de Born gleich und ziehe ihn indirekt der Kriegshetzerei. Wie sich herausstellte, waren meine Sorgen unbegründet. Als am Freitag das Telefon klingelte, bat er für sein Schweigen um Entschuldigung; er habe, erklärte er, am Mittwoch in Cambridge einen Vortrag halten müssen und sei

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